Glück auf einer Skala von 1 bis 10
„9,5“, antwortet Igor prompt auf die Frage, wie glücklich er auf einer Skala von 1 bis 10 sei!Das ist zwar beinahe die volle Punktzahl, aber eben nur fast, also „Presque“, wie die Franzosen sagen, und so lautet auch der französische Filmtitel! Ich versuche jetzt die 10 voll zu machen, und zwar mit den mich beglückenden Momenten rund um diesen Film mit dem deutschen Titel „Glück auf einer Skala von 1 bis 10“! Glück 1: Nur dank des großartigen Engagements des X Verleih können Kinobegeisterte mit Hör- und Sehbeeinträchtigung diesen berührenden Film mit Audiodeskription beziehungsweise erweiterten Untertiteln über die Greta App erleben!Eigentlich hätte für den Film aus Frankreich und der Schweiz mangels deutscher Beteiligung keine barrierefreie Fassung erstellt werden müssen. Glück 2: Es war mir eine Ehre, an der Hörfilmfassung mitarbeiten zu dürfen!Anfangs waren die Autorin Elke Cremer und ich etwas verunsichert: Würden wir für Igors Beschreibung die richtigen Worte finden?Aber die Unsicherheit verflog im Nu. Das lag an Alexandre Jolliens charmantem, unverkrampftem, geistreichem, mal witzigem, mal ernstem Spiel! Alexandre ist wie seine Filmfigur Igor mit zerebraler Kinderlähmung geboren.Nach der Redaktion durch Hannah Schwarz sprach Diana Gaul mit einer immer perfekt dosierten Emotion in der Stimme die Audiodeskription ein. Glück 3: Die ganz besondere Stimmung bei der Premierenvorstellung!Alle im vollbesetzten Saal konnten es kaum abwarten zu erfahren: Wie wird mit dem Thema Behinderung hier umgegangen? Alle im Publikum, ob mit oder ohne Behinderung, waren sich, so mein Eindruck, einig: Sehr gelungen und vor allem ohne Klischees!Und das i-Tüpfelchen war, daß Bernard Campan, einer der beiden Hauptdarsteller, nach der Vorstellung die vielen Fragen aus dem Publikum beantwortete und sich mit mir im Foyer fotografieren ließ, merci!Das zweite Tüpfelchen wäre gewesen, wenn auch Alexandre Jollien hätte dabei sein können! Doppelglück 4 und 5: Die Idee für den Film hatte Philippe Godeau. Aber daß der Film ist, wie er ist, liegt an Bernard Campan und Alexandre Jollien!Als Filmfiguren werden sie unzertrennliche Freunde. Igor ergreift die Initiative und Louis (Bernard Campan) kann sich dem sympathischen Hobbyphilosophen mit dem immer passenden Spruch auf den Lippen irgendwann einfach nicht mehr entziehen.Im wahren Leben war es umgekehrt. Bernard nahm vor vielen Jahren Kontakt zu Alexandre auf und seitdem sind sie sehr eng befreundet.Das Drehbuch schrieben sie gemeinsam und führten auch beide Regie, bravo! Glück 6: Igors zum Verwechseln ähnliche deutsche Stimme!Ein ausgebildeter Sprecher mit einem ähnlichen Krankheitsbild konnte trotz großer Bemühungen für die Synchronisation nicht gefunden werden.Wie sich Alexandres Behinderung auf seine Stimme und seine Art zu sprechen auswirkt, konnte ich mir während der Vorstellung kurz anhören. Seit neuem ist es nämlich möglich, sich über die Greta App für einige Filme die Dialoge in der Originalsprache über Kopfhörer ins Ohr flüstern zu lassen. Und ich war fasziniert, wie gut Jonas Lauenstein, abgesehen davon, daß er deutsch spricht, Alexandre zum Verwechseln ähnlich klang. Glück 7: Die wunderschöne und zu jeder Lebens- und auch Liebeslage passende Filmmusik von Niklas Paschburg! Glück 8: Und à propos Liebeslage, das Beschreiben der meisten Liebes- und Sexszenen ist ermüdend und langweilig, hier aber absolut nicht!Eigentlich hatte sich Louis eine Dame über einen Escort-Service in Montpellier auf sein Hotelzimmer bestellt, war dann aber doch nicht in Stimmung. Als sich Elsa (Marie Benati) von Igor im Zimmer nebenan nur verabschieden will, setzt sie sich zu ihm auf die Bettkante und …Ich war darüber, wie sich die beiden allmählich näherkommen, genauso berührt und überrascht, wie die beiden selbst! Glück 9: Der Hund wurde nicht vergessen!Wütend bellend bewacht der Hund sein gerade verstorbenes Frauchen und wird in ein Nebenzimmer gesperrt. Die alte Dame spielt übrigens bis zum Schluß eine wichtige Rolle. Und schon sind‘s neun und mit… Glück 10: …verabschiede ich mich in den Urlaub an die wunderschöne französische Mittelmeerküste, und zwar ganz in die Nähe, wo Igor und Louis ihren Trip beenden. Meine Route beginnt zwar nicht in Lausanne, aber an Montpellier führt auch mein Weg vorbei.Und ich reise auch nicht im Leichenwagen eines Bestattungsinstituts in Gesellschaft der toten Dame in einem Sarg und mit einer Urne.Aber in Gesellschaft von Igor und Louis, avec plaisir!
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