Blog Blindgaengerin

Autorenname: Barbara

Die Blindgängerin als Weihnachtsmann verkleidet vor einem großen Weihnachtsbaum, an dem rote und goldene Kugeln glitzern.

Eine schöne Bescherung

„Alle Jahre wieder…“ …hat die Hektik der Vorweihnachtszeit an Heiligabend ein Ende und es kehrt Ruhe ein! Die Geschenke sind verpackt, das Essen vorbereitet, und man versammelt sich um den hübsch geschmückten Weihnachtsbaum. Einem besinnlichen und harmonischen Weihnachtsfest im Kreis der Familie steht eigentlich nichts mehr im Wege. Die Kinder, bislang vom Weihnachtsstreß der Erwachsenen unbeeindruckt, werden allmählich ungeduldig und die Frage wird drängender, wann endlich… „…kommt das Christuskind“ Es darf aber auch der Weihnachtsmann sein! Oscar und Simon warten eher nicht auf den Mann mit dem weißen Rauschebart, aus diesem Alter sind sie mit ihren 27 Jahren auch längst raus. Vielmehr erwarten die beiden mit leicht gemischten Gefühlen ihre Familien, die sie zum Weihnachtsabend in ihr neues gemeinsames Zuhause eingeladen haben. Oscar und Simon sind seit drei Jahren ein glückliches Paar. Es ist also höchste Zeit, die Eltern miteinander bekannt zu machen. Kurz bevor die Bagage eintrifft, laufen die Vorbereitungen für das Festmahl immer noch auf Hochtouren. Auf den letzten Drücker wird leider erfolglos versucht, laktosefreie Sahne für den versprochenen Reispudding aufzutreiben. Dieser darf bei einem schwedischen Weihnachtsmenü genausowenig fehlen wie marinierter Hering mit Kartoffeln, Fleischklößchen und, nicht zu vergessen, der traditionelle Weihnachtsschinken. Das verfrühte Auftauchen Oscars fünfköpfiger Familie trägt schließlich auch nicht gerade zur Entspannung der Lage bei. „Eine schöne Bescherung“ ist also bereits ab dem 22. Dezember in den Kinos vorprogrammiert! Mit dieser Weihnachtskomödie bescherte die schwedische Regisseurin Helena Bergström ihren Landsleuten schon letztes Jahr zur Weihnachtszeit ein extrem wortwitziges, aber auch warmherziges Kinoerlebnis. Vor einigen Jahren stieg der in Schweden sehr beliebte Komiker Robert Gustafsson als Hundertjähriger aus einem Fenster und verschwand. Hier ist er als Oscars Vater nur am Herumnörgeln und Kritisieren und bleibt. Ihm mißfällt, daß sich sein Sohn gemeinsam mit Simon dieses Häuschen gekauft hat und läßt an dem Brutkasten, wie er es nennt, kein gutes Haar. Mißtrauisch beäugt er auch die anwesende hochschwangere junge Frau namens Cissi, zu der Oscar und Simon ein sehr vertrautes Verhältnis zu haben scheinen. Eine friedliche und harmonische Stimmung will sich bei dem Fest der Liebe nicht so recht einstellen, woran auch Simons Familie nicht ganz unbeteiligt ist. Die Nervosität der Gastgeber steigt mit jeder Filmminute und auch Cissi läßt ihrem Unmut über den Verlauf des Abends zunehmend freien Lauf. Hier ist der Filmtrailer: https://www.youtube.com/watch?v=4Lw3jXRDcGE Bei diesem turbulenten Weihnachtsfest kann auch Marie wie alle Kino-blindgänger nach Herzenslust mitfeiern und mitlachen. Eine Audiodeskription sowie Untertitel für Gehörlose, ermöglicht von der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH, werden über die Apps Greta und Starks verfügbar sein. Natürlich auf den letzten Drücker, wie für Weihnachtsgeschenke symptomatisch, aber doch rechtzeitig zum Kinostart am 22.12.2016! Bis, wie alle Jahre wieder, endlich Ruhe einkehrt, müssen zwar noch einige Türchen im Adventskalender geöffnet werden, ich wünsche aber trotzdem schon einmal „God Jul“! Frohe Weihnachten!

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Die Blindgängerin steht hinter einer brusthohen Kommode und stopft Zehn-, Zwanzig- und Fünfzig-Euroscheine in ein großes Sparschwein, auf dem das Logo der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH abgedruckt ist.

Kinoblindgänger gGmbH ist drin!

Das Schwein galt schon immer als Glücksbringer und Symbol der Fruchtbarkeit, Nützlichkeit und Genügsamkeit. Es vermehrt sich fleißig, ist ein dankbarer Resteverwerter und diente früher während der Winterzeit als Protein- und Fettspender. Dieses positive Image wird die Menschen einst dazu bewogen haben, Behältnissen zum Sammeln und Sparen von Münzen die Form eines Schweins zu geben. Das Sparschwein erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Deutschlands ältestes Exemplar soll aus dem 13. Jahrhundert stammen und ist im Weimarer Museum für Ur- und Frühgeschichte ausgestellt. Wegen des Fotos für diesen Blogbeitrag wurde auch ich glückliche Besitzerin eines Sparschweins und das hat jetzt ein schönes Stammplätzchen auf dem Küchentresen. Um den Umweg über diese Piggy Bank (Sparschwein auf Englisch) zu vermeiden, hat die Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH ab sofort bei betterplace auch ein digitales Plätzchen. Die Online-Spendenplattform betterplace.org hat die Rechtsform einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft, der gut.org. Sie ist Deutschlands größte Internet-Spendenplattform, wurde 2007 gegründet und hat ihren Sitz in Berlin. Soziale Projekte aus der ganzen Welt können dort kostenlos Geld- und Zeitspenden sammeln. Hier ist ein Link zu unserer Projektseite und unserem virtuellen Sparschwein bei betterplace: https://betterplace.org/p49608 Auf der Blogseite links ist auch ein einfacher Spendenbutton von betterplace zu finden. Nach „Welcome to Norway“ freut sich Marie schon auf weitere ausländische Arthousefilme, die sie gemeinsam mit ihren Freunden und Audiodeskription im Kino erleben kann. Quasi als Weihnachtsgeschenk gibt’s ja schon bald die schwedische Weihnachtskomödie „Eine schöne Bescherung“ ab dem 22. Dezember. Nächstes Jahr im Februar geht es weiter mit „Mein Leben als Zucchini“! Die barrierefreie Fassung für diesen Film hat die Kinoblindgänger gGmbH als Projekt bei betterplace eingestellt. Weil dort nur 250 Zeichen, das ist fast nichts, zum Vorstellen des Films vorgesehen sind, tue ich das hier noch einmal detaillierter: Kinostart dieses großartigen Animationsfilms für die ganze Familie aus der Schweiz/ Frankreich ist der 16. Februar 2017. Auf  dem weltweit wichtigsten und größten Festival für Animationsfilm in Frankreich gewann er im Sommer den Publikumspreis. Zur bezaubernden Musik der Schweizerin Sophie Hunger erleben wir die berührende Geschichte eines neunjährigen Jungen mit dem Spitznamen Zucchini. Nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter wird er in einem freundlichen Kinderheim untergebracht. Damit auch Kinoblindgänger – groß wie klein – verfolgen können, wie Zucchini sich in seinem neuen Zuhause einlebt, seine Trauer überwindet und neue Freunde findet, beschreibt eine Autorin möglichst viele optische Details. Auf unserer Seite bei betterplace habe ich den Bedarf für dieses Projekt mit 6.380,00 Euro angegeben. Ich will aber nicht einfach eine Summe in den Raum stellen. Für Interessierte folgt daher eine kurze Aufstellung, wie sich dieser Betrag zusammensetzt: Honorar der Hörfilmautorin:                                                           €       800,00 Redaktionelle Mitarbeit als blinde Hörfilmbeschreiberin:        €           0,00       (Mache ich selbst.) Sicherheitshalber überarbeitet eine dritte Person den Text:    €       240,00 Honorar der Sprecherin:                                                                   €       570,00 Aufnahme und technische Aufbereitung (Tonstudio):               €    2.380,00 Erstellung der Untertitel für Gehörlose:                                        €    1.200,00 Kosten der Bereitstellung bei den Apps Greta und Starks:        €    1.190,00 ____________ Summe:                                                                                                €   6.380,00 Dank der Apps können sich Kinoblindgänger (App Greta) und Gehörlose (App Starks) mit ihren Smartphones im Kino ihrer Wahl die Audiodeskription ins Ohr flüstern bzw. die Untertitel vors Auge bringen lassen. Das funktioniert auch später vor dem heimischen Fernseher, z. B. mit einer DVD, Blu-ray oder Video-on-Demand. Der Film „Mein Leben als Zucchini“ ist mit 66 Minuten recht kurz. Längere Filme verursachen (leider) auch entsprechend höhere Kosten. Aber es gibt ja nun das Sparschwein, hoffentlich wird es gut gefüttert! Wie schön es doch manchmal sein kann, ein Schwein zu sein!

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Vor einem Waldrand stapelt die rußverschmierte Blindgängerin Holzscheite zu einem Haufen.

Das kalte Herz

„Das Leben ist kein Wunschkonzert“ Mit dieser gerappten Erkenntnis beginnt der Refrain des Songs „Wünsch dir was“ der Hip-Hop-Band Genetikk aus dem Jahr 2015. Die Toten Hosen hatten schon vor 23 Jahren auf ihrer LP „Kauf mich!“ einen gleichlautenden Titel natürlich im Stil des Punk Rock veröffentlicht. Abgesehen von den Passagen, die von einem Kinderchor gesungen werden, haben die beiden Versionen von „Wünsch dir was“ nichts gemeinsam. Ob man nun Fan von Rap ist oder diesen eher als Nörgelgesang abtut, die Band Genetikk setzt sich in ihrem Werk intensiv und sozialkritisch mit den Risiken und Nebenwirkungen des Wünschens auseinander. Auch Wilhelm Hauff erzählt in „Das kalte Herz“ eine seitdem bereits mehrfach verfilmte Geschichte rund um das Wünschen und was dabei alles schieflaufen kann. Der Regisseur Johannes Naber wiederum erfüllte sich mit seinem vor kurzem in den Kinos gestarteten Film „Das kalte Herz“ seinen Wunsch, einmal ein Märchen zu drehen. Also, es war einmal ein junger Mann namens Peter Munk, der mit seinen Eltern im Schwarzwald in der Nähe des Dorfes Gutach lebte, nein, im Film lebt er! Dort gehen Vater und Sohn dem Handwerk der Köhlerei nach und produzieren Holzkohle, indem sie Holz in ihrem Kohlenmeiler verschwelen. Holzkohle, die heute nur noch in Grills geschüttet wird, brauchte man damals unter anderem für die Glasherstellung und die Verarbeitung von Edelmetallen. Aber als Wilhelm Hauff um 1825 sein Märchen schrieb, hatte der Verdrängungsprozeß der Holzkohle durch die Steinkohle schon längst begonnen. Die wirtschaftliche Lage der Köhlerfamilie Munk ist alles andere als rosig. Rußverschmiert versuchen sie in der Umgebung, mit ihrer schmutzigen Holzkohle goldene Kohle zu machen, und werden dabei von den Dorfbewohnern behindert, bedroht und boykottiert. Wie gering der Berufsstand der Köhler geschätzt wird, bekommt Peter auch im Wirtshaus zu spüren. Dort wird er verspottet und bei der Kirmes vom Tanzboden verjagt. Aber glücklicherweise ist die Märchenfigur Peter Munk ein Sonntagskind und hat deshalb beim Glasmännchen drei Wünsche frei. „Paß gut auf, was du dir wünschst“ Diesen Ratschlag der Rapper sollte man unbedingt beherzigen, wenn klar ist, daß sich das Gewünschte unwiderruflich erfüllt. Aber wen hätte der Kohlenmunk-Peter nach dem plötzlichen Tod seines Vaters zu den Risiken und Nebenwirkungen befragen sollen? In den Bergen unter einer riesigen Tanne trifft er schließlich das Glasmännchen, einen den Menschen wohlgesonnenen Waldgeist, und vergeigt’s prompt. Mit seiner herrlich knarzenden Stimme regt sich das Glasmännchen ganz fürchterlich über so wenig Verstand beim Wünschen auf. „Jedem Wunsch folgt eine Konsequenz“, rappt es weiter. Peters erster Wunsch, der beste Tänzer im Dorf zu sein, ist genauso unsinnig wie harmlos in seiner Konsequenz. Das Herz der anmutigen Lisbeth, das er mit seinen Tanzkünsten zu gewinnen erhofft, hatte er doch schon  erobert, ohne es zu ahnen. Der zweite Wunsch, im Wirtshaus immer exakt genauso viel Geld in den Taschen zu haben wie der reiche Holzhändler Etzel, ist genauso dumm wie ruinös. Wie gewonnen, so zerronnen! Also muß er sich noch einmal hilfesuchend in den finsteren Wald wagen. Die Römer mieden vor 2000 Jahren die riesige, dunkle und scheinbar undurchdringliche Waldfläche, die sie von den Höhen der Alpen aus erblickten. Es heißt, sie gaben ihr damals den Namen „silva nigra“, schwarzer Wald. Wunsch Nummer drei, Besitzer der größten Glasmacherei zu sein, hilft ihm auch nicht aus seiner Not, weil er die Kunst des Glasmachens nicht beherrscht. „Wir sind gierig und das ist, was uns vernichtet“, so die Hip-Hopper. Ganz in der Nähe des Glasmännchens treibt ein weiterer Waldgeist, der menschenverachtende riesige Holländer-Michel, in einer Felshöhle sein teuflisches Unwesen. Jeder, der dessen großzügige finanzielle Unterstützung annimmt, verläßt die Höhle als ein anderer Mensch und wird bis an sein Lebensende nie mehr sein Herz spüren. „Und die Moral von der Geschichte, all unsere Wünsche kosten Seelen“ Diese Zeile aus dem Song „Wünsch dir was“ beschreibt ganz treffend den Scherbenhaufen, den der Peter nach seinem Besuch beim Holländer-Michel mit seiner Herzlosigkeit und Skrupellosigkeit angerichtet hat. Aber Ende gut, alles gut, und er bekommt gerade noch rechtzeitig die Kurve. Die Drehbuchautoren hielten sich nicht gerade strikt an das ursprüngliche Märchen und die früheren Verfilmungen. Meine Erinnerungen an „Das kalte Herz“ aus der Schulzeit sind nur noch rudimentär. Deshalb konnte ich mich im Kino vom Geschehen auf der Leinwand und der mystischen Stimmung einfach mitreißen lassen, ohne auf ein bestimmtes Ereignis oder Detail zu lauern oder mich über etwas Unerwartetes zu wundern. Ich habe mich schön gegruselt, geschaudert oder mich einfach von den vielen tollen Stimmen und der Musik verzaubern lassen. Die vielen Menschen, die zu den tollen Stimmen gehören, kann ich unmöglich alle aufzählen, also lasse ich es ganz sein. Für die Audiodeskription hätte man keine passendere Stimme auswählen können. Die Sprecherin erzählte mit ihrer natürlichen und doch geheimnisvollen, eher tieferen und ruhigen Stimme von den Guten und den Bösen, deren Bekleidung und dem Treiben im Dorf. Auch die beeindruckende Kulisse des Schwarzwaldes, die Natur und die doch sehr gruseligen Szenen in der Höhle des Holländer-Michel wurden so ausführlich wie möglich beschrieben. Hier gibt es ein kurzes Hörbeispiel. Aber jetzt ist die Märchenstunde vorbei und ich halte es mit der letzten Zeile von „Wünsch dir was“ und „mach die Augen zu und wünsch mir was“.  

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Auf dem Bahnsteig eines Fernbahnhofes, im Hintergrund ein haltender ICE. Die Blindgängerin hat rote Kopfhörer auf. Sie trägt einen blauen Schal, Lederjacke und Jeans. In den Händen hält sie ein großes Schild. Es zeigt die norwegische Nationalflagge mit der Aufschrift: Welcome to Norway.

Welcome to Norway!

Vorsicht, ein Zug fährt ein! Der Zug ist schwarz und hält nach zwei kurzen Aufenthalten in Emden-Norderney und Leipzig pünktlich am 13. Oktober auf einen Schlag in ca. 100 Kinos. Erst mit dem Erwerb eines Tickets an der Kinokasse geht die Fahrt dann weiter, und zwar auf der Leinwand. Die Endstation heißt aber nicht Sehnsucht, sondern „Welcome to Norway!“ Und noch einmal Vorsicht, es wird auch geschossen! Mit dem Kinostart dieses besonderen Films fällt nämlich gleichzeitig der Startschuß der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH. Lange habe ich diesen Moment herbeigesehnt! Marie kann sich wie alle Kinoblindgänger ab sofort die akustische Bildbeschreibung zu „Welcome to Norway“ mit ihrem Smartphone und Kopfhörer über die App Greta und Starks in wirklich jedem Kinosaal ins Ohr flüstern lassen. Schon Anfang Juni weckte der Film bei seiner ersten Station in Deutschland beim Internationalen Filmfestival in Emden-Norderney meine Neugierde. Und dann ging es auch schon los! Die Autorin Inga Henkel schrieb für die Audiodeskription den Text, den wir dann gemeinsam überarbeitet haben. Das Ergebnis sprach die Sprecherin Nadja Schulz-Berlinghoff im Tonstudio der speaker-search GmbH mit ihrer schönen, ruhigen und klaren Stimme in die Dialogpausen ein. Die Regie während der Aufnahme führte Moira May und ich war natürlich auch dabei. Hier eine kurze Hörprobe: Das Fazit aller an diesem Prozeß Beteiligten über „Welcome . .“: Große Begeisterung! Zu meiner Begeisterung übernimmt der Verleih Neue Visionen die Hälfte der Produktionskosten für die Audiodeskription und Untertitel, letztere gibt es nämlich auch. Sehr spontan und unbürokratisch bekam die Kinoblindgänger gGmbH auch einen Zuschuß für die barrierefreie Ausstattung von „Welcome to Norway“ vom Deutschen Gewerkschaftsbund, ganz genau vom DGB-Bezirk Bremen – Niedersachsen – Sachsen-Anhalt. Diesen beiden unerwarteten Unterstützern und natürlich unseren Spendern und Spenderinnen gilt ein großes und herzliches Dankeschön! Und jetzt einige Details zum Film, einer Komödie trotz oder gerade wegen des ernsten und traurigen Hintergrunds! In dem sehr dünnbesiedelten und bergigen Teil Norwegens nahe der schwedischen Grenze hat der schwarze Zug schließlich sein Ziel erreicht und kommt in einem kleinen Bahnhof zum Stehen. Sofort strömen die Fahrgäste aus aller Herren Länder hinaus in die klirrende Kälte auf den Bahnsteig, den sie mit ihrem aufgeregten Stimmengewirr und viel Gepäck aus seinem Dornröschenschlaf wecken. Dort werden sie bereits von dem Hotelbesitzer Primus erwartet. Anfangs noch sehr entspannt und gut gelaunt, versucht er, die Ankömmlinge in den bereitgestellten Reisebus zu lotsen. Seine Laune trübt sich allerdings schlagartig, weil er drei Leute in seinem Privatwagen mitnehmen soll. Der Bus ist zu klein. Als Erster ergreift Abedi während der Fahrt das Wort. Der sympathische junge Mann kommt nicht nur im Film als Flüchtling aus dem Kongo. Er beherrscht als Einziger der großen Gruppe die norwegische Sprache und wird sich für Primus noch als unverzichtbare Hilfe erweisen. Zoran ist Anfang 40 und stammt aus Libyen. Übellaunig und skeptisch beobachtet er die Ankunft in der norwegischen Provinz und hat sich sofort auf Primus, den wie er meint, „Scheiß-Wickinger“, eingeschossen. Das riecht nach Ärger! Mona aus dem Libanon hält sich dagegen eher zurück, aber stille Wasser sind tief. Sie ist ungefähr im selben Alter wie die 18-jährige Oda, die Tochter von Primus, die ihren Vater bei der Abholaktion begleitet. Die drei in Primus Wagen, Abedi, Zoran und Mona, sind die zentralen Filmfiguren unter den insgesamt 50 Flüchtlingen, die sich nun in der Obhut des Hotelbesitzers befinden. Nach der Fahrt durch die einsame verschneite Landschaft dirigiert Primus die Menschen in sein Hotel und begrüßt sie mit den Worten: „Welcome to this beautiful refugee camp” Erst dann erkundigt er sich, wer überhaupt Englisch verstehen oder sprechen kann, es sind nur zwei. Mit der “schönen Flüchtlingsunterkunft” meint er sein heruntergekommenes Hotel, in dem gerade einmal die Hälfte der Zimmer auch nur provisorisch bewohnbar ist. Der norwegische Regisseur Rune Denstad Langlo hieß neben dem Darsteller des Abedi auch als Statisten durchweg ehemalige Flüchtlinge in seinem Film willkommen. Einige haben Sprechrollen und all diese Menschen gemeinsam machen aus dem Film etwas ganz Besonderes. Mit kleinen Gesten vermitteln sie die Einsamkeit fern der Heimat und die traurige Stimmung und Langeweile in einer Flüchtlingsunterkunft. Es wird aber auch gemeinsam angepackt, gekocht, gefeiert, Fußball geschaut oder Tischtennis gespielt und natürlich auch gestritten. Für sehr viel Situationskomik sorgen die Sozialarbeiterin Leni und vor allem Primus, der an wirklich allen Fronten zu kämpfen hat und herzerfrischend politisch unkorrekt durch sein Hotel tobt. Von der für jeden Moment passend ausgewählten wunderbaren und unverwechselbaren Filmmusik gibt es eine Hörprobe und mehr im Trailer unter dem Link: Also Marie, schnapp dir dein Smartphone und spring mit deinen Freunden in den Zug gen Norwegen! Und pack die Kopfhörer ein!

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Zu Gast in Leipzig bei der Filmkunstmesse

„Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da, die Nacht ist da, daß was geschieht!“ Weiter im Text des uralten Gassenhauers heißt es dann unter anderem: „Die Nacht, die man in einem Rausch verbracht, bedeutet Seligkeit und Glück“ oder „Rebellion, Rebellion in den Katakomben“ Als Erster sang der Schauspieler Gustaf Gründgens diese Zeilen in dem Film „Tanz auf dem Vulkan“. Der Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels war über die Handlung und die Filmmusik nicht unbedingt erfreut. Trotzdem lief dieser Film im Jahr 1938 erstaunlicherweise unzensiert in den Kinos des Deutschen Reichs. Ich habe nicht auf dem Vulkan getanzt, rebelliert oder mich über die Maßen alkoholisch berauscht. Aber zum Schlafen bin ich nicht nach Leipzig gekommen. Und so waren meine Leipziger Nächte sehr lang, spannend, lustig und hochinteressant. Ich bereue keine schlaflose Minute. Zum 16. Mal veranstaltete die Arbeitsgemeinschaft Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater e.V. in Leipzig die Filmkunstmesse. Leipzig kann nämlich nicht nur Bücher, sondern auch Filme! Vom 19. Bis 23. September fanden sich dieses Jahr über tausend Kinobetreiber, Verleiher und Fachleute der Arthouse-Branche in der Messestadt ein. An zwei Tagen mischte sich auch die Blindgängerin als Vertreterin der Ki-noblindgänger gemeinnützige GmbH gemeinsam mit Lena unters Kinovolk. Nur wer ein Badge um seinen Hals trug wie früher die Schlüsselkinder den Hausschlüssel, hatte freien Zutritt zu allen Kinovorstellungen, Veranstaltungen und natürlich zu den abendlichen Partys und Preisverleihungen. Lena und ich gehörten dazu und das war ein tolles Gefühl! Ermöglicht hat das die AG Kino – Gilde, die uns freundlicherweise unkompliziert und kostenlos auf die Teilnehmerliste setzte. Dafür bedanken wir uns noch einmal herzlichst! Wir hatten also die wunderbare Qual der Wahl: Bei insgesamt 74 Filmen konnten wir uns aus Zeitgründen leider nur einige aussuchen. Konzentriert haben wir uns dabei auf ausländische Filmproduktionen, die möglichst erst im nächsten Jahr offiziell in den Kinos starten. Die Messe war die ideale Gelegenheit, sich schon einmal nach einem neuen Projekt für die Kinoblindgänger gGmbH umzuschauen. Unter den acht Filmen, die wir geschafft haben, wurden wir auch fündig! Die meisten liefen als Original mit Untertitel. Die französischsprachigen Filme verstand ich ganz gut, den auf Englisch, na ja, und beim Spanischen mußte ich dann doch weitgehend passen. Bei zwei Vorstellungen gab es die Möglichkeit, die App CinemaConnect von der Firma Sennheiser einmal auszuprobieren. Diese Gelegenheit haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Sennheiser ist Partner und Sponsor der Filmkunstmesse und stattete extra für diese beiden Vorstellungen zwei Kinosäle mit seiner Technik aus, einem WLAN. Zuerst loggten wir uns mit unseren Smartphones im Kinosaal in dieses Netz ein. Damit hatten wir über die App Zugriff auf die französische Originalfassung des Films „Einfach das Ende der Welt“, die wir über unsere Kopfhörer hören konnten. Auf der Leinwand wurde währenddessen die deutsche Sprachversion abgespielt. Im Prinzip hat das zwar funktioniert, allerdings benötigt man dazu Kopfhörer, die einen zu 100 Prozent von den Außengeräuschen abkapseln. Die Meinigen, übrigens von Sennheiser, sind für solche Zwecke nicht gedacht. Ich hatte mit einem leichten Knistern die französische Fassung über Kopfhörer, und viel lauter die deutsche gleichzeitig in meinen Ohren. Das war eindeutig zu viel und so habe ich nach einigen Minuten das Experiment abgebrochen. Was die App CinemaConnect noch so alles kann und wie sie sich dabei von der App Greta und Starks unterscheidet, kann man sich in dem Hörspiel unter folgendem Link einmal anhören: Ein Hörspiel Der nächste Film lud nach Norwegen ein, natürlich auch als Originalfassung, und endlich war es soweit! Torsten Frehse von Neue Visionen Filmverleih (oben rechts im Bild) begrüßte das Fachpublikum zu „Welcome to Norway“, der am 13. Oktober startet. Dann war ich an der Reihe, die Kinoblindgänger gGmbH kurz vorzustellen, und konnte mit der ersten barrierefreien Fassung für diesen Film auch schon ein Ergebnis vorweisen. Die von Neue Visionen und Kinoblindgänger gemeinsam finanzierte Audiodeskription und Untertitel waren auch schon über die App Greta und Starks verfügbar. Lena und ich konnten uns also gleich einmal die Audiodeskription von der Greta ins Ohr flüstern lassen. Der Letzte soll der Nächste werden! „Mein Leben als Zucchini“ stand als letzter Film auf unserem Programm. Das gesamte Publikum schmolz bei dem Animationsfilm dahin und ließ sich von der Musik von Sophie Hunger verzaubern. Dieser Familienfilm aus der Schweiz wird Projekt Nummer drei der Kino-blindgänger und bekommt zum Kinostart am 16. Februar 2017 eine barrierefreie Fassung. Vorher wird aber noch Weihnachten mit „A Holy Mess“ am 22.12.2016 gefeiert. Für Lena und mich hieß es nach der zweiten noch längeren Nacht, leider Abschied von der Filmkunstmesse zu nehmen. Aber nächstes Jahr hängen wir mindestens eine dritte Nacht dran!

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Vor einer Gartenhecke stehen zwei kleine Bäume. In der Krone des vorderen sitzt die Blindgängerin im direkten Sonnenlicht und hält sich an den Ästen fest. Sie ist barfuß und trägt ein ärmelloses gelbes Top zu einem kurzen weißen Rock.

El Olivo

Die spinnen ja nicht, die Römer, und pflanzen einen Olivenbaum in Düsseldorf. Schon 55 Jahre vor Christus hätten sie dazu die Möglichkeit gehabt. Damals machten sich die Römer für einige Jahrhunderte auf dem Gebiet des heutigen Köln links des Rheins breit. Von dort wäre es zu dem vierzig Kilometer stromabwärts entfernten Düsseldorf auf der anderen Rheinseite ein Katzensprung gewesen. Aber als sich Düsseldorf aus mehreren kleinen Dörfern ganz allmählich zu der Stadt entwickelte, die sie heute ist, war die Zeit der Römer längst vorbei. Hinzu kommt, daß Olivenbäume genauso wie ich mediterranen Klimazonen den Vorzug geben, wie zum Beispiel der Region des Bajo Maestrazgo, des Grenzgebietes zwischen Valencia und Katalonien. Auch dort trieben sich einst die Römer herum und vielleicht stimmt es, was Ramón 2000 Jahre nach Christus seiner Enkelin Alma voller Stolz erklärt: „Den hier sollen die Römer gepflanzt haben, der Baum ist über zweitausend Jahre alt.“ Mit einem Stammumfang von über acht Metern ist er der Mächtigste in Ramóns Olivenhain und spielt die Hauptrolle in dem Film „El Olivo“. In seiner knorksigen Rinde kann man sogar zwei Augen und einen Mund ausmachen. Aber leider bringt er kein Wort über die Lippen, wo er doch bestimmt viel Interessantes zu erzählen hätte. Wie klein und zerbrechlich scheint dagegen das erst 12 Jahre junge Olivenbäumchen auf meinem Foto. Sein noch ganz glatter Stamm hat einen Umfang von gerade einmal 56 cm. Aber für mich war es stark genug und Oliven trägt es auch schon seit einigen Jahren. Den Großvater und seine achtjährige Enkelin Alma verbindet vor allem ihre Liebe zu dem uralten Olivenbaum, aber die glücklichen Stunden des Trios sind gezählt. Einen Schauspieler zu finden, dessen Gesicht und Hände von der jahrelangen harten Arbeit bei glühender Hitze in den Oliven gezeichnet sind, hat man erst gar nicht versucht. Ramón und auch die kleine Alma stammen aus derselben Region wie der Olivenbaum und sind beide keine professionellen Darsteller. Und so wie Ramón aussieht, klingt er auch, wie man entweder bei der spanischen Filmfassung oder zumindest im spanischen Trailer hören kann. Mit seiner sehr harten, rauen, energischen und leicht nasalen Stimme erteilt er der Absicht seines Sohnes Luis, den geliebten Olivenbaum für 30.000 Euro zu verkaufen, sehr schroff eine Absage. Trotzdem ist kurze Zeit später das Aufheulen und Dröhnen von Motorkettensägen und anderem schweren Gerät zu hören. Dem prächtigsten Olivenbaum in Ramóns Olivenhain geht es an den Kragen. Dieses Drama kann die kleine Alma auch nicht mit ihrer spontanen Baumbesetzung abwenden. Zurechtgestutzt, entwurzelt und für die lange Reise nach Düsseldorf vorbereitet wird aber nur ein extra für die Dreharbeiten aufwendig konstruiertes und zum Verwechseln ähnliches Double des Originals. Ramóns Freund, der Baum, ist zwar nicht tot, aber fort. Seit diesem Ereignis kommt kein Wort mehr über die Lippen des Großvaters. Damit ist der Geräuschpegel in der Familie aber kein bißchen gesunken. Wenn Spanier sich einfach nur unterhalten, hört sich das fast so an, als ob sie sich jederzeit an die Gurgel springen. Im Streit, und gestritten wird hier sehr viel, peitschen höllisch schnell gesprochene gewaltige Wortsalven durch die Luft. In der deutschen Fassung geht es mit den sehr treffend ausgewählten Synchronstimmen etwas gemäßigter zu. Als Nutzerin der App Greta hatte ich noch zusätzlich den Sprecher der Audiodeskription im Ohr. Mit seiner beruhigend tiefen Stimme läßt er sich auch bei der Beschreibung von Almas wildesten Tanzeinlagen nicht aus der Ruhe bringen. Er bleibt standhaft wie ein Baum. Die knapp sieben fetten Jahre des spanischen Baubooms sind längst vorbei und Almas Vater Luis hat die 30.000 Euro Erlös für den Olivenbaum im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt. Die nun folgenden mageren Jahre wollen kein Ende nehmen. Im achten Jahr faßt die inzwischen 23-jährige Alma einen Entschluß. Mit ihrem Onkel Alcachofa und Rafa, einem Arbeitskollegen, der still in sie verliebt ist, startet sie eine sehr abenteuerliche Rückholaktion, hola nach Düsseldorf! Koste es was es wolle, will sie ihrem Großvater den Baum und damit sein Leben und seine Sprache zurückgeben. Den Ausverkauf unzähliger sogenannter „Milenarios“, der uralten riesigen Olivenbäume, in alle Welt hat es besonders während des Baubooms in Spanien wirklich gegeben. Nach einer Reise in die Region des Bajo Maestrazgo und vielen Gesprächen mit den Menschen dort dachte sich der Drehbuchautor Paul Laverty die Geschichte um eines dieser traurigen Schicksale aus. Die Regisseurin Icíar Bollaín läßt diese Geschichte von charismatischen Darstellern mit viel Gefühl, spanischem Temperament und sehr großer Spielfreude erzählen. Sie gibt der Erzählung etwas Märchenhaftes und Hoffnungsvolles, ohne dabei den Blick auf die Realität zu verlieren, mit der vor allem die junge Generation des krisengeschüttelten Spanien heute noch zu kämpfen hat. Im Alten Testament bei der Geschichte von Noah und seiner Arche war ein Olivenzweig, damals im Schnabel einer Taube, schon einmal ein Hoffnungsschimmer für einen Neuanfang!

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Auf einer Wiese unter blauem Himmel steht eine etwa einen Meter hohe Wand aus grauen Platten, obenauf liegt eine graue Röhre. An der Wand ein Schild: Achtung, Sie verlassen jetzt West-Berlin. Hinter der Mauer ist die bayerische Flagge gehißt und ein künstlicher Schweinskopf schaut über den Rand. Vor der Mauer steht die Blindgängerin. Sie trägt ein blauweißkariertes Shirt und eine kurze Trachtenlederhose. Mit einer vollen Maß Bier prostet sie in Richtung Kamera.

Schweinskopf al dente

„Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten…“ …quäkte Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 bei einer Pressekonferenz in Ostberlin mit seiner kehligen und monoton emotionslosen Stimme. Von dieser Stunde an hing das Wörtchen „Mauer“ in der Luft und schon zwei Monate später zog sich die „Niemandsabsicht“ erschreckend real quer durch Berlin. 55 Jahre später, am 13. August 2016, war das Einzige, was während meiner knapp siebenstündigen Zugfahrt von München nach Berlin kontrolliert wurde, die Fahrkarte. Der Eberhofer Franz würde die Abschaffung der innerdeutschen Grenze vor 27 Jahren vielleicht mit einem „das ist schön“ oder „wunderboar“ kommentieren. Er ist die zentrale Filmfigur im „Schweinskopf al dente“ und sorgt als Dorfpolizist in dem bayerischen Fantasiedorf Niederkaltenkirchen für Ruhe und Ordnung. Als ob speziell für diesen Schweinskopf über Nacht zum Kinostart am 11. August 2016 eine Mauer nach Berliner Vorbild errichtet worden wäre, kann er aber die bayerische Landesgrenze nicht wie jedes andere Schwein einfach so passieren. Er darf sich nur in bayerischen Kinos aufhalten, immerhin 130 an der Zahl. Dazu hätte der Eberhofer, der nie mit seiner Meinung hinterm Berg hält, möglicherweise ein „Schweinerei“ oder „Sauerei“ gebrummelt. Dem „Winterkartoffelknödel“ und dem „Dampfnudelblues“, den beiden vegetarischen Vorgängern des Schweinskopfes, ging es diesbezüglich nicht besser. Einer der Gründe dafür könnte sein, daß in den drei urig bayerischen Kriminalkomödien natürlich die bayerische Mundart par excellence im Original und ohne hochdeutsche Untertitel gepflegt wird. Ausgedacht hat sich die mittlerweile sieben in sich abgeschlossenen Kriminalgeschichten rund um das 1000 Seelen zählende Niederkaltenkirchen die Münchnerin Rita Falk. Bis auf den Schweinskopf haben alle Titel mit typisch bayerischen Gerichten zu tun. Die Frau war wohl auch beim Schreiben entweder sehr oft hungrig oder wollte ihren Lesern einfach nur so den Mund wässrig machen. Beim Hören der ersten drei Romane hätte ich mich am liebsten zur obercoolen Oma vom Franz mit an den Tisch gesetzt. Da gab es Knödel, Schweinsbraten mit Soße, Haxen, lauwarmen Kartoffelsalat und Früchtequark und Apfelstrudel und so weiter. Einen Durscht muß die Autorin ebenso gehabt haben. Zum Feierabend trifft man sich in der Dorfkneipe vom Wölfi mit reichlich Bier zu vielen Prosits auf die Gemütlichkeit. Dem dorfansässigen Ein-Mann-Sanitärbetrieb hat sie gleich den Namen der in Rosenheim ansässigen Flötzinger Privatbrauerei verpaßt, die schon im Jahr 1543 gegründet wurde. Deshalb genehmigten auch wir uns zur Stärkung vor dem „Schweinskopf al dente“ auf der Leinwand ein allerdings anderes Teil vom Schwein ganz real auf dem Teller, dazu ein zünftiges Weißbier. Dann ging es zum Cadillac Veranda Kino am Münchner Rosenkavalierplatz. Im diesem Kino sitzt man nicht nur einfach in einem Kinosaal, sondern wie in einem überdimensionierten Cadillac. Kurz bevor die Vorstellung Fahrt aufnimmt, blickt man noch einmal prüfend in den gigantischen Rückspiegel. Dann erst wird dieser hochgefahren, um die Sicht auf die Leinwand freizugeben. Für mich war es dann an der Zeit, die über die App Greta auf meinem Smartphone mitgebrachte Audiodeskription zu starten. Neben unzähligen visuellen Schmankerln beschrieb der Sprecher mit seiner sehr angenehmen Stimme, aus der das Bayerische gerade noch so herauszuhören war, die teilweise schon recht skurrilen Bewohner Niederkaltenkirchens. Falls sie nicht zwischendurch versterben, tauchen sie in zumindest den ersten drei Krimis immer wieder auf und genau davon leben diese Geschichten. Es kommen aber auch immer wieder Fremdlinge dazu, wie z. B. Mörder, Leichen oder wie hier der Schweinskopf, der gezielt als angsteinflößendes Objekt herhalten muß und diese Aufgabe auch einwandfrei erfüllt. Bei allen drei bis jetzt in den Kinos gelaufenen Filmen hatte ich den Eindruck, als ob die von Rita Falk erdachten Figuren einfach so aus den Büchern auf die Leinwand gesprungen wären. Aber das Herüberbringen der Stimmung in der bayerischen Provinz, so wie man sie sich vorstellt, und die Handlung mit ihrer Situationskomik ist dem Schweinskopf mit Abstand am besten gelungen! Der Franz Eberhofer ist der Einzige, der es mit allen anderen Figuren zu tun bekommt, und zwar ob er will oder nicht. Er ist Sohn, Enkel, Bruder, Schwager und Onkel, locker verbandelt mit der Susi, Kunde beim Metzger Simmerl, dem „Heizungs-Pfuscher“ Flötzinger und Stammgast beim Wirt Wölfi. Der Rest ergibt sich aus seiner Funktion als Dorfpolizist. Das alles scheint der Schauspieler Sebastian Bezzel auch dank des sauguten Zusammenspiels mit all den anderen charismatischen Darstellern genauso leicht zu stemmen wie einen Maßkrug. Nach einer ganz kurzen Gewöhnungsphase konnte ich den bayerischen Wortgefechten problemlos folgen, das mit dem Maßkrug war da schon viel schwerer! Und wer weiß, vielleicht schafft der Schweinskopf ja noch mit letzter Kraft den Hopser über die Mauer und beglückt Kinobesucher auch über die bayerische Grenze hinaus. Schaun mer mal!

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Toni Erdmann

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muß sich der Berg eben zum Propheten bewegen. Der Prophet ist in diesem Fall eine Prophetin und heißt Ines Konradi. Die junge Frau, Mitte 30, lebt zurzeit in Bukarest, wo sie sehr erfolgreich als Unternehmensberaterin arbeitet. Der Berg, der sich vernachlässigt fühlt, ist ihr Vater Winfried Konradi, ein gerade pensionierter Musiklehrer mit viel Zeit. Also beschließt er, seine gestreßte Tochter zu ihrem Geburtstag mit einem Überraschungsbesuch zu beglücken. Der Papa hatte bei mir sofort einen „Stein im Brett“. Als er seinen altersschwachen Hund Willi partout nicht überreden kann, sich ins Haus zu bewegen, verbringt Winfried die Nacht gemeinsam mit dem Tier im Garten auf der Erde schlafend. Am nächsten Morgen liegt Willi tot unter einem Baum. Er hat sich und seinem Herrchen den schrecklichen letzten Weg zum Tierarzt erspart. Oft steht die Freude des Überraschers im umgekehrten Verhältnis zu der des Überraschten. So ist Ines, was die Reine, Heilige, Geweihte und Keusche bedeutet, nur wenig über das plötzliche Auftauchen ihres Vaters in Bukarest begeistert, wo er sich in ihr Privatleben und berufliches Umfeld einmischt. Zudem hat die Prophetin nach wie vor keine Zeit. Ihr Job besteht aber nicht darin, göttliche Botschaften zu verkünden. Sie versucht gerade, ihrem wichtigsten Kunden das von ihr ausschließlich unter irdischen Gewinnoptimierungsaspekten entwickelte Konzept als das Profitabelste zu verkaufen. Nach einigen Tagen scheint der Berg zu kapitulieren und den Rückzug anzutreten. Aber Winfried, der Friedensuchende, bleibt und schlüpft in die Identität des Toni Erdmann. Wahrscheinlich bin ich die Einzige, die mit Ion Tiriac, dessen Coach und Tennisfreund Toni Erdmann zu sein vorgibt, nichts anfangen konnte. Falls es noch jemandem so geht: Er ist inzwischen der reichste Mann Rumäniens und war einst ein sehr erfolgreicher Tennisspieler und Manager u.a. von Boris Becker. Mit der Figur Toni Erdmann kommt allmählich etwas Schwung in die festgefahrene Vater-/ Tochterbeziehung. Im vollbesetzten Kinosaal gab es Szenenapplaus für eine fast fünfminütige musikalische Einlage. Toni Erdmann am Keyboard und Ines, die er als die fabelhafte Sängerin Whitney Schnuck vorstellt, geben „The Greatest Love of All“ zum Besten. Nach einigen Takten beginnt Ines etwas unsicher zu singen, faßt dann immer mehr Vertrauen zu ihrer Stimme und wagt sich selbstvergessen und mit Inbrunst in die höchsten Tonlagen. Hinter Whitney Houston, die 1986 mit ihrer Coverversion dieses Songs einen Nummer-eins-Hit landete, braucht sie sich keinesfalls zu verstecken. Kaum ist der letzte Ton verklungen, erwacht sie wie aus einem Tagtraum und stürmt in ihr als reine Schlafstätte genutztes Appartement. Nachdem dort ein Cateringservice das Buffet für ihre Geburtstagsfeier aufgebaut und das Wohnzimmer mit etwas Deko wohnlicher gestaltet hat, ist es höchste Zeit, sich in das passende Party-Outfit zu stürzen. Das erweist sich als ein sehr verzwicktes und verwurschteltes Unterfangen und endet mit einem für ihre Gäste verblüffend minimalistischen Ergebnis. Minimalistisch war auch meine Hoffnung, die Hörfilmbeschreibung für Toni Erdmann in meinem Lieblingskino unkompliziert in mein Ohr geflüstert zu bekommen. Zwei Tage vorm Kinostart schien es noch gewiß, daß ich mir meine eigenen Bilder zum Film zurechtbasteln müßte. Im Nachhinein kann ich sagen, das wäre mächtig in die Hose gegangen. Ohne die Beschreibung der unzähligen visuellen Details, bei denen sich die Drehbuchautorin und Regisseurin Maren Ade natürlich etwas gedacht hat, hätte der Film in meinem Kopf mit dem auf der Leinwand wenig Ähnlichkeit gehabt. Problematisch wären auch die rumänischen nur mit Untertiteln versehenen Dialoge gewesen. Die sonst hilfreichen Geräusche hätten nicht einmal zum richtigen Rückschluß bei der einzigen und einzigartigen Sexszene geführt. Wie auch, wenn sich der weibliche Part mit ausreichendem Sicherheitsabstand und ohne einen Mucks von sich zu geben, die Sache mehr oder weniger genüßlich auf der Zunge zergehen läßt. Aber zu meiner sehr großen Freude hieß es dann doch noch: Daumen hoch für die App Greta und Starks! Dafür möchte ich mich hier herzlichst bei allen an diesem Entscheidungsprozeß Beteiligten bedanken! So konnte ich genauso oft lachen wie die anderen Zuschauer im Saal, wenn auch meist einen klitzekleinen Tick später. Schließlich mußte ich ja noch kurz der Audiodeskription lauschen. Ich hätte dem Berg (Peter Simonischek) und der Prophetin (Sandra Hüller) wie auch den anderen Filmfiguren noch viel länger zuschauen können, wie sie gemeinsam Maren Ades kritische Beobachtungen meist urkomisch, aber auch mit dem nötigen Ernst auf die Leinwand zauberten. Aber nach 162 Minuten hieß es dann doch: „Das Bild wird schwarz“!

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Vor der Morgenröte – Stefan Zweig in Amerika

Kannst Du Dir vorstellen, hier zu leben? Das fragten sich der Schauspieler und Entertainer Joachim Fuchsberger und seine Frau Gundula immer wieder bei ihren zahlreichen Reisen rund um den Erdball. In Australien bzw. Tasmanien waren sie sich schließlich einig. Seit dem Jahr 1983 hatten die Fuchsbergers neben München einen zweiten Wohnsitz in Hubart, der Hauptstadt Tasmaniens. Im selben Jahr wurde in Salzburg auf dem Kapuzinerberg eine Büste von Stefan Zweig aufgestellt. Genau dort wollte der am 28. November 1881 in Wien geborene Schriftsteller leben. Der Doktor der Philosophie Stefan Zweig pflegte einen großbürgerlichen Lebensstil. Schon vor den zwanziger Jahren unternahm er Reisen nach Indien, Amerika und 1928 in die Sowjetunion. Nie hatte er jedoch Ambitionen, irgendwo anders als in seiner Heimat Österreich zu leben. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges kaufte er das baufällige Paschinger Schlössl am Kapuzinerberg, das er ab 1920 mit seiner Ehefrau Friderike und deren beiden Töchtern bewohnte. Schon sehr früh nahm der jüdische Schriftsteller, Humanist und Pazifist die nationalsozialistische Bedrohung ernst. Sie befand sich quasi in Sichtweite seines Hauses, auf dem Obersalzberg, Hitlers Domizil. Als er dann auch noch denunziert wurde und eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen mußte, nahmen im Februar 1934 seine Salzburger Jahre ein jähes Ende. Zwei Tage nach diesem Vorfall machte er sich allein auf den Weg nach London. Er sollte seine Heimat, den Kapuzinerberg in Salzburg, nicht mehr wiedersehen. „Vor der Morgenröte“ des 23. Februar 1942 nahm sich der 60-jährige im Exil in Petropolis bei Rio de Janeiro das Leben. Die Regisseurin Maria Schrader läßt den österreichischen Schauspieler Josef Hader als Stefan Zweig an der dramatischen Entwicklung zunächst in dessen Heimat und später in ganz Europa vom sicheren Amerika aus verzweifeln. Daß er dabei so überzeugt, liegt an Haders Schauspielkunst. Mit wem er an welchen Orten unter welchen Umständen in Amerika zusammentrifft, stammt aus den feinfühlig und geschickt geführten Federn der Drehbuchautoren Maria Schrader und Jan Schomburg. Und wie das fern der Heimat nun einmal so ist, man spricht kaum deutsch! Das war für die rundum gelungene Arbeit der Hörfilmbeschreiber eine zusätzliche und große Herausforderung. Mit insgesamt zehn Sprechern und Sprecherinnen wurden ähnlich wie beim Synchrondolmetschen die vielen englischen, französischen, spanischen und portugiesischen Dialoge übersetzt, ohne die Originalstimmen dabei zu übertönen. Müßte ich mich für eine zweite Heimat entscheiden, wäre das Frankreich, wo ich mich auch gerade aufhalte. Aber nach einer Weile würde ich die deutsche Sprache, in der ich mich zu Hause fühle, doch sehr vermissen. Das wird Stefan Zweig im Exil nicht anders gegangen sein. Anläßlich des Schriftstellerkongresses in Südamerika im September 1936 gedenken die dort in Sicherheit gelangten Autoren ihrer zurückgebliebenen Kollegen. Es wird sehr heftig und kontrovers über die Formulierung einer gemeinsamen politischen Verurteilung Deutschlands diskutiert. Zweig fühlt sich als Außenseiter und seine Verzweiflung wird dort zum ersten Mal deutlich sichtbar. Alle Namen auf der Liste der im Jahr 1935 verbotenen Autoren, deren Bücher den Flammen zum Opfer gefallen waren, werden verlesen. Hoffentlich wiederholt sich solch ein frevelhaftes Spektakel in der Geschichte nie wieder. Die in den digitalen Medien üblichen Shitstorms finde ich schon schlimm genug. Etwas irritiert an Stefan Zweigs Biographie hat mich, daß er 1934 ohne seine Familie nach London floh. Während seines Aufenthaltes in England begann er ein Verhältnis mit seiner Sekretärin Lotte, die er 1939 heiratete. Seiner geschiedenen Frau gelang 1941 gerade noch rechtzeitig und unter großen Strapazen mit ihren Töchtern die Flucht nach New York, wo sich die geschiedenen Eheleute auch noch einmal trafen. Von den Filmfrauen hat mich seine erste, gespielt von Barbara Sukowa, sehr viel mehr überzeugt. Das ist jetzt sehr gewagt, aber vielleicht hätte sie Zweigs Suizid verhindern können? In dem auf Deutsch verfaßten Abschiedsbrief schrieb Zweig unter anderem, daß ihn die Zerstörung seiner „geistigen Heimat Europa“ entwurzelt hätte. Er hielt es nicht einmal bis zur Morgenröte des 23. Februar aus, geschweige denn, daß er bis zum Ende des Krieges im Exil hätte ausharren können. Seine Frau Lotte ist ihm in den Tod gefolgt. Der Berliner Schriftsteller und Journalist jüdischer Herkunft Ernst Feder (Matthias Brandt) traf im Sommer 1941 mit seiner Frau in Petropolis ein. Er verbrachte viel Zeit mit Zweig, z.B. beim Schachspiel, und sah ihn als Letzter lebend. Erst 1957 ging Feder zurück in seine Heimatstadt, wo er 1964 verstarb. Die Entscheidung der Fuchsbergers, sich in Tasmanien niederzulassen, war eine Luxusentscheidung. Aber auch sie kehrten nach einigen Monaten immer wieder in ihre Heimat nach München zurück.

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Lola

Die Lola zählt mittlerweile 17 Jahr, hat kein blondes Haar und auch keines in einer anderen Couleur. Auch wenn sie welches hätte, wäre für sie ein graues Haar kein Thema. Ebenso wenig braucht sie sich über das ein oder andere Fältchen oder ihre schlanke Linie Gedanken zu machen. So ist das, wenn man als 30 cm große und ca. 3,5 Kilo schwere heiß begehrte Trophäe des Deutschen Filmpreises Jahr für Jahr eine hervorragende Figur macht. Vor ihrer Zeit überreichte man den Preisträgern ein Filmband in Gold oder Silber. Dieses Motiv griff die in New York lebende Designerin Mechthild Schmidt auf. Zuerst entwickelte sie die Statuette der Lola, um sie dann zu umwickeln. Sie umhüllte deren zweifelsfrei weibliche Reize mit einem stilisierten güldenen Filmband. Damit ist eine Irreführung über das Geschlecht der Lola wie in dem gleichnamigen Song der Kinks aus den 70er Jahren ausgeschlossen. Der erste Einsatz der Lola beim Deutschen Filmpreis von 1999 war schon deshalb spektakulär, weil sie der jüngsten ihrer drei Namensgeberinnen gleich achtmal in die Hände fiel. Das war „Lola rennt“ mit Franka Potente. Die beiden anderen Lolas spielten Barbara Sukowa in Rainer Werner Fassbinders Film „Lola“ und Greta Garbo in „Der blaue Engel“. Beim ersten Deutschen Filmpreis 1951, schon sechs Jahre nach Kriegsende, hieß der eine große Gewinner „Das doppelte Lottchen“ nach dem Buch von Erich Kästner. Wenn die Nominierungen und Kategorien damals auch noch sehr übersichtlich waren, ging‘s von da an in jeder Hinsicht stets bergauf. Dieses Jahr wetteiferten beim Deutschen Filmpreis am 27. Mai im Palais am Funkturm 19 Filme in 19 Kategorien um die Lola. Neben dem Prestige locken zusätzlich nicht zu verachtende Preisgelder. Die Bundesregierung, vertreten durch ihre Beauftragte für Kultur und Medien, ließ sich die Lolas dieses Mal ca. 3 Millionen Euro kosten. In der Kategorie „Bester Spielfilm“ sind jedem der sechs Filme bereits mit seiner Nominierung 250.000 Euro sicher. Aber die Gelder sind zweckgebunden. Sie müssen in neue Filmprojekte investiert werden und kommen also irgendwann dem Kinobesucher zugute. Die Preisträger werden in einem sehr transparenten und demokratischen Verfahren von den 1.800 Mitgliedern der Deutschen Filmakademie e. V. gewählt. Und jetzt ein Satz mit zwei X! Die Filmakademie zeichnete dieses Jahr den Mitbegründer der X Filme Creative Pool und des X Verleihs mit dem von ihr gestifteten und undotierten Bernd Eichinger Preis aus. Damit ehrt sie Stefan Arndt für seinen langjährigen maßgeblichen Beitrag zur Kinokultur im Sinne des 2012 verstorbenen Namenpatrons des Preises. Der kleinste gemeinsame Nenner der diesjährigen 19 nominierten Filme inklusive der Kinder- und Dokumentarfilme ist, daß für jeden Film eine barrierefreie Filmfassung erstellt wurde. Jetzt noch ein Satz mit einem X: Bei immerhin neun dieser Filme und dem Publikumspreisträger „Fack ju Göhte 2“ bekommen die Zielgruppen mit der App Greta und Starks in wirklich jedem x-beliebigen Kino die Audiodeskription und Untertitel auch tatsächlich ins Ohr oder vors Auge. Das ist nur dank des außerordentlichen Engagements des jeweiligen Verleihs möglich. Dazu gehört zum Beispiel der X Verleih, der all seine deutschen Filme auf diese Weise für Blinde und Gehörlose im Kinosaal erlebbar macht. Trotzdem, liebe Filmverleiher: Neun von 19, da geht noch was! Allerdings hatte auch die Filmakademie den Punkt „barrierefreie Filmfassung“ und deren Zugänglichkeit bei ihrer Entscheidung wahrscheinlich eher nicht auf dem Schirm. Um diesem in der Filmbranche nicht selten vorherrschenden Phänomen entgegenzuwirken, plädiere ich für eine weitere Kategorie beim Deutschen Filmpreis, nämlich eine „BARRIEREFREIE LOLA“, eine Auszeichnung für die beste barrierefreie Filmfassung. Die Erstellung von Audiodeskriptionen und Untertiteln mit einem qualitativ hohen Niveau ist sehr arbeitsintensiv. Diese spezielle Kunstform sollte auch beim Deutschen Filmpreis entsprechend gewürdigt werden. Der DBSV (Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband) tut das als Vorreiter bezüglich der Audiodeskription im Rahmen des von ihm veranstalteten Deutschen Hörfilmpreises bereits seit 14 Jahren. Für die Untertitel für Gehörlose scheint es keine vergleichbare Veranstaltung zu geben. Immer, wenn es um die Auszeichnung von Filmen geht, sollte auch die barrierefreie Filmfassung als gleichberechtigter Partner mit einbezogen werden, um diese von ihrem Image als notwendiges Anhängsel zu befreien, ja genau!!! Nach der Vorstellung Mechthild Schmidts soll die Figur der Lola Inspiration und Muse, aber auch Dynamik und Wandel verkörpern. Nächstes Jahr feiert die Lola ihren 18. Geburtstag und wird damit volljährig. Dann darf und sollte sie auch mehr Verantwortung tragen. Ich lege das Schicksal einer barrierefreien Lola vertrauensvoll in ihre goldenen Hände!

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