Blog Blindgaengerin

Autorenname: Barbara

Ein Golden Retriever schüttelt sich das Wasser aus dem Fell und setzt zum Laufen an.

Ganz Ohr beim DOK Leipzig…

…war ich vor kurzem drei aufregende Tage lang beim 60. Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, kurz dem DOK Leipzig! So spontan wie begeistert hatte ich die Einladung angenommen, mir die mit Audiodeskription angebotenen Filme des Festivals anzuschauen und darüber zu schreiben. Doch dann ging es mir wie dem braunen Hund, dem einzigen Protagonisten des DOK Leipzig-Trailers 2017: Ich mußte mich kräftig schütteln, genau gesagt, etwas abschütteln! Der Vierbeiner schüttelt sich Wassertropfen aus seinem nassen Fell. Bei mir waren es langsam aufkommende Bedenken, wie ich drei Tage und Nächte auf mich allein gestellt in Leipzig klarkommen sollte. Im nachhinein völlig unbegründete Bedenken! Nach dem erfolgreichen Geschüttel heben sich die Pfoten des Hundes vom Boden ab, er setzt zum Laufen an und bellt. Ich habe mich, bestens vorbereitet, aber ohne zu bellen, auf den Weg nach Leipzig gemacht. „Wir wollen, daß möglichst viele Menschen DOK Leipzig besuchen können.“ Diese wunderbar inklusive, schnörkellose Devise hat sich das Festival ganz groß auf die Fahne geschrieben und setzt damit für andere Filmfestspiele wegweisende Maßstäbe.  Und in diesem Jahr setzt das DOK Leipzig noch einen drauf! Denn während sich die barrierefreien Angebote bisher schon an Besucher mit Mobilitäts- oder Hörbeeinträchtigungen richteten, kamen nun zum ersten Mal auch Leute wie ich, die Kinoblindgänger, voll auf ihre Kosten! Für 13 Kurz- und Langfilme wurden extra für das Festival Audiodeskriptionen produziert. Die Mammutaufgabe, unter 340 Filmen aus 53 Ländern ein möglichst vielfältiges Spektrum abzudecken, wurde, wie ich finde, mit Bravour gelöst! Auf der App Greta bereitgestellt, ließen sich die Audiodeskriptionen zu den Filmen auf das Smartphone herunterladen und im entsprechenden Kinosaal per Kopfhörer diskret abspielen. Die Kinobesucher mit Hörbeeinträchtigungen hatten die Wahl unter zehn Filmen mit erweiterten Untertiteln. Damit kamen auf den Apps Greta und Starks 23 barrierefreie Angebote zu den Filmen zusammen. Wer kein eigenes Smartphone hatte, konnte sich unkompliziert ein bereits präpariertes Gerät ausleihen. Und was bestimmt alle Besucher des DOK bestätigen werden: Die Serviceleute vor und in den Sälen waren durchweg sehr freundlich, aufmerksam und hilfsbereit! Zu Beginn jeder der vielen hundert Kinovorführungen bellte der Dog des DOK Leipzig- Trailers 2017 auf der Leinwand und im Netz bellt er sogar barrierefrei. Einen Festivaltrailer mit Audiodeskription hat es bis jetzt noch nicht gegeben, einfach phänomenal! Und hier ist der Link zum Nachhören und -sehen: DOK Leipzig Trailer 2017 Gefördert wurden diese barrierefreien Maßnahmen durch das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und mit hierfür vorgesehenen Landesmitteln. Mein Festivalprogramm, vorgeschlagen und liebevoll zusammengestellt vom DOK Pressebüro! In drei Tagen nicht um die ganze Welt, aber in 13 Filmen und drei Veranstaltungen viele fremde Welten zu entdecken und kennenzulernen, das war sportlich! Aber mit Julia, einer Kunststudentin aus Leipzig, an meiner Seite, mußte ich nichts auslassen und bin auch nicht verhungert. Wir waren auf Anhieb ein super eingespieltes Team! Zu verdanken hatte ich die extrem sympathische Begleitung Gerald Schuster, zuständig für Programmassistenz und Inklusion beim DOK. Foto: DOK Leipzig/ Susann Jehnichen Und jetzt Film ab mit „Sog“, einem zehnminütigen Animationsfilm! Wer oder was schreit hier eigentlich so schrecklich von der Leinwand? Die folgende Antwort bekam ich prompt über meinen Kopfhörer auf die Ohren: Es seien nach einer Flut in Bäumen gestrandete Fische, die nach Luft schnappen. Denn gleich die ersten Schreie dieser armen Kreaturen aktivierten die App Greta zum Abspielen der Audiodeskription. Diese war zum Verständnis des absolut dialogfreien Kurzfilms unverzichtbar und hat wunderbar funktioniert. Mir wurde genauestens das plötzliche Auftauchen schlecht gelaunter zotteliger Bewohner einer benachbarten Höhle beschrieben und wie die sich dann anbahnende Katastrophe unaufhaltsam ihren Lauf nimmt. Bei dem Dokumentarfilm „Sandmädchen“, der mich sehr berührte, fehlt es nicht an Gesprächen. Das Besondere ist die Art und Weise, in der sie geführt werden. Denn Veronika Raila kann hören, aber nicht sprechen. Die junge Frau, eine Autistin, ist von Geburt an körperlich schwer behindert und zu schwach, die Tastatur eines Computers alleine zu bedienen. Von der Hand ihrer Mutter gestützt, schreibt und veröffentlicht sie Prosa und Lyrik. Die im Film vorgetragenen Auszüge ihrer Texte haben mich umgehauen! Nur dank der Audiodeskription, die mit sehr viel Feingefühl eingesprochen war, hat sich für mich die Tür zu Veronikas Welt, in der es sehr behutsam und ruhig zugeht, einen Spalt breit geöffnet. Kontrastreicher als mit dem Animationsclip „Scratchy“ hätte es nicht weitergehen können, nämlich drei Minuten lang laut und chaotisch! Mein Hirn war ganz schön gefordert, aus den vielen präzisen und knackigen Infos der Hörfilmbeschreibung vor meinem geistigen Auge Bilder entstehen zu lassen. Aber es hat geklappt und ich konnte mich über mein Ergebnis mit anderen Kinobesuchern austauschen. Julia war von der schillernden Figur des Filmemachers so fasziniert, daß ich eine spontane Live-Audiodeskription vom Outfit des um die 70-jährigen Herrn bekam. Zu Ende ging der erste Abend krachend laut mit „Wildes Herz“, einem Film über die Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ aus Mecklenburg-Vorpommern. Im Fokus steht vor allem der Frontmann und Sänger Jan „Monchi“ Gorkow. Hier waren das Sortieren der vielen gleichzeitig agierenden Beteiligten und die zahlreichen schnellen Ortswechsel eine Herausforderung an die Hörfilmbeschreiber. Die Informationen mußten dann oft knappgehalten und in die sehr lauten Musikeinlagen plaziert werden, ohne diese zu zerpflücken. Das ist gelungen! Es gab aber auch ruhige Momente, wenn z.B. alte Fotoalben und Familienvideos herausgeholt wurden und auch ich mir diese dank der Beschreibung mit anschauen konnte. Resümee des ersten Tages: Ohne die durchweg sehr gut gemachten Audiodeskriptionen hätte ich mir die Animationsfilme schenken können und bei den Dokumentarfilmen wäre mir mehr als die Hälfte verborgen geblieben. Das gilt auch für alle neun noch ausstehenden Filme, von denen ich mir jetzt nur noch drei herauspicke. In diesen drei Dokumentationen wird nicht ein deutsches Wort, sondern arabisch, hebräisch oder spanisch gesprochen. Die Audiodeskription muß also nicht nur die Bilder vermitteln, sondern zusätzlich mit jeweils mindestens zwei Sprechern die deutschen Untertitel über die Originalstimmen vorlesen. Die saudi-arabische Dichterin Hissa Hilal ist “The Poetess”, eine bewundernswert starke und mutige Frau. Sie erzählt, wie ihr Gedicht gegen die blinde Wut der religiösen Fanatiker, das sie im Fernsehen bei einem Dichterwettstreit vorträgt, ihr Leben und das ihrer Familie verändert hat. Hier

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Django Reinhardt mit der Gitarre auf der Bühne. Weißer Anzug, weinrotes Hemd mit Krawatte. Die dunklen Haare streng zurückgekämmt, dazu ein kleiner Schnurrbart. Django schaut beim Spielen auf seine linke Hand, die Greifhand.

Django – ein Leben für die Musik

Ein- beziehungsweise beidhändig agieren sie alle drei blitzschnell und mit flinken Fingern präzise auf den Punkt: Ihr Name ist Django! Zwei sind Revolverhelden und beweisen ihre todbringende Fingerfertigkeit nur als rein fiktive Filmfiguren. Der Erste bereits vor 51 Jahren in dem Italowestern „Django“ und Nummer zwei in dem US-amerikanischen Spielfilm „Django Unchained“ von 2012. Über den Dritten im Bunde startete jetzt am 26. Oktober ein Kinofilm aus Frankreich! „Django – Ein Leben für die Musik“ Das Team der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH war von dem Filmportrait des legendären, natürlich nicht fiktiven Jazzgitarristen Django Reinhardt genauso fasziniert wie das des Berlinale Festivals. Deshalb gibt es für den diesjährigen Berlinale-Eröffnungsfilm jetzt zum regulären Kinostart eine Marie! Sie macht mit der Audiodeskription und den erweiterten Untertiteln, produziert und finanziert von der Kinoblindgänger gGmbH, diesen großartigen Film für alle barrierefrei erlebbar. Dazu gehört wie immer auch die Bereitstellung der Marie (barrierefreie Fassung) auf der App Greta und Starks. Das übernahm für „Django“ der Verleih. Dafür ein herzliches Dankeschön an den „Weltkino Filmverleih“! Django Reinhardt wurde als Sohn französischsprachiger Sinti 1910 in Belgien geboren. Nach einigen Jahren mit seinen Eltern in Nizza, Italien, Korsika und Nordafrika wuchs er ab 1918 in einer Wohnwagensiedlung am Stadtrand von Paris auf. Schon als 12-jähriger begann er seine professionelle Musikerkarriere. Der französische Regisseur Étienne Comar konzentriert sich in seinem Spielfilm auf Djangos Leben ab 1943 und endet mit einer sehr berührenden Szene kurz nach Kriegsende im Mai 1945. Der virtuose Gitarrist gilt als Begründer und Vorreiter des europäischen Jazz und schuf mit dem Gypsy-Swing einen neuen Musikstil. Dieser Rhythmus, daß jeder mit muß! (singt Udo Lindenberg) Und dieser Hörschnipsel mit Audiodeskription ist der beste Beweis! Hörschnipsel 1: Hoppla, beinahe wäre die Marie der Kinoblindgänger gGmbH vor Begeisterung von ihrem Filmstreifen gepurzelt! Diese Kostprobe stammt von einem Konzert des berühmten Quintette du Hot Club de France im einem Pariser Theatersaal im Sommer 1943. Django spielt die Solo-, sein Bruder Joseph die Begleitgitarre. Djangos Welt, in der nur Platz für Musik ist, scheint bis dahin in Ordnung zu sein. Sogar im Konzertsaal anwesende uniformierte Nazis können sich dem Bann der doch als „Negermusik“ verpönten Rhythmen nicht ganz entziehen. Aber schon am selben Tag ziehen dunkle Wolken am Horizont auf. Reichspropagandaminister Goebbels zitiert Django mit seinen Mitspielern ins Deutsche Reich, für eine Tournee zur Erheiterung der deutschen Soldaten. Zunächst hindert ihn nur seine gekränkte Musikerehre, der Order Folge zu leisten. Denn die absurden Auflagen der Nazis, was er wie zu spielen und vor allem nicht zu spielen habe, lassen von seiner Musik nicht mehr viel übrig. Aber schließlich erkennt auch er den Ernst der Lage. Er flieht mit seiner schwangeren Frau und seiner Mutter in die Nähe der Schweizer Grenze, wo sich bereits einige Familien seines Clans mit ihren Wagen versammelt haben. Dort wird die Situation für alle Beteiligten mit jedem Tag bedrohlicher. Der folgende Hörschnipsel gehört zu meinen Lieblingsstellen des Films. Er „zeigt“ Djangos obercoole Maman, dargestellt von Bimbam Merstein, in ihrem Element. Hörschnipsel 2: In dem Hörschnipsel ist neben den Filmfiguren nicht nur Nadja Schulz-Berlinghoff, die Sprecherin der Audiodeskription, zu hören. Denn die auf Romanes geführten Dialoge, die als Untertitel eingeblendet sind, werden von Susanne Hauf, Andreas Sparberg und Pascal Cürsgen gesprochen. Den Text der Hörfilmbeschreibung erarbeitete das sehr gut eingespielte Trio, das aus Inga Henkel, Lena Hoffmann und mir besteht. Besonders aufmerksam schauten wir Reda Kateb, dem Darsteller des Django, beim Gitarre spielen auf die Finger seiner linken Hand. Der wahre Django konnte nach einem Brandunfall nur noch mit zwei statt mit vier Fingern die Saiten greifen. Kleiner Finger und Ringfinger waren verkrümmt und versteift, ihm blieben nur Zeige- und Mittelfinger. Bei Akkorden behalf er sich zum Greifen der tiefen E-Saite mit dem Daumen, der auf dem Griffbrett eigentlich nichts zu suchen hat. Vor diesem Hintergrund sind die Tempi, mit denen Django seine Läufe spielte, um so phänomenaler! Bei Reda Kateb, der vor den Dreharbeiten ein Jahr lang diese Art des Gitarrenspiels einübte, konnten wir diese ganz spezielle Technik beobachten und haben das auch genau beschrieben. Optisch wirkt das sehr glaubwürdig. Für den akustischen Genuß sorgte tatsächlich aber der niederländische Gitarrist Stochelo Rosenberg, der die Stücke seines Idols Django für den Film neu einspielte. Ein Leben ohne Musik ist für mich undenkbar und deshalb ist ganz klar, welcher der drei Djangos mir der liebste ist!

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Vier Minuten Ann Vielhaben lauschen!

Wer die Wahl hat, hat die Qual! Diesen Spruch konnte ich noch nie leiden. Sich beim Wählen quälen, so ein Quatsch. Keine Wahl zu haben, ist viel schlimmer! Auch wenn’s manchmal schwerfällt, es ist doch ein Glücksfall, sich zwischen mehreren Möglichkeiten entscheiden zu können. Bei der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH war im letzten Januar zum vierten Mal Wahltag! Nach „Mein Leben als Zucchini“ galt es, das nächste Projekt anzugehen, also einen neuen Film unter den Kinostarts der kommenden Monate auszuwählen. Gewürfelt wird natürlich nicht bei dem Prozedere, aus der Filmflut genau den einen herauszupicken, der möglichst viele Besucher begeistern könnte. Dafür spricht zum Beispiel, wenn ein Film bereits in seinem Heimatland und auf nationalen wie internationalen Filmfestivals von Publikum und Filmkritikern gleichermaßen gefeiert wurde. Sehr oft trifft das bei Filmen zu, die humorvoll mit geistreichen Dialogen, Wortwitz und Situationskomik auch ernste Themen auf die Leinwand bringen. Ganz wichtig ist auch die Filmmusik, ob und wie sie das Filmgeschehen ergänzt und abrundet. Wie schon seine drei Vorgänger, erfüllte diese Kriterien „Ein Tag wie kein anderer“ Mit der Marie, wie die Kinoblindgänger gGmbH die barrierefreie Fassung nennt, startete dieser einzigartige Tag barrierefrei am 11. Mai in den Kinos! Und genauso barrierefrei ist er seit dem 21. September als DVD und Blu-ray erhältlich! Der sympathische israelische Regisseur Asaph Polonsky, den ich bei der Premiere im Berliner Kino „Filmkunst 66“ begrüßen durfte, erzählt seine Geschichte über einen ganzen Tag in nur 98 Minuten. In meinem Blogbeitrag zum Film schrieb ich unter anderem darüber, wie behutsam er das in so kurzer Zeit tut. Die Sprecherin der Audiodeskription war Ann Vielhaben. In zwei Hörschnipseln, die in den Blogbeitrag eingearbeitet sind, kann man sich anhören, wie wunderbar ihre Stimme das Filmgeschehen begleitet. Oder man bleibt hier, klickt auf den Link und läßt sich ungefähr vier Minuten lang einfach schön von ihr vorlesen. Ihr habt die Wahl! Oder macht einfach beides! Diese Wahl möglich gemacht und freundlich unterstützt haben Ann Vielhaben und das Tonstudio speaker-search, dafür ein großes Dankeschön!  

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Zwei Mäuse als Stofffiguren vor der Berliner Oberbaumbrücke. Die kleinere Maus trägt einen roten Schal. Sie hält einen weißen Langstock. Die größere Maus schielt. Sie hat geknickte Ohren und eine sehr große gebogene Nase.

Blind & Häßlich

„Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage!“ „Das Blindsein, spielen Sie das eigentlich nur?“ Als mich vor ca. zehn Jahren ein Berliner Taxifahrer mit dieser Frage irritierte, dachte ich, ich sei im falschen Film. Dabei war ich doch gerade erst auf dem Weg ins Kino, bewaffnet mit meinem weißen Langstock. Und genau das war das Problem, jedenfalls das des Taxifahrers. Diese Anekdote war für mich im doppelten Sinne eine einmalige. Weil sich allerdings das Gerücht bis heute hartnäckig hält, man könne nur sehenden Auges Spaß im Kino haben, werde ich nicht müde, immer wieder zu betonen: Das geht auch ausschließlich hörenden Ohres! Im Idealfall mit einer Audiodeskription, die dann über die App Greta zum Download bereitgestellt ist. Beides war zu meiner Begeisterung der Fall bei „Blind & Häßlich“ Oh je, schoß es mir bei dem Filmtitel erst einmal durch den Kopf! Was hat sich der Regisseur Tom Lass da bloß geballt für eine Filmfigur einfallen lassen? Aber wie bei „Dick und Doof“ verteilen sich die beiden Adjektive auf zwei paar Schultern. Die erste Eigenschaft schultert die 18-jährige Jona. Aber sie tut genau das, was mir der Taxifahrer damals unterstellt hat. Sie spielt das Blindsein nur. Nach der rechtlichen, etwas umständlich formulierten Definition ist blind, wer auf dem besser sehenden Auge selbst mit Brille oder Kontaktlinse nicht mehr als zwei Prozent von dem sehen kann, was ein Mensch mit normaler Sehkraft erkennt. Die inzwischen 24-jährige Naomi Achternbusch hat es in ihrem ersten Film als Jona gleich mit einer Doppelrolle zu tun. Sie switcht zwischen Blindsein und Nichtblindsein hin und her. Und das macht sie sehr überzeugend, gefühlvoll und kein bißchen peinlich! Denn das Blindsein spielen will gelernt sein. Dazu gehört, sich nach allen Regeln der Kunst mit dem weißen Langstock zu bewegen, immerfort zu schielen und nicht doch aus Versehen auf das Handy zu linsen, statt das Gequatsche der Voice Over-Stimme abzuwarten. Viel Beherrschung bedarf es bestimmt auch, dem Reflex zu widerstehen, mit den Pupillen der Hand zu folgen, die einem vor den Augen herumfuchtelt. Und immer den Ball flach halten, nie einfach losrennen oder eine Information nutzen, die einem eigentlich verborgen bleiben müßte. Die glaubwürdige Balance zwischen Souveränität und an Grenzen stoßen, die macht’s aus! Der Grund für Jonas Spiel ist ein ganz pragmatischer: Im Blindenwohnheim ist noch ein Zimmer frei! Irgendwo muß sie schließlich unterkommen, nachdem sie mit dem Auto ihrer Mutter von zu Hause nach Berlin abgehauen ist. Und ein WG-Zimmer zu ergattern, scheitert schon an den sehr abstrusen, aber amüsanten Bewerbungsgesprächen. Den Plan haben die beiden Kusinen Jona und Cecile gemeinsam ausgeheckt. Cecile, die bereits in dem Heim wohnt, könnte nur das Nichtblindsein spielen. Überlegungen, die Geschichte aus dieser umgekehrten, eigentlich sehr spannenden Perspektive zu erzählen, gab es anfangs tatsächlich, wurden aber wieder verworfen. Das Täuschungsmanöver wäre viel zu schnell aufgeflogen. Neben der irrwitzig komischen, unverkrampften und doch sensiblen Art und Weise, wie hier mit dem Thema Blindsein umgegangen wird, hat der Film noch eine zweite ganz große Stärke! Die heißt Clara Schramm, war bei den Dreharbeiten 16 Jahre alt und ist blind! Als Cecile hat sie mit ihrer natürlichen Art und ihrem sonnigen Gemüt sofort mein Herz erobert. Ihr ist es zu verdanken, daß die sehenden Zuschauer einmal realistische Einblicke in das Leben einer blinden jungen Frau bekommen. Von mir aus hätten das noch viel mehr sein können! Naomi Achternbusch vor der Kamera und Jona im Film waren also in besten und professionellen Händen. Ihre erste Bewährungsprobe, die schneller kommt als gedacht, besteht Jona mit Bravour und rettet dabei auch noch Ferdis Leben. Jona hat natürlich die Selbstmordabsicht des verzweifelten jungen Mannes auf der Mitte einer der vielen Brücken Berlins erkannt. Wie angewurzelt bleibt sie neben ihm stehen. Sie behauptet stur, ihren Weg mit Ceciles reparaturbedürftigem Blindenführhund in die Hundeschule nur mit Ferdis Hilfe fortsetzen zu können. Denn sie sei ja blind. Der junge Mann willigt erst ein, nachdem Jona ihm beteuert, ihn nicht einmal ein bißchen sehen zu können. Ferdi hält sich nämlich für häßlich und glaubt, daß aus diesem Grund alle Frauen, die er anspricht, vor ihm Reißaus nehmen. Jetzt schöpft er aus Jonas Blindsein einen Hoffnungsschimmer und Jona selbst scheint der wirre junge Mann auch nicht ganz unsympathisch zu sein. Ferdi, gespielt von Tom Lass, ist natürlich genauso wenig häßlich, wie Jona blind ist. Das hat mir die sehr passend ausgewählte Sprecherin der Audiodeskription ins Ohr geflüstert. Ihre eher tiefere und reifer klingende Stimme hebt sich von denen der überwiegend jungen Filmfiguren sehr gut ab. So brachte sie etwas Ruhe und für mich viel Klarheit in das turbulente Geschehen. Ich hatte früher bei dem ein oder anderen Typen den Eindruck, daß er in meiner Sehschwäche einen Vorteil für sich sah, ähnlich wie Ferdi bei Jona. Allerdings nicht, um mich zur Hundeschule zu begleiten. Ich hatte gar keinen Hund! So nach dem Motto: Bei der kann ich es ja versuchen, die kriegt ja sonst keinen ab. Die habe ich alle sofort in die Wüste geschickt, kompromißlos auf den Richtigen gewartet, und der stand eines Tages vor meiner Tür! Obwohl ich im Kino lachen mußte wie lange nicht mehr, hat mich die Geschichte besonders wegen der Filmfigur der Cecile ganz schön aufgewühlt. Deshalb hat das Schreiben auch viel länger gedauert als gedacht. Jetzt lasse ich noch einmal den guten alten Shakespeare zu Wort kommen: „Menschen deuten oft nach ihrer Weise die Dinge, weit entfernt vom wahren Sinn.“

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Die Marie ist ein etwa zwölfjähriges Mädchen, gezeichnet wie eine Comicfigur. Sie trägt ein sonnig gelbes Shirt, hellblaue Jeans und Turnschuhe. Ihre roten Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Mit ihren großen blauen Augen schaut sie lachend auf das Smartphone in ihrer rechten Hand. Kopfhörer hängen ihr einsatzbereit um den Hals. Mit der linken Hand zeigt sie Daumen hoch. Marie sitzt auf einem schwarzen Filmstreifen und läßt die Beine baumeln.

Hoppla, jetzt kommt die Marie!

Manchmal verschwinden Personen auf Nimmerwiedersehen in der Versenkung, ganz plötzlich. Manchmal ist das schade. Oft auch nicht. Aber es erscheinen auch neue auf der Bildfläche, genauso unvermittelt, sie ploppen förmlich auf: Hier ist die Marie!!! Die Marie ist das Maskottchen der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH. Schon bei vier Filmprojekten war sie dort aktiv, wenn auch zunächst im Verborgenen. Und was genau war und ist dort ihre Aufgabe? Die Marie macht’s möglich, daß Kinobegeisterte mit einer Seh- oder Hörbeeinträchtigung bei internationalen Arthousefilmen voll auf ihre Kosten kommen. Ja, sie schafft das! Aber nur, nachdem das Team der Kinoblindgänger gGmbH für einen Film die Audiodeskription und die erweiterten Untertitel, also die sogenannte „barrierefreie Fassung“ produziert hat. Dieser in der Filmbranche und den gesetzlichen Regelungen gebräuchliche Begriff klingt doch recht technisch und uncharmant. So hat sich das Team von Kinoblindgänger die Marie als namentliche Stellvertreterin ausgedacht! Aber niemand möchte auf Dauer nur im Verborgenen wirken. Deshalb hat der Zeichner Georg Zitzmann die Marie jetzt aus der Versenkung geholt und ihr nach den Vorstellungen von Kinoblindgänger nicht nur ein Gesicht gegeben! Damit sie nicht wie bestellt und nicht abgeholt im virtuellen Raum herumstehen muß, hat er sie auf einen Filmstreifen gesetzt. Da läßt Marie ganz entspannt die Beine baumeln. Ihr Smartphone in der rechten Hand, liest sie mit ihren blauen Augen die Untertitel auf dem Display. Um die Audiodeskription hören zu können, hat sie Kopfhörer um den Hals. Mit der linken Hand zeigt sie: Daumen hoch, alles prima! Sie ist keine Pech- oder Goldmarie. Ihr dunkelrotes Haar trägt sie mit einem rosaroten Haarband locker zum Pferdeschwanz gebunden. Die ungefähr 12-jährige Marie hat etwas von einer frechen, kecken Göre. Mit ihrem lieben Gesicht und ihrem Lächeln hat sie bislang die Herzen aller, die sie kennengelernt haben, im Sturm erobert. Daß das Maskottchen der Kinoblindgänger ein junges Mädchen ist und keine Frau, kein Junge oder Mann, ist kein Zufall! Die „barrierefreie Fassung“ ist nun mal weiblich. Die Bezeichnung ist noch jung, man kennt sie erst seit einigen Jahren. Seit wann genau und wer sich diesen Begriff ausgedacht hat, war tatsächlich nicht herauszubekommen. Aus dem Alter der Marie lassen sich aber keine Rückschlüsse darauf ziehen, welche Art von Filmen die Kinoblindgänger gGmbH barrierefrei macht, das sieht man schon an den grundverschiedenen bisherigen Projekten. Die Marie ist offen für alle Genres! Und übrigens: Die Marie ist gekommen, um zu bleiben, hoppla!            

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Nadja Schulz-Berlinghoff im Tonstudio

Nadja Schulz-Berlinghoff und Zucchini!

Nicht mehr lange und die Blätter an den Bäumen beginnen, sich bunt zu färben. Dann wird es für alles, was in den Wäldern so kreucht und fleucht, mehr als ungemütlich. Die Jagdsaison ist eröffnet! Im letzten Herbst begab sogar ich mich zum ersten Mal auf die Jagd. Aber nicht in den Wäldern, sondern in Kinos während der Filmkunstmesse in Leipzig. Und ohne Flinte, um diese ins Korn zu werfen, sondern mit Popcorn, Cola und einer Filmliste bewaffnet. Auf dieser Liste hatten Lena und ich eine Vorauswahl aus den insgesamt 72 in Leipzig gezeigten Filmtiteln getroffen, die wir für ein neues Projekt der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH genauer ins Visier nehmen wollten. Schließlich hatten wir auch einen Treffer und erbeuteten: „Mein Leben als Zucchini“ Der Kinostart war schon im Februar. Jetzt ist dieser bezaubernde Animations- und Familienfilm als DVD und Blu-Ray erhältlich, natürlich mit Audiodeskription und erweiterten Untertiteln, beides von Kinoblindgänger gGmbH. Für mich war das ein guter Grund, Nadja Schulz-Berlinghoff, die auch die Audiodeskription einsprach, zu bitten, meinen Blogbeitrag über Zucchini vorzulesen. Das Ergebnis ist die dritte Audioversion in der Kategorie „Schön vorgelesen“ und dafür ein herzliches Dankeschön an Nadja und speaker-search! Übrigens wäre mir Zucchini beinahe durch die Lappen gegangen. Diese seit dem 18. Jahrhundert belegte Redensart entstammt übrigens auch der Jägersprache. Zweimal muß ich beim Durchforsten des gesamten Filmangebots wohl überlesen haben, daß die Filmmusik von Sophie Hunger stammt. Schon beim ersten Hören des Trailers – damals noch im Original – war es um mich geschehen. Und für die Audiodeskription hatte ich sofort Nadjas sanfte warme Stimme im Ohr. Jetzt steht wieder der Herbst vor der Tür und damit eine neue Jagdsaison in Leipzig bei der Filmkunstmesse. Mit viel Herzblut, aber sonst ganz unblutig. Horrido! Hier liest Nadja:      

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Andreas Sparberg vor einem professionellen Mikrophon

Den Anfang macht Andreas Sparberg!

Alles hat ein Ende, oder war da nicht mal was mit zweien? Und stimmt das überhaupt? Sicher ist, daß es kein Ende ohne einen Anfang gibt. Wer aber wann, was, wie und wo einmal angefangen hat, läßt sich rückblickend oft gar nicht mehr so genau sagen. Das soll hier auch wurscht sein! Denn jetzt und hier geht es nur um den Anfang, ein Ende ist nicht abzusehen… Ab sofort gibt es eine neue Kategorie! Sie heißt: „Schön vorgelesen“ Dort macht Andreas Sparberg als erster Vorleser mit seiner schönen und ganz schön tiefen Stimme den Anfang! Er liest: „Sie kann sich ein Bild machen“ von Christine Stöckel aus der taz vom 26.04.2017! Diesen Artikel im „Presseecho“ möchte mir meine Sprachsoftware verflixt noch mal einfach nicht vorlesen. Weil dieser Text nicht der einzige ist, der sich verweigert, und etwas schön vorgelesen zu bekommen, ja ein ganz besonderer Genuß ist, werden weitere Presseartikel und auch Blogbeiträge als Audioversion in dieser Kategorie folgen. Den Anfang machte aber eigentlich schon vor knapp zwei Jahren das inzwischen in Vergessenheit geratene Hörspiel über das erste Rendezvous der Apps Greta und CinemaConnect. Das hat gleich die Chance genutzt, sich unbemerkt in die neue Kategorie einzunisten, und da gehört es auch hin! Die schönen Stimmen darin gehören Nadja Schulz-Berlinghoff und Thomas Arnoldt. Ohne das Engagement des Tonstudios speaker-search und der Sprecherinnen und Sprecher wäre diese wunderbare neue Kategorie nicht möglich, dafür noch einmal herzlichen Dank! Nach dem Anfang geht es auch gleich weiter, Zucchini steht schon in den Startlöchern! Aber jetzt hat endlich Andreas Sparberg das Wort:        

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Bus Spencer und Terence Hill in einer Filmszene. Sie stehen mit erhobenen Händen vor einem LKW, während ein Polizist die Pistole auf sie richtet.

Sie nannten ihn Spencer

Gemeinsam waren und bleiben die zwei unausstehlich und einfach unschlagbar, unschlagbar komisch! Waren es die da? Die mit der Krimiserie „Die 2“ 1972 lässig, witzig, mit Leichen und einem Hauch Noblesse im ZDF für frischen Wind auf den deutschen Mattscheiben sorgten? Nö, die 2 konnten ja nicht auf der Leinwand! Oder die da?  Zwei nicht gerade kleine Italiener, die ihre Gegner extrem geräuschvoll, ohne dabei Blut zu vergießen, auf der großen Kinoleinwand versemmelten? Na klar, die sind gemeint! Der eine ist Mario Girotti, den sie Terence Hill nennen. Von dem Dicken, Carlo Pedersoli, muß man wie im Titel des Dokumentarfilms in der Vergangenheitsform sprechen: „Sie nannten ihn Spencer“ Den Kinostart des Films über sich hat Bud Spencer leider nicht mehr erlebt, er starb letztes Jahr im Alter von 86 Jahren in Rom. Über Jahrzehnte harmonierten die beiden prächtig und super erfolgreich als Dreamteam miteinander. Und das sowohl vor der Kamera als auch dahinter, eine absolute Ausnahme in der Filmbranche. „Vier Fäuste für ein Halleluja“ Dieser Film stellte alle meine vorherigen Kinoerlebnisse in den Schatten, vor ca. 45 Jahren in einem Autokino bei Mannheim! Ich war hin und weg von den Sprüchen, die sich die beiden im Sekundentakt entweder gegenseitig oder gemeinsam unausstehlich den Gegnern um die Ohren hauten. Terence Hill hatte bei mir gleich einen Stein im Brett, weil er so freundlich auf sein Pferd einquatschte und sich mit diesem auch noch die legendäre Pfanne Bohnen teilte. Wohl bekomm’s, Pferd! Bud Spencers Roß kam in diesen Genuß nicht. Wenn Bud teilte, dann teilte er aus, nämlich deftige Sprüche und saftige Backpfeifen. Seine Bohnen wie überhaupt alles Eßbare teilte er nicht, niemals mit niemanden, Vierbeiner inbegriffen. Mit den zwei Kerlen wie Pech und Schwefel konnte man Pferde stehlen, und ich hätte sehr gerne mitgemacht. Deshalb war für mich der Dokumentarfilm über Bud Spencers Leben, zu dem Terence Hill gehört wie das Salz in die Suppe, ein MUSS! Und gleich beim ersten der vielen Filmausschnitte sprang der Funke der Begeisterung auf uns alle im Kinosaal über, genauso wie früher. Bei den Spencer/Hill-Filmen sind entgegen dem momentanen Trend, internationale Filme im Original mit Untertiteln zu schauen, gerade die deutschen Synchronfassungen das Kultige. Das liegt daran, daß die italienischen Dialoge durchweg sehr geschmeidig eher eingedeutscht als einfach nur übersetzt und dann von herausragenden Stimmen gesprochen wurden. Für Bud Spencer donnerwetterten sich über zehn Sprecher von einem Moment zum anderen dröhnend in Rage. Am häufigsten taten das Wolfgang Hess, Arnold Marquis und Martin Hirthe. Terence Hill, den – abgesehen vom weiblichen Geschlecht – nichts aus der Ruhe bringen konnte, lieh seit 1972 Thomas Danneberg sehr lässig seine Stimme. Das, was man von all diesen tollen Stimmen zu hören bekommt, ist aber nicht einfach nur Deutsch, sondern „Schnodderdeutsch“. Maßgeblich diesen neuen Synchronstil geprägt und den Begriff des „Schnodderdeutsch“ dafür erfunden, hatte Anfang der 70er Jahre, wie kann es anders sein, ein Berliner! Rainer Brandt peppte bei 15 Spencer/Hill-Filmen die Originaldialoge mit zusätzlichen Witzen, Wortspielen, Kalauern und flapsigen Sprüchen auf. Zwischendurch wurde auch mal gerne ä bissje hessisch gebabbelt, gesächselt und so weiter. Seinen Anfang nahm das Schnodderdeutsch 1972 im Fernsehen und deshalb machte ich es wie Nina Hagen: Ich glotzte TV, möglichst jede Folge von der Serie „Die 2“. So schön bunt, daß man sich gar nicht entscheiden konnte, war es damals in unserer Glotze noch nicht. Aber die 90 Minuten mit dem smarten Duo verflutschten auch in schwarz-weiß für meinen Geschmack viel zu schnell. Die schnodderdeutschen Texte für die Krimiserie stammten von Rainer Brandt, und der kann nicht nur schreiben, sondern auch noch hervorragend sprechen. Das tat er unter anderem für Tony Curtis als Danny Wilde, einem Teil dieses smarten Duos. Jetzt aber wird‘s höchste Zeit für das dritte Duo! Was macht ein Fan, der sein Idol um jeden Preis der Welt einmal persönlich treffen möchte? Dasselbe wie zwei Fans: Sich auf den Weg! Und genau das tun diese beiden Fans, Marcus Zölch aus Augsburg und Jorgo Papasoglou aus Berlin. Ausgewählt unter Bud Spencers gigantischer Fangemeinde und auf die Reise geschickt hat sie der Regisseur des Dokumentarfilms, Karl-Martin Pold. Statt auf Pferderücken zuckeln die zwei mit einem alten VW-Bus, der seine besten Tage hinter sich hat, von Deutschland über Paris und Toulouse nach Rom. Es gibt unterwegs keine Bohnen, aber ein Lagerfeuer am Zelt und Marshmallows tun‘s doch auch. Im Gepäck haben die zwei unermüdlichen Helden ein Akkordeon und eine Marionettenpuppe. Und das Wichtigste: Jeder seine ganz besondere und höchstpersönliche Geschichte, die er seinem Idol Bud Spencer unbedingt erzählen möchte. In den 120 Minuten über das aufregende und vollgepackte Leben des Carlo Pedersoli, den sie Bud Spencer nannten, kommen zwischen den schon erwähnten Filmschnipseln viele seiner Weggefährten zu Wort. Was hier entstand, ist aber nicht nur einfach ein Dokumentarfilm, sondern eine sehr liebevolle Hommage an den Dicken! Das gelang vor allem wegen der immer wieder auftauchenden sympathischen Helden Marcus und Jorgo. Und schließlich nicht zu vergessen wegen des Erzählers, der mit seiner lässigen Stimme (Thomas Danneberg) natürlich auf Schnodderdeutsch (Rainer Brandt) in dem Trubel für Ruhe sorgt. Gesehen habe ich den Film wie vor einiger Zeit die „Tigergirls“ in Kreuzberg im Kino Moviemento. Die beiden Mädels liefen mir damals am Kottbusser Damm zwar nicht über den Weg, dafür aber jetzt Jorgo Papasoglou. Genauer gesagt, er stand und ich gesellte mich in Begleitung meiner Schwester zu ihm. Dieses Blind Date, Jorgo ist noch blinder als ich, war von meiner Seite her kein Zufall. Ich wußte, daß er an jenem Abend im Kino sein würde und konnte ihm wie alle Kinobesucher Löcher in den Bauch fragen. Sein Bauch hat das übrigens sehr gut ausgehalten! Die Audiodeskription habe ich leider nicht in die Ohren bekommen, weil der Film nicht auf der Liste der App Greta aufgetaucht ist. Das hole ich mit der DVD nach und bin sehr gespannt, ob die Hörfilmbeschreiber in dem Wortwust überhaupt Lücken zum Beschreiben gefunden haben.

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Hieroglyphensalat

Von schönen Stimmen vorgelesen

Verflixt noch mal… …dachte ich, als mir der auf meinem Rechner installierte Screenreader beim Anklicken des taz-Artikels im Presseecho statt des Textes einen sehr unschönen Hieroglyphensalat vorlas. Meistens tut meine Vorlesesoftware ihren Dienst. Ohne die monotone synthetische Stimme, die die Texte, ohne Luft zu holen, herunterrattert, wäre ich ziemlich aufgeschmissen. Aber einige Dateien im PDF-Format, wie z.B. der besagte Artikel, verschlagen ihr die Sprache oder bringen sie zum Stottern. Deshalb habe ich beschlossen, aus der Not eine Tugend zu machen! Die Texte, bei denen die Technik streikt, lasse ich nach und nach von Profisprechern und -sprecherinnen aus Fleisch und Blut in meinem Blog vorlesen. Das funktioniert nur dank des tollen Engagements von „speaker-search Sprecheragentur und Tonstudio“ und natürlich der Sprecherinnen und Sprecher, die mich bei dieser Aktion unterstützen. „There goes the last human voice” …singen Tom Petty and the Heartbreakers im Refrain ihres Hits “The Last DJ” aus dem Jahr 2002. Ich hoffe dringlichst, daß sich das niemals bewahrheitet, und die menschlichen Stimmen mit ihren vielfältigen Klangfarben nie von den synthetischen verdrängt werden! Hier gibt es jetzt ein wunderschönes Hörbeispiel von Andreas Sparberg, dem ersten Vorleser! Er liest einen Artikel von Christine Stöckel, erschienen am 26.04.2017 in der taz. Und weil’s so schön ist, werden auch einzelne Blogbeiträge zum Sprechen gebracht. Viel Spaß beim Hören!        

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Lukas, schlank, braune Augen, das dunkle Harr kurzgeschnitten, steht auf einer belebten Strasse.

Der erste Gastbeitrag!

Jetzt kommt, wie im letzten Artikel „Eine Schiffsfahrt mal ganz anders“ bereits angekündigt, mein Neffe zu Wort! Lukas ist 24 Jahre alt, studiert in Konstanz und hat mich während des Turnerfests in Berlin besucht. Ganz schnell konnte ich ihn überreden, mich in den Film „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ zu begleiten. Danach haben wir über unser erstes gemeinsames Kinoerlebnis geschrieben. Die Blindgängerin für den Blog wie gewohnt hauptsächlich über den wunderbaren Film. Der Text, den Lukas über unseren Kinobesuch kurze Zeit später auf Facebook veröffentlichte, berührt mich immer wieder aufs Neue, aber lest selbst! „Was meine Tante als Filmkritikerin so besonders macht? Sie erlebt Filme hauptsächlich mit den Ohren statt den Augen, denn sie ist fast blind. Auf ihrem Blog schreibt sie dennoch sehr ausführliche Berichte. Eine Hörbeschreibung, eine sog. Audiodeskription, die sie während dem Film auf ihrem Smartphone abspielt, macht ihr das möglich. Leider gibt es diese nicht für alle Filme. Deshalb hat sie eine gemeinnützige GmbH, die Kinoblindgänger gGmbH, gegründet. Dort sammelt sie Spenden, um die Kosten für eine gute Audiodeskription zu sammeln und diese dann einfach selbst zu finanzieren. Damit ermöglicht sie das Filmerlebnis und den Besuch im Kino mit Freunden für alle Menschen mit Sehbehinderung. Letzte Woche war ich das erste Mal mit meiner Tante im Kino und war erstaunt, wie gut das funktioniert. Einige Unklarheiten der Filmhandlung konnte sie mir im Nachhinein perfekt erklären, obwohl sie den Film mit einem Körpersinn weniger erlebt hat als ich. Im Kino haben wir sozusagen das Gleiche ohne Einschränkung erlebt. Beim Verlassen des Kinos habe ich sie dann gleich mal über die erste Stufe stolpern lassen. Falls ihr selbst eine solche Einschränkung habt oder in eurem Bekanntenkreis Leute mit Sehbehinderung kennt, könnt ihr gerne Werbung für die gGmbH meiner Tante machen. Klar gibt es ebenso Hörbücher, aber man trifft sich ja nicht mit Freunden, um ein Hörbuch anzuhören, sondern geht zusammen ins Kino als gemeinsames Erlebnis oder eben in meiner Generation Netflix & Chill. Die App, die meine Tante benutzt, findet ihr übrigens hier: www.gretaundstarks.de“

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