Blog Blindgaengerin

Autorenname: Barbara

Ein gezeichnetes Bild: Kitty mit rotem welligen Haar steht in einem schlicht eingerichteten Zimmer. Sie liest in einem kleinen Buch mit rotem Einschlag. Hinter ihr ein leerer Schreibtisch mit Leselampe und ein Bett mit grüner Tagesdecke. An der Wand ein einfaches Holzregal und einige Schwarzweißfotos mit Porträts, darunter Clark Gable.

Wo ist Anne Frank

„Anne? Margot? Otto? Edith? Wo sind denn alle?“ ruft ein rothaariges Mädchen in einem schummrigen, menschenleeren Museumsraum beunruhigt in „Wo ist Anne Frank“, dem gezeichneten Animationsfilm von Ari Folman, seit dem 23. Februar im Kino! Diese Frage, auf die es seit Langem mit trauriger Gewißheit eine Antwort gibt, ließ Marie auf ihrem Filmstreifen aufhorchen und nach einer längeren Pause sofort aktiv werden. Marie, so nennt die Kinoblindgänger gGmbH ihre mit Spenden- und Sponsorengeldern produzierten barrierefreien Fassungen. Wer sich ein Bild von Marie machen möchte, kann das auf Kinoblindgängers Webseite tun. „Der aus einer ganz neuen Perspektive erzählte, so klug gemachte berührende Film über Anne Frank und ihre Familie muß unbedingt auch für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Seh- oder Hörbeeinträchtigung zugänglich sein“,waren sich Marie und „Anderes Sehen e.V.“ sofort einig.Ein herzliches Dankeschön für die großartige Unterstützung an den engagierten Verein, Deutschlands größter Initiative zur Förderung und autonomen Mobilität blinder Kinder! Das Kinoblindgänger-Team stürzte sich unverzüglich in die Arbeit und die Audiodeskription und erweiterten Untertitel waren rechtzeitig zum Kinostart bei der Greta App bereitgestellt.Den barrierefreien Trailer gab es bereits vorher in Blindgängerins YouTube-Kanal. Die Audiodeskription spricht wie auch die im Film Sascha Gluth. Aber wer ist eigentlich das rothaarige Mädchen?Während sich Familie Frank von Juni 1942 bis August 1944 in einem Amsterdamer Hinterhaus vor den Nazis versteckte, schrieb Anne ein Tagebuch in Briefform. Als Adressatin ihrer Briefe hatte sie sich eine beste Freundin namens Kitty ausgedacht.Heute ist der Ort des Verstecks ein weltweit bekanntes Museum und genau dort geschieht an einem stürmischen Morgen folgendes:In dem schummrigen Museumsraum zerspringt das Glas des Schaukastens, in dem Annes Original-Tagebuch aufgeschlagen liegt. In der ersten Zeile steht in Schreibschrift: „Liebe Kitty“, daneben steckt ein Füller in einem Halter. Dicke schwarze Tintentropfen fallen auf die Buchseiten.Wie von Zauberhand löst sich die Schrift vom Papier. Feine schwarze Linien schlängeln sich im Lichtkegel empor. Aus ihnen formt sich ein Arm mit Hand.Füße berühren den Steinboden. Aus den Linien wird ein schlankes Mädchen in einem altmodischen graugrünen Kleid mit weißem Kragen. Sie hat rotes gewelltes Haar, blaue Augen und Sommersprossen. Im Museumsraum verhallen Kittys Rufe nach Anne ungehört. Das ändert sich, als sie über eine schmale Treppe in ein Zwischengeschoss schleicht, durch eine halbhohe Luke steigt und über eine zweite Treppe in Annes kleines Zimmerchen gelangt. Dort auf dem Schreibtisch liegt nun das Tagebuch und Kitty beginnt darin zu blättern!Mehr verrate ich wieder einmal nicht. Susanne Linzer, Ralf Krämer und ich hatten jedenfalls beim Texten der Audiodeskription ganz schön zu tun, diesem quirligen Teenager-Mädchen auf den Fersen zu bleiben. Mal plaudert sie mit Anne in der Vergangenheit, mal flüchtet sie im Jetzt mit dem Original-Tagebuch über die vereisten Grachten und Amsterdamer Straßen vor der Polizei.Mal ist sie für ihr Gegenüber unsichtbar, mal löst sich ihr Körper in feinen, sich nach oben schlängelnden Linien auf, um sich kurz danach wieder zu stabilisieren.Kitty verfügt über einen genauso wachen Verstand wie Anne und bleibt nicht in der Vergangenheit stecken, ganz im Gegenteil. Ich kann nur allen empfehlen, sich ebenfalls im Kino an Kittys Fersen zu heften und es zu genießen, einen Film in dem wunderbaren Ort KINO zu erleben. Dieses Vergnügen war Anne, wie sie ihrem Tagebuch anvertraute, in den letzten Jahren ihres kurzen Lebens nicht mehr vergönnt.

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Die Autorin von Audiodeskriptionen Jutta Polić, die Blindgängerin und Andres Schüpdach von der Greta App stehen vor einer Wand im Lichtblick-Kino. Hinter ihnen das Filmplakat von „Mission Ulja Funk“. Die Blindgängerin hält einen großen Blumenstrauß im Arm.

Mission Ulja Funk

Vielen Dank, für die Blumen, Elisa vom Lichtblick-Kino, vielen Dank, Jutta und Andres, daß ihr mir nicht nur für das Foto zur Seite gestanden habt, und Ralf fürs Fotografieren! Aber jetzt zu dir, Ulja! Wer oder was steckt eigentlich hinter diesen mysteriösen Zeichen: VR-24-17-20 und C/2022 E3 (ZTF)? „Das ist doch total einfach“, kommt‘s aus der 12-jährigen wie aus der Pistole geschossen! „C/2022 E3 (ZTF) ist ein grüner Komet, der nach 50 Tausend Jahren wieder einmal an der Erde vorbeisaust und jetzt am 01. Februar am besten zu erkennen sein wird. Ich habe leider keine Zeit zu erklären, woher dieser Himmelskörper seine merkwürdig grüne Farbe hat. Nur soviel, den gibt’s wirklich! Ich muß mich jetzt nämlich sofort auf den Weg machen, zuerst nach Polen und dann weiter nach Belarus. Dort wird in wenigen Stunden der kleine Asteroid VR-24-17-20 aufschlagen, den ich vor kurzem entdeckt habe. Das darf ich auf keinen Fall verpassen. Und schon geht’s los, mitten in der Nacht, in einem ausrangierten Leichenwagen. Hinterm Steuer sitzt Henk aus meiner Klasse, der ist nur ein Jahr älter als ich. Als ob seine chaotischen Fahrkünste nicht schon schlimm genug wären, entdecken wir auf einer polnischen Autobahn auch noch meine Oma Olga auf der Ladefläche. Ihr habe ich hauptsächlich den ganzen Schlamassel zu verdanken, daß ich den kleinen Asteroiden nicht gemütlich von zu Hause aus verfolgen kann, sondern ihm hinterherreisen muß. Aber was erzähl ich lange, fahrt einfach bei uns mit und zwar im Kino in Mission Ulja Funk! Meine Familie, der Pastor und die halbe Gemeinde unseres Städtchens sind uns auch schon dicht auf den Fersen, Langeweile kommt also garantiert nicht auf! Was ich noch schnell loswerden muß, im wahren Leben heißt Henk übrigens Jonas Oeßel, meine Oma Olga Hildegard Schroedter und ich heiße Romy Lou Janinhoff. Jetzt halte ich aber die Klappe, nicht gerade eine Stärke von mir, und übergebe das Wort an die Blindgängerin. Die hat gerade im Lichtblick-Kino in Berlin-Prenzlauer Berg unsere wilde abenteuerliche Tour mit Audiodeskription über die Greta App verfolgt. Sie steht schon mit ihrer Kollegin Jutta, ebenfalls im Bereich Audiodeskription tätig, für eine kurze Frage-Antwort-Runde auf der kleinen Bühne vor der Leinwand. Hoffentlich verrät sie nicht, ob meine Mission geglückt ist, rechtzeitig zum Aufschlag des kleinen Asteroiden vor Ort zu sein?“ Keine Angst Ulja, nur soviel: Es war kaum zu überhören, daß sich alle im vollbesetzten Kinosaal köstlich amüsiert haben. Und zumindest meine Mission, daß darunter auch blinde Kinder sein würden, war zu meiner großen Freude geglückt! Etanel und Fanny waren mit ihren Familien zum ersten Mal im Kino. Das war für die beiden eine ganz neue Erfahrung, dank der Greta App gemeinsam mit allen anderen an der gleichen Stelle zu lachen oder zu bangen, wie es Ulja und ihren Mitstreitern und Verfolgern ergeht. Mit der App gab es keine Probleme und notfalls hätte Andres mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Jetzt ist es Zeit für ein Dankeschön an Ellen Schweizer vom Anderes Sehen e.V. und dem Sekretariat der Johann-August-Zeune-Schule für Blinde für die Kontaktvermittlung! Fanny beteiligte sich rege beim Publikumsgespräch. Sie wollte auch genau wissen, wie der Kinosaal aussieht und wieviel Plätze es gibt. Es sind wirklich nur 32. Jutta übernahm das Beschreiben und fragte, wie Fanny der Sprecher der Audiodeskription, Alexander Pensel, gefallen hätte: Sehr gut und kein bißchen schrill wie bei manchen Hörfilmen im Fernsehen, meinte Fanny! Dem schließe ich mich an und mein persönlicher Lieblingssatz war: „Der Pastor schaut ungläubig“, das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Möglich wurde dieser tolle Kinonachmittag und viele weitere, solange der Film läuft, dank des Engagements der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH. Die Audiodeskription und erweiterten Untertitel für „Mission Ulja Funk“ wurden im Rahmen von Kinoblindgängers Herbst- und Winteraktion 22/23 bei der Greta App bereitgestellt. Informationen zu der Aktion gibt es hier: https://www.kinoblindgaenger.com/2022/10/13/kinoblindgaengers-herbst-aktion-2022/ „Dieser wunderbare Film von Barbara Kronenberg, gefördert von der Initiative „Der besondere Kinderfilm“, könnte doch was für Kinoblindgängers Aktion sein“, meinte Ralf Krämer, ebenfalls ein Kollege und Kulturjournalist. Ein toller Tipp! Jetzt aber drücke ich Ulja die Daumen für ihre Mission und dem Farbfilm Verleih, daß ganz viele Kinder, ob mit oder ohne Greta App, und natürlich auch Erwachsene im Kino mitfiebern!

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Die Blindgängerin im roten Weihnachtsmannkostüm und mit weißem Bart steigt eine schmale Kellertreppe empor. In der linken Hand hält sie einen vollen braunen Sack, unter dem rechten Arm klemmen zwei Aktenordner.

Die Blindgängerin hat Euch was mitgebracht!

„Von draußen, vom Walde komm ich her;ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!“ spricht Knecht Ruprecht in Theodor Storms Nikolaus-Geschichte! Von drinnen, von ganz unten aus Blindgängerins Archiv, komm ich wieder einmal her.Ich muß euch sagen, es weihnachtet dort nur in dem Blogbeitrag „Eine schöne Bescherung“! Überall auf den Tannenspitzen sah Knecht Ruprecht goldene Lichtlein blitzen.Dieser wunderschöne Anblick ist Peter Munk in „Das kalte Herz“ auf seinem nächtlichen Weg zum Glasmännlein leider nicht vergönnt! Knecht Ruprecht:„Und droben aus dem Himmelstorsah mit großen Augen das Christkind hervor.“ Von oben konnte ich im Archiv allenfalls aus dem Universum von „Star Wars – Die letzten Jedi“ einen Blick von Luke Skywalker erhaschen. Jetzt noch einmal Knecht Ruprecht:„Und wie ich strolch‘ durch des finstern Tann,da rief‘s mich mit heller Stimme an:„Knecht Ruprecht“, rief es, „alter Gesell“,heb deine Beine und spute dich schnell!“ Endlich hat auch Peter Munk sein Ziel erreicht. Unter einer riesigen Tanne im finstern Schwarzwald trifft er das Glasmännlein und äußert seine drei Wünsche.Aber statt mit heller Stimme regt sich der dem Menschen wohlgesonnene kleine Waldgeist mit herrlich knarzender Stimme ganz fürchterlich auf. Über so wenig Verstand beim Wünschen! Ich stelle mich jetzt geschickter an als der Köhler Peter Munk und wünsche: Viel Spaß mit dem schon im Frühjahr angekündigten zweiten Schwung von Bildern in Blindgängerins Galerie mit den schönsten und originellsten Fotos zu den Blogbeiträgen. „Das kalte Herz“ macht den Auftakt. https://www.blindgaengerin.com/galerie/ Frohe Weihnachten und entspannte Feiertage! Und schließlich einen guten Rutsch in ein hoffentlich friedlicheres neues Jahr!

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Im roten Pulli sitzt die Blindgängerin mit Kopfhörern an ihrem Schreibtisch, auf dem Bildschirm ihres Laptops die Startseite des DOK Leipzig. Links und rechts stehen Lautsprecherboxen. Rechts neben der Tastatur liegt ein Smartphone, daneben steht eine Flasche Wermut mit einem Glas. Ein ausgepacktes Corona-Testset liegt auf dem Tisch.

Beim DOK 2022 in Leipzig

Als Aperitif oder dezent dosiert in Cocktails, Soßen und Desserts, ist Wermut mit seiner leicht bitteren Note eine feine Sache. Das kann man von dem sprichwörtlichen Wermutstropfen allerdings nicht behaupten, der auch noch so schöne Augenblicke zu trüben vermag. Eigentlich wollte ich der Einladung des DOK folgen und wieder einmal die inzwischen liebgewonnene, ganz besondere Festival-Atmosphäre in vollen Zügen genießen beim „Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm 2022“ Aber ein riesiger Wermutstropfen namens „Corona“ machte mir gnadenlos seinen Strich durch die Rechnung, das war bitter!Deshalb übergebe ich kurz das Wort an Felix Brückner von der befreundeten Initiative „Barrierefrei feiern“ und zitiere seinen Facebook-Post vom 21.10.2022:„Ihr Lieben, gestern war ich auf dem DOK Leipzig Festival, um mir einen Eindruck über die Barrierefreiheit zu verschaffen. Ich bin begeistert, die Programmauswahl ist sehr spannend und vielfältig und mit dem Rollstuhl ist man zwischen den beteiligten Kinos größtenteils problemlos unterwegs. Außerdem gibt es Filme mit Audiodeskription und erweiterten Untertiteln. Und für eine sensible Umgebung das Wichtigste, das Festival-Team ist sehr zuvorkommend und unterstützt, wo Bedarf ist. Klare Empfehlung für alle Kinofans aus dem Raum Leipzig.“ Wieder einmal blieb das Festival seinem großartigen Motto treu: „DOK Leipzig für alle“!Und das funktionierte glücklicherweise ganz wunderbar auch bei mir zu Hause! Über den DOK-Stream für Akkreditierte konnte ich auf das gesamte Programm mit 255 Filmen zugreifen. Die Qual der Filmauswahl blieb mir aber zum Glück erspart. Das Inklusions-Team des Festivals hatte ein kleines, aber feines Programm von zehn Filmtiteln aus den verschiedenen Wettbewerben geschnürt und für diese die Produktion einer barrierefreien Fassung beauftragt. Und auch bei Letzterem bewies das Team ein sehr glückliches Händchen.Trotz der knapp bemessenen Zeit arbeiteten an jeder Audiodeskription (AD) zwei sehende und eine blinde Person und fast alle Beteiligten sind Mitglieder des Hörfilm e.V., der Vereinigung deutschsprachiger Filmbeschreiberinnen und Filmbeschreiber. Das ist von Hause aus ein sehr gutes Zeichen. Die in lebendiger Sprache wohlformulierten Texte der ADs fügten sich ohne Wortwiederholungen und ohne verschachtelte Sätze geschmeidig in die Dialogpausen ein.Je nachdem, ob im Film mehr männliche oder weibliche Stimmen zu hören waren, wurde für die AD ein Sprecher beziehungsweise eine Sprecherin ausgesucht. Alle fanden den richtigen Rhythmus mit nicht zu viel und nicht zu wenig Emotion in der Stimme. Etwas mehr Gefühl darf und muß es sogar sein, wenn über fremdsprachige Dialoge gesprochen wird. Das war bei den sechs Filmen mit ausschließlich englischen, französischen oder polnischen Dialogen der Fall. Ich bekam das sogenannte Voice Over von einem tollen Aufgebot von Sprecherinnen und Sprechern in allen Altersgruppen in mein Ohr, die alle den richtigen Ton entsprechend der Gefühlslage der Protagonistinnen und Protagonisten trafen. Auf den Punkt gebracht: Nicht der kleinste Wermutstropfen trübte meinen Filmgenuß.Das war im letzten Jahr anders, ich zitiere aus meinem Bericht:„Nur einen Wermutstropfen gibt es.Bei meinen beiden vorherigen Besuchen des DOK (2017/ 2019) waren die Audiodeskriptionen durchweg gut bis sehr gut gemacht, bis auf jeweils einen Ausrutscher. Dieser Jahrgang (2021) kann da leider nicht so recht mithalten.“ Und im Jahrgang 2022 gab es nicht einmal einen Ausrutscher! Jetzt aber Filme ab auf meinem Rechner mit angeschlossenen Boxen!Die bei der Greta App verfügbaren ADs, die ich mir auf mein Handy heruntergeladen hatte, hörte ich wie gewohnt über Kopfhörer. Das hat alles prima geklappt. Interessant und horizonterweiternd waren alle zehn und bei„The Mechanics of Fluids“von Gala Hernández López taten sich für mich ganz neue Abgründe der menschlichen Seele auf.Ich beschränke mich nun auf fünf Filme und verweise auf folgenden Link, unter dem alle zehn mit einer kurzen Inhaltsbeschreibung aufgelistet sind:https://www.dok-leipzig.de/filme-mit-audiodeskriptionen In den ersten drei Filmen dreht sich alles um das Thema rund um die Familie.Die Regisseurin Faustine Cros hat in ihrem Dokumentarfilm„A Life Like Any Other“vor allem ihre Mutter Valérie im Blick. Gefilmt hat mein Vater auch. In den 60ern hin und wieder ohne Ton und mit etwas verwackelten Bildern, aber nur bei besonderen familiären Anlässen oder einmal meine Schwester und mich beim Skilaufen. Faustines Vater dagegen scheint jeden Augenblick mit der Familie, seiner Frau Valérie und den beiden Kindern mit der Kamera festhalten zu müssen, sehr professionell und natürlich mit Ton. Die ersten Videos stammen aus der Zeit vor der Geburt seiner Tochter. Die inzwischen 30-jährige Faustine sichtete das umfangreiche über ungefähr zwei Jahrzehnte zusammengekommene Filmmaterial für ihren sehr persönlichen Dokumentarfilm. Im Fokus hatte sie dabei vor allem ihre Mutter, wie sie sich über die Zeit veränderte und sich in ihre eigene düstere und unnahbare Welt zurückzog. Ich hatte den Eindruck, daß Faustines Vater diesen Prozeß hilflos und fast ein bißchen unbeteiligt durch seine Kameralinse beobachtete. Aber Faustine gelingt es, mit viel Fantasie und vielen Gesprächen ihre Mutter wenigstens ein bißchen aus ihrem Loch herauszuholen und ihren Vater aus der Reserve zu locken.Der zweifach ausgezeichnete Film, in dem ausschließlich französisch gesprochen wird, und an dem auch Faustines Bruder mitwirkte, ist ein wunderschönes Familienprojekt und mein Favorit!Und erwähnen muß ich unbedingt die Sprecherin, die mit ihrer jungen Stimme Faustine zum Verwechseln ähnlich klang, nur daß sie nicht Französisch, sondern Deutsch sprach! Mit der 38-jährigen Regisseurin Astrid Menzel geht es in„Blauer Himmel, weiße Wolken“auf eine zehntägige Kanufahrt über norddeutsche Gewässer. Das klingt jetzt nicht unbedingt spektakulär. Aber sie hat nicht nur zur Unterstützung ihren Bruder, sondern die 86-jährige Großmutter mit an Bord. Meine Großmutter hätte mir einen Vogel gezeigt! Astrids Oma ist körperlich zwar noch recht fit, aber der Kopf spielt nicht mehr so recht mit. Sie wird immer vergeßlicher und verliert häufiger die Orientierung. Deshalb lebt sie seit kurzem in einem Heim, das scheint Astrid mindestens genauso zu belasten wie die Großmutter. Mit der Kanufahrt möchte die Enkelin die Oma noch einmal an Orte aus der Vergangenheit bringen. Bewundernswert, wie Astrid mit Engelsgeduld jeden Tag aufs Neue auf die alte Dame einredet und ihr erklärt, was sie eigentlich vorhaben und wo sie gerade sind.Aber bei einer Übernachtung eskaliert die Sache, die Oma wird so bockig und bösartig, daß Astrid die Aktion abbricht.Ein trauriger Film, der sehr ehrlich das Thema aufgreift, wenn die Eltern oder Großeltern einem irgendwie abhanden kommen zu scheinen. Marek Kozakiewicz erzählt sehr berührend in seinem Film„Silent Love“wie sich

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Im Foyer des Metropolis Kinos Hamburg hängen Plakate des KLAPPE AUF! Kurzfilmfestivals. Davor stehen nebeneinander die fünf Mitglieder der Jury. Jedes Mitglied hält ein Schild Richtung Kamera. Auf den Schildern steht in verschiedenen Sprachen: Kino für alle!

In der Jury beim „KLAPPE AUF! Kurzfilmfestival“

Er hat es geschafft!Nach einigen Anläufen sang das Publikum im Saal des Hamburger Metropolis Kinos begeistert und fast bühnenreif dreistimmig den Kanon „Der Hahn ist tot“! Genauso heißt auch der kultige Kurzfilm von Zoltan Spirandelli aus dem Jahr 1988.Wie seit 34 Jahren animierte auch uns der Filmemacher geduldig immer wieder von der Leinwand aus zum Mitsingen. Als ob er’s ahnt, unterbricht er, wenn es aus dem Ruder läuft, und mahnt bei „kokokokokokokokodi, kokoda“, den Rhythmus zu halten. Zum Einteilen der Stimmen läuft er geräuschvoll auf der Leinwand von einer Seite zur anderen, vielleicht auch wegen der weit verbreiteten Rechts-Links-Schwäche. Ich saß in der Mitte und sang erst ganz leise, piano, dann lauter, mezzoforte, bis ich mich dann ein fortissimo traute.Der singende Kinosaal war nur einer der grandiosen Auftakte zum 5. KLAPPE AUF! Kurzfilmfestival in Hamburg vom 26. bis 28.08. 2022! Und dann ging’s los, mit der rasanten cineastischen Fahrt auf der „Achterbahn“, dem diesjährigen Motto. Ob Spiel-, Dokumentar- oder Experimentalfilm, in allen 34 gezeigten Kurzfilmen wurde auf verschiedenste Weise das Auf und Ab einer Achterbahnfahrt thematisiert. Für mich ging es nach einem kurzen Durchatmen an der frischen Luft zum Glück nur ganz unspektakulär mit dem Fahrstuhl vom Foyer im Erdgeschoß zwei Etagen tiefer. Dort händigte mir Wolfgang vom KLAPPE AUF!-Team an der Rampe zum Kinosaal einen Funkkopfhörer aus. Über diesen bekam ich die Audiodeskriptionen für alle Filme und das, was sich zwischendurch vor der Leinwand abspielte, live in mein Ohr geflüstert.Für Menschen mit Hörbeeinträchtigung gab es die Untertitel auf der Leinwand und eine Hörunterstützung über eine Induktionsschleife.Gebärdendolmetscherinnen übersetzten die Publikumsgespräche und eine Schriftdolmetscherin machte die Worte simultan auf der Leinwand lesbar.Genau SO klappt’s auch mit dem Anspruch KINO FÜR ALLE, den sich das inklusive Festival-Team ganz groß auf die Fahne geschrieben hat! Aber wer sind eigentlich die Leute da mit mir auf dem Foto?Wir sind‘s, die Jurorinnen und Juroren des diesjährigen Festivals, und wenn ich vorstellen darf, von links nach rechts:Dario Aguirre, Rosemarie Tobor-Schmidt, Axel Behrens, ich, Pheline Roggan. Und wie funktioniert eigentlich Juryarbeit, gibt es bestimmte Bewertungskriterien, fragte ich mich?Katrin Mersmann vom Festival beruhigte mich mit den Worten „Das wird schon“.Sie war während der drei Tage für uns fünf zuständig. Bei unseren Besprechungen machte sie Notizen, gab Tipps aus ihren Erfahrungen mit früheren Jurys, hatte immer die Zeit im Blick und sorgte ganz rührend für unser leibliches Wohl! Nach dem ersten von fünf Blöcken mit sieben Filmen hatte ich, wie die anderen, drei Favoriten. Schweren Herzens verwarf ich nach den nächsten beiden Blöcken zwei, dafür kamen vier neue dazu und so weiter. Dank der gut bis sehr gut gemachten Audiodeskriptionen konnte ich bei unseren Besprechungen auf Augenhöhe mitreden. Nur bei zwei Filmen mußte ich passen, das lag aber an der extrem chaotischen Filmvorlage. Wie unterschiedlich doch der Blick auf einen Film aus so verschiedenen Perspektiven sein kann: Der von Pheline als Schauspielerin, der des Filmemachers Dario, der von Axel vom Kurzfilmverleih Hamburg, der von Rosemarie als Mitglied des Deutschen Gehörlosentheaters und meiner.Das war für uns alle spannend, höchst interessant und nicht nur einmal änderte ich meine Meinung. Dann kam die heiße Entscheidungsphase. Wir durften drei Jury-Preise vergeben und hatten immer noch zu viele Filme auf der Liste. Nur einmal sprachen wir im Eifer des Gefechts durcheinander, längst nicht so schlimm wie in gewissen abendlichen Talkshows, aber die Gebärdendolmetscherin protestierte: Sie könne so unmöglich für Rosemarie übersetzen.Das brachte Ruhe in die Runde. Wir verwarfen aktuelle Favoriten und holten ehemalige wieder hervor, ein sich wiederholendes, aber hilfreiches Auf und Ab wie bei einer Achterbahnfahrt!Aber auch die nahm ein Ende, wir hatten wieder festen Boden unter den Füßen und waren uns einig. Jetzt mußten noch die Begründungen unserer Entscheidungen formuliert werden. Dann ging es zum letzten Akt des Festivals, zur Preisverleihung auf die Bühne vor der Leinwand! Rosemarie machte den Anfang mit unserer Begründung für den dritten Preis. Mir gefallen unsere Texte so gut, daß ich daraus zitiere: „Der Film überzeugt durch seine Zugänglichkeit für ein visuell orientiertes Publikum, ohne dafür an anderer Stelle zu sparen. Ein rundum stimmiger, abwechslungsreicher Film, der auch ohne lautsprachliche Dialoge erfolgreich eine berührende Geschichte mithilfe von liebevoll animierten Charakteren erzählt. Die Jury verleiht den geteilten 3. Preis an „Meister des Lichts“ von Stefan Vogt!“ Nachtrag von mir: Die Meister sind übrigens Zimmerpflanzen. Geteilter Preis, doppelte Freud, Dario übernahm das Mikrophon.„Mit minimalen filmischen Mitteln, solider Dramaturgie und Humor entwirft der Filmemacher ein ungewöhnliches Porträt der deutschen Gesellschaft, die sich wie der Ventilator in seinem Zimmer um sich und ihre Themen dreht. Das sind Beruf, Bürokratie, Einsamkeit, Erschöpfung bis hin zu einer möglichen Liebe. Der zweite dritte Preis geht an „Der Telefonvoyeur 2.0″ von Werner Biedermann.“ Dann hatte ich das Mikro in der Hand und erklärte die Entscheidung der Jury, erstmals zwei dritte Preise zu vergeben:Wir wollten zwei Filme auszeichnen, die sich einerseits dem gehörlosen und andererseits dem blinden Publikum auf ganz besondere Weise erschließen und dabei höchsten Filmgenuß bieten.Das gelingt diesen beiden Filmen ganz vortrefflich! Und ich übergab an Axel.„Eine Stimme aus dem Radio berichtet über einen fernen Planeten, die Kamera zeigt uns verschwommene Bilder von Straßen im nächtlichen Berlin. Es ist sehr kalt und für Obdachlose gibt es kaum eine Chance, auf der Straße zu überleben. Begeistert hat die Jury die sensible Herangehensweise an das Thema und wie das Filmteam auf Augenhöhe den Protagonisten begegnet und sie begleitet. Der 2. Preis geht an den Dokumentarfilm „Nacht über Kepler 452b“ von Ben Voit.“ Und trara, den ersten Preis des fünften KLAPPE AUF! Kurzfilmfestivals verkündete Pheline. Der Preis ging an den Animationsfilm „Wochenbett“ von Henriette Rietz. „Der Film hat uns durch seine schonungslos ehrliche, sehr humorvolle und berührende Darstellung des Mutterwerdens überzeugt, das trotz seiner Alltäglichkeit oft seltsam verklärt und mystifiziert wird. Auch Menschen ohne Kinder wird ein Zugang und Eindruck zu dieser sehr privaten Situation vermittelt. „Wochenbett“ ist ein rundherum gelungener Film, der die Sprache findet, die wir brauchen, um wirkliches Verständnis füreinander zu erzeugen.“ Noch einmal einen herzlichen Glückwunsch an die Gewinnerin und die Gewinner! Haben Kanons eigentlich ein Ende?Wie auch immer, das fünfte KLAPPE

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Die Blindgängerin mit ihrem Begleiter Andreas. Sie sitzen im Publikum zwischen vollbesetzten Stuhlreihen im Saal des Palais am Funkturm in Berlin.

Lola 2022

Völlig verschwitzt, aber nicht wegen der hochsommerlichen Temperaturen,die waren ja draußen, und wir drin! Im angenehm temperierten Foyer des Palais am Funkturm in Berlin schlenderten wir mit kühlem Getränk und Häppchen durch das bunte Treiben und haben schlicht vergessen, jemanden um ein Foto von uns beiden zu bitten. Also muß das Selfie ran!Andreas, mein Begleiter bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises 2022 am 24. Juni gab sein bestes, mir die vielen ausgefallenen, fetzigen Outfits zu beschreiben, und wußte ganz oft, wer darin steckte.Die Freude der rund 2.000 geladenen Gäste, nach zwei Jahren endlich wieder ohne Beschränkungen den deutschen Film feiern zu können, war förmlich mit Händen zu greifen und nicht zu überhören. Als schließlich alle ihre Plätze eingenommen hatten, kam Katrin Bauerfeind auf die Bühne und brachte es so auf den Punkt: Lola statt Corona! Forsch, mit Witz und Herz, mal singend und mit einem leider nur ganz kurzen Saxophon-Solo führte sie durch den Abend und drückte gleich auf die Tube. Wer bei seiner Danksagung überzieht, würde ausgebremst!Den Job des Ausbremsers übernahm wie im letzten Jahr der musikalische Leiter Karim Sebastian Elias mit hervorragenden Musikerinnen und Musikern, dieses Mal mit„Gute Nacht Freunde, es wird Zeit für mich zu gehen“von Reinhard Mey, erst dezent, dann immer deutlicher. Ich sage erst einmal Guten Abend und bleibe noch ein bißchen!Kaum auf der Bühne, packte die erste Laudatorin Meltem Kaptan gleich wieder ein, und zwar in ihren Lebenskoffer unter anderem einen ganz speziellen Blick und gummiartige Transformationskünste. Für letztere ging die Lola in der Kategorie „Beste männliche Nebenrolle“ an ihren Spielkollegen Alexander Scheer in „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“. Für mein subjektives, laienhaftes Empfinden hätte seine starke Präsenz im Film auch eine Nominierung als Hauptdarsteller gerechtfertigt. Wie auch immer, meinen herzlichen Glückwunsch, auch gleich an alle weiteren Preisträgerinnen und Preisträger! „Aber nicht abbeißen, Miss Moneypenny“,meinte er kauend zur neuen Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und drückte Claudia Roth auf dem Weg zur Bühne sein Lachsbrötchen in die Hand. Auf so eine Idee kann nur Christoph Maria Herbst kommen. Dann überraschte er mit der Erkenntnis: In der Kategorie „Beste weibliche Hauptrolle“ seien nur Frauen nominiert. Und was für welche, sag ich! Jetzt hielt Meltem Kaptan für die Rolle als Rabiye strahlend eine eigene Lola in den Händen. „Dis is alles so traurig, was so lustig sein könnte“,sagt Jella Haase niedergeschlagen zu ihrem Spielpartner Albrecht Schuch in „Lieber Thomas“. Genau so könnte sich dieser Satz aus dem Munde der Katharina Thalbach im Jahr 1968 angehört haben, einfach phänomenal!Das fanden wohl auch die Mitglieder der Filmakademie und Jella Haase wurde mit dem Deutschen Filmpreis als beste Nebendarstellerin geehrt.Zuvor hatte Ulrich Tukur als Laudator Anja Schneider, Sandra Hüller und ihr je ein bezauberndes Ständchen gewidmet und sich dabei auf dem Akkordeon begleitet.Dafür gibt’s von mir die Lola in der Kategorie „Beste Laudatio“! Den traurigen Moment, wenn es heißt, Abschied zu nehmen von den im vergangenen Jahr verstorbenen Akademiemitgliedern, begleitete dieses Mal sehr berührend ein Mädchenchor mit Lou Reeds „Perfekt Day“. Die Portraits der Verstorbenen erschienen auf der Videoleinwand und Andreas flüsterte mir die erschreckend vielen Namen ins Ohr. Agieren Sie als „Soldaten der Wahrheit“,appellierte Wladimir Klitschko, zugeschaltet per Video, an alle Dokumentarfilmerinnen und-filmer. Sandra Maischberger moderierte souverän wie man sie kennt die Kategorie „Bester Dokumentarfilm“. Ausgezeichnet wurde das Team von „The Other Side of the River“. Ganz knapp an einer Lola für die beste Laudatio schrappten Anneke Kim Sarnau und Bjarne Mädel vorbei. Amüsant nahmen sie die an der Aktion #allesdichtmachen Beteiligten aufs Korn. Sie hauten sich Sprüche um die Ohren mit dem Hinweis, daß es zum Glück das so wichtige Gewerk „Schnitt“ gäbe. Dem kann ich nur zustimmen. Bei der Arbeit an Hörfilmfassungen irritierte schon mal der ein oder andere nicht zur Szene passende Blick, nicht nachvollziehbare Wechsel der Kleidung oder ein blutdurchtränkter Verband war schlagartig blütenweiß. Die Lola für den besten Schnitt erhielt die völlig überraschte Gisela Zick für ihre Arbeit in „Lieber Thomas“! Musik, zwei, drei, vier!Katrin Bauerfeind gab ihr sehr schönes Solo auf dem Saxophon, plauderte mit Karim S. Elias, und Annette Focks bekam die Lola für die beste Filmmusik in „Wunderschön“ überreicht.Andreas und ich, wir spielen beide akustische Gitarre, hatten die wunderschönen, melancholischen Gitarrenklänge von Rabiye Kurnaz favorisiert, die Gänsehaut machten.Dann übernahmen Sandra Hüller, Eva Löbau und Laura Tonke das Mikrophon. Erst zierten sie sich, um dann voller Inbrunst „The Greatest Love of All“ zu schmettern, wie schon Sandra Hüller solo und grandios in „Toni Erdmann“.Mit diesem Ständchen und dem Bernd Eichinger Preis wurde das Team von Komplizen Film für seinen maßgeblichen Beitrag zur Kinokultur geehrt. Kann es nicht einen Mittelweg geben zwischen dem heute manchmal kaum verständlichem Genuschel und der übertrieben deutlichen Sprechweise in den Filmen der 50er und 60er Jahre?Maren Kroymann bevorzugt Genuschel, ich deutliches Sprechen. Sie hielt die Laudatio für die Kategorie „Beste Tongestaltung“ und ausgezeichnet wurde zu meiner Freude das Team von „Niemand ist bei den Kälbern“! Über Geräusche in diesem Film schrieb ich in einen Blogbeitrag:„Aber wo Kühe sind, gibt’s auch Fliegen. Deren Summen war im Kinosaal so präsent, daß es auf der Haut zu kribbeln schien.“ Und diesen Plagegeistern kann weder Genuschel noch übertrieben deutliches Sprechen angelastet werden! Ich mache hier ausschließlich aus Zeitgründen einen Schnitt und überspringe so wichtige Gewerke wie Kostüm, Maske, Szenenbild, Regie, Drehbuch und Kamera und komme zu den höchst dotierten Preisen „Bester Spielfilm“!Die Lola in Bronze ging an das Team von „Große Freiheit“ und die in Silber an das von „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“.Und ein Trommelwirbel für das Team von „Lieber Thomas“ für insgesamt neun Auszeichnungen und die Lola in Gold! Ziemlich durstig, wegen der „trockenen Luft“ im Saal, aber die war ja drin und wir nach der Show draußen!Auf der riesigen Terrasse hatten wir die Wahl zwischen so vielen Getränken und vegetarischen Leckereien.Wir ließen bei frisch gezapftem Bier die Show noch einmal Revue passieren, im Sitzen, und dann war es Zeit für uns zu gehen. Was ich jetzt noch zu sagen hätte, dauert keine Zigarette:Ein herzliches Dankeschön an die Akademie für den wunderbaren Abend, die tollen Plätze

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Die Blindgängerin mit ihren Freundinnen Astrid und Pascale auf einer Bank neben einem roten Teppich. Direkt hinter ihnen das Filmplakat "Monsieur Claude und sein großes Fest". Auf dem Plakat die große Filmfamilie. Links daneben eine Werbetafel mit dem Bild eines Marmeladenglases.

Monsieur Claude und sein großes Fest

Langeweile? Kommt wie bei den vorherigen Filmen auch dieses Mal im Kinosaal bei „Monsieur Claude und sein großes Fest“ garantiert nicht eine Sekunde auf. Kein Wunder bei dieser Familie! Und wer hält Monsieur Claude und seine Frau Marie, wieder einmal ganz wunderbar gespielt von Christian Clavier und Chantal Lauby, so auf Trab? Manchmal stehen sich die beiden, fast auf den Tag 40 Jahre glücklich verheiratet, ein bißchen selbst im Weg. Großen Wirbel verursachen ihre vier bezaubernden, etwas chaotischen Töchter, alle mit einem leichten Hang zur Egozentrik. Auch ihre liebenswerten Ehemänner aus Algerien, Israel, China und von der Elfenbeinküste geben ihr Bestes und überraschen mit immer wieder neuen Geschäftsideen.Aber richtig drunter und drüber geht’s erst, als deren Eltern zu Claudes großem Fest aus allen Himmelsrichtungen anreisen, jeweils mit einem saftigen Eheproblem im Gepäck.Als ob das nicht genug wäre: Für viel Unruhe zwischendurch sorgt ein ganz neues Gesicht, der deutsche Helmut Schäfer, herrlich deutsch gespielt von dem in Frankreich lebenden Jochen Hägele, ursprünglich aus Stuttgart. Bei der Premiere im Kino der Berliner Kulturbrauerei jedenfalls knickerten alle während der 98 Filmminuten pausenlos vergnügt vor sich hin und es wurde auch lauthals gelacht. Vor der Vorstellung entstand im Foyer das Foto für den Blogbeitrag.Wir, meine beiden Freundinnen Astrid, Pascale und ich, haben uns dazu einfach in Monsieur Claudes 18-köpfiges Familienfoto reingeschummelt. Und was hat es mit dem großen Marmeladenglas auf dem Plakat neben uns auf sich?Der traditionelle französische Konfitürenproduzent „Bonne Maman“ ist Sponsor des Films und nach der Veranstaltung gingen alle mit einem Glas Marmelade nach Hause. Hab schon genascht, schmeckt köstlich! Aber das Beste, jedenfalls für Kinobegeisterte mit Hör- oder Sehbeeinträchtigung, kommt zum Schluß:Wie schon bei den beiden Filmen aus den Jahren 2014 und 2019 hat der Filmverleih Neue Visionen wieder eine barrierefreie Fassung gesponsert und bei der Greta App bereitgestellt, ein ganz großes Dankeschön dafür!!! Ich durfte gemeinsam mit Bettina Hutschek und Ralf Krämer an der Hörfilmfassung arbeiten.Viel Zeit zum Beschreiben ließ uns das Schauspiel-Ensemble nicht, aber wir nutzten jede noch so kleine Redepause, vor allem, um zu sortieren, wer da gerade wo mit wem zetert oder herumwitzelt.Die Sprecherin Yesim Meisheit mußte sich bei den vielen schnell zu sprechenden Stellen ganz schön sputen. Dabei klang sie aber nie gehetzt und ihre Stimme paßte perfekt in das Stimmengewirr! Erst mit Rockmusik, die mir ins Bein ging, und dann mit einer wunderschönen melancholischen Ballade klang M. Claudes Fest jedenfalls für uns im Kinosaal leider viel zu schnell aus.Mohamed, Rachids Vater und Isabelles Schwiegervater, hatte nämlich auch seine Band, die „Elektrischen Hyänen“, mit im Gepäck! Nach der Vorstellung beantworteten der Regisseur Philippe de Chauveron und Jochen Hägele sehr sympathisch die vielen Fragen aus dem Publikum. Und von diesem kamen auch schon einige Ideen für eine Fortsetzung. Ich bin gespannt!

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Der Hauptdarsteller Bernard Campan und die Blindgängerin stehen vor einer Wand mit Filmplakaten. Er legt seine Hand auf ihre Schulter. Neben ihnen das Plakat zum Film "Glück auf einer Skala von 1 bis 10".

Glück auf einer Skala von 1 bis 10

„9,5“, antwortet Igor prompt auf die Frage, wie glücklich er auf einer Skala von 1 bis 10 sei!Das ist zwar beinahe die volle Punktzahl, aber eben nur fast, also „Presque“, wie die Franzosen sagen, und so lautet auch der französische Filmtitel! Ich versuche jetzt die 10 voll zu machen, und zwar mit den mich beglückenden Momenten rund um diesen Film mit dem deutschen Titel „Glück auf einer Skala von 1 bis 10“! Glück 1: Nur dank des großartigen Engagements des X Verleih können Kinobegeisterte mit Hör- und Sehbeeinträchtigung diesen berührenden Film mit Audiodeskription beziehungsweise erweiterten Untertiteln über die Greta App erleben!Eigentlich hätte für den Film aus Frankreich und der Schweiz mangels deutscher Beteiligung keine barrierefreie Fassung erstellt werden müssen. Glück 2: Es war mir eine Ehre, an der Hörfilmfassung mitarbeiten zu dürfen!Anfangs waren die Autorin Elke Cremer und ich etwas verunsichert: Würden wir für Igors Beschreibung die richtigen Worte finden?Aber die Unsicherheit verflog im Nu. Das lag an Alexandre Jolliens charmantem, unverkrampftem, geistreichem, mal witzigem, mal ernstem Spiel! Alexandre ist wie seine Filmfigur Igor mit zerebraler Kinderlähmung geboren.Nach der Redaktion durch Hannah Schwarz sprach Diana Gaul mit einer immer perfekt dosierten Emotion in der Stimme die Audiodeskription ein. Glück 3: Die ganz besondere Stimmung bei der Premierenvorstellung!Alle im vollbesetzten Saal konnten es kaum abwarten zu erfahren: Wie wird mit dem Thema Behinderung hier umgegangen? Alle im Publikum, ob mit oder ohne Behinderung, waren sich, so mein Eindruck, einig: Sehr gelungen und vor allem ohne Klischees!Und das i-Tüpfelchen war, daß Bernard Campan, einer der beiden Hauptdarsteller, nach der Vorstellung die vielen Fragen aus dem Publikum beantwortete und sich mit mir im Foyer fotografieren ließ, merci!Das zweite Tüpfelchen wäre gewesen, wenn auch Alexandre Jollien hätte dabei sein können! Doppelglück 4 und 5: Die Idee für den Film hatte Philippe Godeau. Aber daß der Film ist, wie er ist, liegt an Bernard Campan und Alexandre Jollien!Als Filmfiguren werden sie unzertrennliche Freunde. Igor ergreift die Initiative und Louis (Bernard Campan) kann sich dem sympathischen Hobbyphilosophen mit dem immer passenden Spruch auf den Lippen irgendwann einfach nicht mehr entziehen.Im wahren Leben war es umgekehrt. Bernard nahm vor vielen Jahren Kontakt zu Alexandre auf und seitdem sind sie sehr eng befreundet.Das Drehbuch schrieben sie gemeinsam und führten auch beide Regie, bravo! Glück 6: Igors zum Verwechseln ähnliche deutsche Stimme!Ein ausgebildeter Sprecher mit einem ähnlichen Krankheitsbild konnte trotz großer Bemühungen für die Synchronisation nicht gefunden werden.Wie sich Alexandres Behinderung auf seine Stimme und seine Art zu sprechen auswirkt, konnte ich mir während der Vorstellung kurz anhören. Seit neuem ist es nämlich möglich, sich über die Greta App für einige Filme die Dialoge in der Originalsprache über Kopfhörer ins Ohr flüstern zu lassen. Und ich war fasziniert, wie gut Jonas Lauenstein, abgesehen davon, daß er deutsch spricht, Alexandre zum Verwechseln ähnlich klang. Glück 7: Die wunderschöne und zu jeder Lebens- und auch Liebeslage passende Filmmusik von Niklas Paschburg! Glück 8: Und à propos Liebeslage, das Beschreiben der meisten Liebes- und Sexszenen ist ermüdend und langweilig, hier aber absolut nicht!Eigentlich hatte sich Louis eine Dame über einen Escort-Service in Montpellier auf sein Hotelzimmer bestellt, war dann aber doch nicht in Stimmung. Als sich Elsa (Marie Benati) von Igor im Zimmer nebenan nur verabschieden will, setzt sie sich zu ihm auf die Bettkante und …Ich war darüber, wie sich die beiden allmählich näherkommen, genauso berührt und überrascht, wie die beiden selbst! Glück 9: Der Hund wurde nicht vergessen!Wütend bellend bewacht der Hund sein gerade verstorbenes Frauchen und wird in ein Nebenzimmer gesperrt. Die alte Dame spielt übrigens bis zum Schluß eine wichtige Rolle. Und schon sind‘s neun und mit… Glück 10: …verabschiede ich mich in den Urlaub an die wunderschöne französische Mittelmeerküste, und zwar ganz in die Nähe, wo Igor und Louis ihren Trip beenden. Meine Route beginnt zwar nicht in Lausanne, aber an Montpellier führt auch mein Weg vorbei.Und ich reise auch nicht im Leichenwagen eines Bestattungsinstituts in Gesellschaft der toten Dame in einem Sarg und mit einer Urne.Aber in Gesellschaft von Igor und Louis, avec plaisir!

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Die Büste der goldenen Lola-Statue vor schwarzem Hintergrund. In weißer Schrift: Der Deutsche Filmpreis 2022

Schön vorgelesen: Die ausführliche Version des Minifilms „Deutscher Filmpreis 2022“

In 60 Sekunden so viel GROSSES Kino, und davon kann es ja eigentlich gar nicht genug geben! Nur war leider bei der Audiodeskription für den Minifilm des Deutschen Filmpreises 2022 absolut keine Zeit, auch nur einen der 31 Clips aus 16 GROSSARTIGEN Filmen zu beschreiben und alle Schauspielerinnen und Schauspieler zu nennen. Aus diesem Dilemma entstand die Idee für eine ausführliche Version des einminütigen Minifilms! Aber wozu eigentlich der Minifilm?Informieren, die Spannung erhöhen und Lust machen auf die Verleihung des Deutschen Filmpreises am 24. Juni, auch ausgestrahlt in der ARD!Mit geschickt aneinandergereihten Filmclips wird rasant und witzig eine Minigeschichte zum Thema Kino erzählt. Gleichzeitig werden möglichst viele der Filme präsentiert, die in den 18 Kategorien Chancen auf eine Lola haben. Wir wollten mit unserer detaillierten Beschreibung aller 31 Filmclips einfach allen 16 GROSSARTIGEN Filmen und allen auftauchenden Filmschaffenden gerecht werden!Den Text schrieb Ralf Krämer, ich habe drüber geschaut und Nadja Schulz-Berlinghoff hat das Ergebnis schön vorgelesen.Darüber freute sich auch Blindgängerins seit längerem stiefmütterlich behandelte Kategorie „Schön vorgelesen“! Hier ist der Text zu hören: Aber nichtsdestotrotz sollte die barrierefreie Fassung des Minifilms, produziert und gesponsert von der Kinoblindgänger gGmbH, unbedingt angehört und angeschaut werden! Übrigens: Dieser Link funktioniert aus lizenzrechtlichen Gründen nur bis zum 31. Juli 2022, die ausführliche Version aber bleibt!Viel Spaß mit den beiden und beim Rätseln, aus welchen Filmen die 31 Clips stammen!

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Die Blindgängerin sitzt auf der Kante ihres Schreibtisches. Sie hält eine große silberfarbene Sieben in der Hand. Auf dem Tisch neben ihr ein Laptop, auf dem Monitor die Webseite des Blogs Blindgängerin.

„Zeig doch mal die Bilder!“ Gut, hier ist meine Galerie.

Bevor es etwas philosophisch weitergeht:Das Zitat aus der Überschrift stammt aus dem Song „Time is Cash, Time is Money“ der Kölner Band BAP aus dem Jahr 1986! Ich schreibe, also bin ich nicht mehr blogfrei, und das schon über sieben Jahre!Rund 150 Beiträge kamen seitdem zusammen, verteilt in acht Kategorien. Ich dachte, also war ich unterwegs in Blindgängerins Archiv auf der Suche nach den schönsten und originellsten Fotos zu den Blogbeiträgen und bin fündig geworden. Mit dem ersten Schwung eröffne ich feierlichBlindgängerins Galerie! Zu jedem der 20 Fotos gibt es einen kurzen erklärenden Kommentar und der ein oder andere macht vielleicht Lust, den Link darunter zu dem jeweiligen Blogbeitrag anzuklicken!Bei der Gelegenheit wurden die Bildbeschreibungen überarbeitet und fehlende ergänzt. Denn ein Foto ohne Alternativtext taugt nix, jedenfalls für blinde und sehbehinderte Menschen. Jeden Donnerstag, wenn in den Kinos die neuen Filme anlaufen, wollte ich einen Artikel veröffentlichen, so damals der Plan und der hat während des ersten Jahres sogar funktioniert.Mit der Gründung der Kinoblindgänger gGmbH war mit dem wöchentlichen Rhythmus allerdings schlagartig Schluß. Und verflixt noch mal, in diesem, dem achten Jahr, habe ich bis jetzt gerade einmal einen Beitrag geschafft. Dabei hat doch eigentlich das siebte den Ruf des verflixten Jahres. Ich kann dieses Phänomen aber in keiner Weise bestätigen! Jetzt aber schnell raus aus dem Archiv, den Staub aus den Klamotten geklopft und wieder zurück in die Gegenwart. Und das mit dem korrekt zitierten Satz des radikalen Zweiflers und Philosophen René Descartes aus dem 17. Jahrhundert: „Ich denke, also bin ich“ guter Dinge, daß es mit Kinoblindgängers Projekten vorangeht, die mir gerade die Zeit für den Blog nehmen! Bis dahin wünsche ich viel Spaß mit den Fotos, der nächste Schwung kommt bestimmt, und freue mich auf weitere sieben nicht blogfreie Jahre! Hier geht es zur Galerie

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