Blog Blindgaengerin

Eingemischt: Film- und Förderpolitik

Die Blindgängerin hält eine Filmklappe in den Händen. Sie trägt ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck „And Action“. Im Hintergrund das Palais am Funkturm und der Funkturm hell erleuchtet vor dem schwarzen Nachthimmel.

Filmklappe für die Barrierefreiheits-Lolas

Die Klappe halten, geht gar nicht! Deshalb habe ich mir schon das ein oder andere Mal die Zunge verbrannt. Bei Filmklappen ist das etwas anderes. Ich konnte es kaum erwarten, selbige zu halten, um damit nach langer Vorbereitungszeit die Initiative für zwei „Barrierefreiheits-Lolas“ beim Deutschen Filmpreis zu starten. Seit dem 30. Oktober ist diese Initiative der Kinoblindgänger gGmbH online auf http://www.kinoblindgaenger.com Und ganz wichtig: Dort können alle, die möchten, diese Initiative mit ihrer Unterschrift unterstützen! Das mittlerweile vierköpfige Team von Kinoblindgänger hofft auf zahlreiche Nutzung des so einfach wie möglich gehaltenen Unterschriftsformulars!!! Den Anfang machte übrigens Elisabeth Motschmann, die Sprecherin für Kultur und Medien der CDU/CSU-Bundestagsfraktion! Und worum geht es bei der Kampagne noch einmal konkret? Die Kinoblindgänger gGmbH tritt ein für zwei neue Lolas beim Deutschen Filmpreis in den Kategorien „Beste Filmfassung nur für die Augen“ (erweiterte Untertitel) und „Beste Filmfassung nur für die Ohren“ (Audiodeskription) Darüber entscheidet die Kulturstaatsministerin Monika Grütters, an die der offene Brief adressiert ist, den wir natürlich auch auf der Kinoblindgängerseite veröffentlicht haben. Neben dem Brief ist dort eine sehr beeindruckende Liste der Erstunterstützerinnen und -unterstützer zu sehen. Und jetzt seid ihr dran! Jede weitere Unterschrift hilft den „Barrierefreiheits-Lolas“ auf den Weg: Nämlich über den roten Teppich in das Palais am Funkturm in Berlin. Dort werden in jedem Frühjahr die Lolas beim Deutschen Filmpreis vergeben. Also: “Neue Lolas die Erste, Klappe, and Action!”

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Die Blindgängerin in weißer Regenjacke beim Besteigen einer Steintreppe. Es liegt herbstliches Laub auf dem Waldboden. In der rechten hält sie ihren Langstock, in der linken das metallene Geländer. Über ihre Schulter dreht sie sich zur Kamera um.

Dieser Weg wird kein leichter sein!

Ihr wollt heute Abend essen gehen? Mit Eurem Freund, der im Rollstuhl sitzt? Kein Problem, jedes halbwegs neue Restaurant muß einen barrierefreien Zugang haben, dafür sorgt fürsorglich der Gesetzgeber. Ob Käsespätzle, Eisbein mit Sauerkraut, Weißwurst oder Ostseescholle, alles kein Problem! Ach, Ihr wollt heute lieber mal zum Chinesen oder zum Griechen? Euch steht der Sinn nach Spaghetti Carbonara e una Coca-Cola? Tja, dann muß Euer Kumpel zu Hause bleiben, denn für die chinesische, griechische oder italienische Küche gilt das Gesetz natürlich nicht, nur für deutsche Gerichte. Das ist absurd? Ja, ist es! Es stimmt ja auch nicht, die Regel gilt für alle. Jedenfalls im Restaurant, im Kino aber nicht! Das ist genauso absurd, aber da ist es tatsächlich so. Im Kino steht für Menschen mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen nur der deutsche Film auf dem Programm! Die meisten internationalen Filmtitel dagegen rauschen ohne Audiodeskription und Untertitel ungehört und ungesehen an den beiden Zielgruppen vorbei. Das waren im letzten Jahr immerhin 340 der insgesamt 610 in den Kinos gezeigten Filme. Wird eine Filmproduktion mit deutschen Geldern gefördert, muß auch eine barrierefreie Fassung hergestellt werden, also Audiodeskription und Untertitel. Auch an den Kosten hierfür beteiligt sich die Filmförderung. Bei Filmen, die im Ausland ohne deutsche finanzielle Beteiligung gedreht wurden, kommt diese Vorschrift natürlich nicht zum Zuge. Und eine andere, auf diese Fälle zugeschnittene Regelung gibt es nicht. So kommt es zu der absurden Situation, die im kulinarischen Bereich undenkbar wäre. Aktuelle prominente Beispiele für dieses Dilemma sind „La La Land“ „The Salesman“ und „Moonlight“. Aber für Licht im Dunkel sorgt der Verleih Universal Pictures, der seit einigen Jahren seine Filme barrierefrei bereitstellt, 19 Filme in 2016. Großartig ist auch, daß Disney im letzten Herbst nachzog und seitdem seine Filme zugänglich macht (fünf in 2016). Aber für die meisten Verleiher sind die Kosten für eine barrierefreie Fassung (im Schnitt 8.500 Euro pro Film) ein Problem. Zumal für die kostenintensive Synchronisation und die Vermarktung internationaler Filme so gut wie keine Fördergelder vorgesehen sind. Dennoch haben sich vereinzelt auch unabhängige Verleiher wie z.B. Neue Visionen und Piffl Medien mit der Firma Audioskript diesbezüglich engagiert. Und die Kinoblindgänger gGmbH war mit zwei Filmen dabei! Die Bundesrepublik ratifizierte im Februar 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention. Nach Artikel 30 ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am kulturellen Leben, ausdrücklich auch der Zugang zu Filmen, sicherzustellen. Es kann nicht im Sinne dieser Vorschrift sein, den Begriff „Filme“ allein auf „deutsche Filme“ zu beschränken. Da der internationale Film wohl auch in Zukunft sehr stark in den Kinos vertreten sein wird, muß trotz des lobenswerten Engagements aller Beteiligten hier eine grundsätzliche Lösung gefunden werden! Wie wäre es zur Entlastung der Verleiher mit einem unbürokratisch gestalteten Fond? Schon für 3 Millionen Euro pro Jahr könnten bei durchschnittlichen Kosten von 8.500 Euro 350 internationale Filme genießbar für alle gemacht werden. Der Jahresetat des deutschen Filmförderfonds (DFFF) wurde vor kurzem spontan von 75 auf 150 Millionen Euro aufgestockt, das nur so am Rande. Schwieriger wird es wahrscheinlich, eine Institution zu finden, die für den barrierefreien internationalen Film zuständig ist und sich auch fühlt. Das könnte z.B. die Bundesbeauftragte für Medien und Kultur, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Wirtschaftsministerium oder auch die Filmförderungsanstalt (FFA) sein. Und noch eine Hürde gibt es zu nehmen: Was bringt es einem Restaurantbesucher, wenn er sich das leckerste Essen bestellt und das zwar in der Küche zubereitet wird, aber einfach nicht den Weg auf seinen Tisch findet? Nichts, und ganz ähnlich ist die Lage bei vielen barrierefreien Filmfassungen, die im Kinosaal dann doch nicht den Weg in die Ohren und Augen der Kinobesucher finden. Eine Möglichkeit ist es z. B., in allen 4739 Kinosälen entsprechende Techniken zu installieren. Das ist in den vergangenen Jahren in ca. 30 Sälen geschehen. Wieviel wird es kosten, auch die verbleibenden abgerundet 4.700 Leinwände technisch auszustatten? Mindestens 21 Millionen Euro! In letzter Zeit wurde von den Kinobetreibern das System CinemaConnect favorisiert. Dieses basiert auf einer App, es muß aber auch in jedem Kinosaal eine ca. 5.000 Euro teure Hardware installiert werden. Ich habe sicherheitshalber nur 4.500 Euro veranschlagt und komme bei 4700 Leinwänden auf etwas über 21 Millionen Euro. Dieser Betrag käme je zur Hälfte auf die Kinobetreiber und die FFA und etwaige andere Förderer zu. Die FFA bevorzugt den Weg über die technische Ausstattung aller Kinos. Ob das klappt und wie lange sich dieser Prozeß hinzieht, bleibt abzuwarten. Den viel kürzeren und dabei auch viel preiswerteren Weg über die seit mehr als drei Jahren funktionierende App Greta und Starks zieht die Filmförderungsanstalt leider nicht in Betracht. Viel kürzer ist der Weg, weil die App Greta und Starks keine technische Ausstattung benötigt. Sie funktioniert überall dort, wo eine Leinwand ist, und die sind ja nun schon mal da! Man nimmt die Audiodeskription/ Untertitel für den ausgesuchten Film auf seinem Smartphone wie den obligatorischen Popcornbecher einfach mit ins Kino seiner Wahl. Für jährlich 300.000 Euro könnten mit dieser Lösung ca. 270 barrierefreie Filme für die Zielgruppen überall erlebbar gemacht werden. 21 Millionen Euro (Ausstattung für die Kinos) geteilt durch 300.000 Euro (jährlicher Bedarf für die App Greta und Starks) ergibt 70 Jahre barrierefreie Filme in allen Kinos. Diese vereinfachte Rechnung soll aufzeigen, daß die Lösung über die App Greta und Starks unbedingt in die Überlegungen einfließen muß, wie es mit dem barrierefreien Film weitergeht! Bei der App Greta und Starks werden die Verleiher zur Kasse gebeten. Pro Film, den sie so verfügbar machen, fällt eine Gebühr zwischen 1.000 und 1.500 Euro an. Wenn jeder Kinobetreiber bei der Ausstattung seiner Leinwände bis zu 50 % gefördert wird, sollte das auch für jeden Verleiher gelten, unabhängig davon, ob er bereits Verleihförderung bekommt. Abschließend noch ein paar Argumente, die für das eine oder andere System sprechen: CinemaConnect kann auch noch Hörunterstützung und Mehrsprachigkeit! Aber: Die Technik ist teuer und erfordert Wartung. Und jede Hardware gilt bekanntlich schnell als veraltet. Die Investition der erforderlichen 21 Millionen Euro in die reine Technik ändert nichts am Programmangebot: Weiterhin werden weniger als 50 % der Filme barrierefrei, also für jeden, zu erleben

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Die Blindgängerin sitzt wie auf einem Pferd. Eine karierte Decke über einem Möbelstück als Sattel, den Langstock hält sie wie eine Reitgerte. Kopf und Hals des Pferdes bestehen aus einem übergroßen Paragraphen, um den die Blindgängerin ein Seil wie Zügel straff spannt.

Zwischendurch mal als Paragraphenreiterin unterwegs!

Der Mai macht alles neu. Es grünt so grün und es liegt was in der Luft! Aber auch im Januar, wenn die Tristesse von fifty shades of grey die Farbpalette bestimmt, bleibt nicht alles beim Alten. Für reichlich Abwechslung sorgen diverse neue gesetzliche Vorschriften, die am ersten Tag des kalten Monats in Kraft treten. Neu gemacht hat dieser Januar wieder einmal das Filmförderungsgesetz! Den Anfang macht im Kino der Vorspann und zu Ende ist ein Film immer erst am Schluß des Abspanns. An diesen Plätzen werden die Förderer eines Films aufgeführt. Bei deutschen Filmen erscheinen sehr häufig dort die drei Buchstaben „FFA“ für „Filmförderungsanstalt“ auf der Leinwand. Die quasi Daseinsberechtigung und Arbeitsgrundlage der FFA ist das Gesetz über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films, kurz das Filmförderungsgesetz, ganz kurz das FFG. Beide haben die schöne Aufgabe, dem deutschen Film auf die Beine zu helfen, der Anfang der 60er Jahre zu schwächeln begann. Sie starteten die „Mission Possible“ vor 49 Jahren mit dem ersten Filmförderungsgesetz vom Dezember 1967. Seitdem wird das Gesetz regelmäßig aktualisiert. Neu gemacht hat der Januar zum Beispiel den § 47 FFG über die barrierefreie Fassung. Mal schauen, was sich damit ändert! Der erste riesige Schritt wurde vor knapp vier Jahren im Mai bzw. August 2013 getan. Seitdem gilt der Grundsatz: Barrierefreiheit für den deutschen Film! Wer von der FFA Fördergelder für die Produktion eines Films erhält, ist zur Herstellung einer Audiodeskription und von Untertiteln für Hörgeschädigte verpflichtet. So verlangte es § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 7 FFG. Die anderen öffentlich-rechtlichen Förderer haben vergleichbare Regelungen übernommen. Weil fast alle deutschen Filme aus einem dieser Fördertöpfe Gelder erhalten, gibt es inzwischen auch für fast alle deutschen Filme eine Audiodeskription und Untertitel. Das ist super! Im neuen § 47 Absatz 1 Satz 1 wird die bisherige Regelung im Prinzip wiederholt. Neu ist aber, daß die Audiodeskriptionen und Untertitel nicht wie bisher irgendwann, sondern pünktlich zum Kinostart hergestellt werden. Diese zeitliche Klarstellung ist auch super! Nicht geregelt war in dem alten Gesetz, wie Sehbehinderte und Hörgeschädigte im Kinosaal auch tatsächlich die Audiodeskription in die Ohren und die Untertitel vor die Augen bekommen. Dieser Thematik nimmt sich der brandneue Satz 2 des § 47 an, der da lautet: „Förderhilfen für Kinos und für den Absatz von Filmen dürfen nur gewährt werden, wenn barrierefreie Fassungen in geeigneter Weise und in angemessenem Maße zugänglich gemacht werden.“ Hier hilft der Blick ins Gesetz zum Verständnis der Rechtslage nicht viel weiter. Die sehr allgemein gehaltene Vorschrift muß erst einmal alltagstauglich gemacht werden und mit dieser Aufgabe ist die FFA betraut. Sie wird in Abstimmung mit Fachleuten auf dem Gebiet der benötigten Technik und Interessenvertretern von Menschen mit Hör- und Sehbehinderungen möglichst konkrete Vorgaben erarbeiten. Mit den Begriffen „geeignet“ und „angemessen“ stellt der Gesetzgeber klar, daß die FFA sich dabei an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu halten hat, also eine Interessenabwägung vornehmen muß. Zu klären ist, wie einerseits die Zielgruppen in den Genuß der barrierefreien Fassungen kommen, ohne andererseits die Kinos und Verleiher zu überfordern. Erst wenn das geschehen ist, wird sich zeigen, was sich mit dem neuen § 47 FFG tatsächlich ändert. Stattet ein Kinobetreiber seine Säle mit einer Technik aus, um barrierefreie Fassungen zugänglich zu machen, kann er seit 2014 von der FFA für die Hälfte der Kosten Fördermittel beantragen. Ich weiß von bundesweit ganzen sechs oder sieben Kinos, die in den letzten drei Jahren diese Möglichkeit nutzten, um ihre Säle mit der Technik von Sennheiser, dem CinemaConnect auszurüsten. Macht ein Verleiher die barrierefreie Fassung seines Films über die App Greta und Starks verfügbar, sind auch hier 50 % der Kosten über die Verleihförderung förderfähig. Ob mit oder ohne Verleihförderung, auf der Liste der App sind im Lauf der letzten drei Jahre die barrierefreien Fassungen für mehr als 180 Filme zusammengekommen. Die Audiodeskription und Untertitel kann man dann mit seinem Smartphone in das Kino seiner Wahl einfach mitnehmen, unabhängig von dessen technischer Ausstattung. Diese Arten der Kino- und Verleihförderung gibt es auch weiterhin. Die Apps CinemaConnect und Greta und Starks sind zur Zeit die technisch aktuellsten Systeme auf dem Markt und haben ihre Vorgänger abgehängt. So sieht das auch die FFA, die sich neutral verhalten muß und keine der beiden Lösungen bevorzugen darf. Die Branche, also die Kinos und Verleiher, sollen darüber entscheiden, meint die FFA. Mir würde gut gefallen, wenn beide gemeinsam an einem Strang zögen. Aber wie soll das bei den beiden Lösungen funktionieren, deren einzige Gemeinsamkeit ist, daß sie auf Apps basieren? Während die Ausstattung der Kinosäle mit der nötigen Technik für CinemaConnect die Bereitschaft der Kinobetreiber voraussetzt, liegt die Bereitstellung per Greta und Starks in der Entscheidung der Filmverleiher. Es ist, als ob man versucht, ein Pferd gleichzeitig von vorne und hinten aufzuzäumen. Es ist aber anzunehmen, daß auch Vertreter beider Apps bei der Erarbeitung der rechtlichen Vorgaben durch die FFA beteiligt werden. Viel zu selten werden die Zielgruppen gefragt, und damit meine ich nicht die Verbände, sondern den einzelnen Kinogänger. Daß ich die App Greta und Starks bevorzuge, ist allgemein bekannt. Jedes technisch ausgerüstete Kino ist ein gutes Kino. Aber bis das für alle weit über 4.500 Leinwände erreicht ist, führt meiner Meinung nach an der App kein Weg vorbei. Sie macht ihren Job flexibel, ist überall einsatzbereit und wird regelmäßig mit Updates aktualisiert. Leider nicht in den Zuständigkeitsbereich des Filmförderungsgesetzes fällt der internationale Film, weil in diesem naturgemäß keine deutschen Fördergelder stecken. Das bedeutet, die die deutschen Kinos dominierenden ausländischen Filmproduktionen sind per se nicht barrierefrei. Vorletztes Jahr waren das 370 der insgesamt 596 Neustarts. Nur dank des vorbildlichen Engagements einzelner Verleiher rauschten und rauschen nicht all diese Filme ungehört und ungesehen an den Zielgruppen vorbei. Auch die Kinoblindgänger gGmbH gibt ihr Bestes, die Liste der erlebbaren Filme ein bißchen aufzustocken. Das sind allerdings nur sehr kleine Tröpfchen auf einen sehr heißen Stein. Um die Filmförderung zu finanzieren, müssen unter anderem die Kinobetreiber einen Teil ihres Jahresumsatzes an die FFA abführen. Den Löwenanteil, meistens bis zu zwei Drittel der Einnahmen, spielt der internationale Film ein, der

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Lola

Die Lola zählt mittlerweile 17 Jahr, hat kein blondes Haar und auch keines in einer anderen Couleur. Auch wenn sie welches hätte, wäre für sie ein graues Haar kein Thema. Ebenso wenig braucht sie sich über das ein oder andere Fältchen oder ihre schlanke Linie Gedanken zu machen. So ist das, wenn man als 30 cm große und ca. 3,5 Kilo schwere heiß begehrte Trophäe des Deutschen Filmpreises Jahr für Jahr eine hervorragende Figur macht. Vor ihrer Zeit überreichte man den Preisträgern ein Filmband in Gold oder Silber. Dieses Motiv griff die in New York lebende Designerin Mechthild Schmidt auf. Zuerst entwickelte sie die Statuette der Lola, um sie dann zu umwickeln. Sie umhüllte deren zweifelsfrei weibliche Reize mit einem stilisierten güldenen Filmband. Damit ist eine Irreführung über das Geschlecht der Lola wie in dem gleichnamigen Song der Kinks aus den 70er Jahren ausgeschlossen. Der erste Einsatz der Lola beim Deutschen Filmpreis von 1999 war schon deshalb spektakulär, weil sie der jüngsten ihrer drei Namensgeberinnen gleich achtmal in die Hände fiel. Das war „Lola rennt“ mit Franka Potente. Die beiden anderen Lolas spielten Barbara Sukowa in Rainer Werner Fassbinders Film „Lola“ und Greta Garbo in „Der blaue Engel“. Beim ersten Deutschen Filmpreis 1951, schon sechs Jahre nach Kriegsende, hieß der eine große Gewinner „Das doppelte Lottchen“ nach dem Buch von Erich Kästner. Wenn die Nominierungen und Kategorien damals auch noch sehr übersichtlich waren, ging‘s von da an in jeder Hinsicht stets bergauf. Dieses Jahr wetteiferten beim Deutschen Filmpreis am 27. Mai im Palais am Funkturm 19 Filme in 19 Kategorien um die Lola. Neben dem Prestige locken zusätzlich nicht zu verachtende Preisgelder. Die Bundesregierung, vertreten durch ihre Beauftragte für Kultur und Medien, ließ sich die Lolas dieses Mal ca. 3 Millionen Euro kosten. In der Kategorie „Bester Spielfilm“ sind jedem der sechs Filme bereits mit seiner Nominierung 250.000 Euro sicher. Aber die Gelder sind zweckgebunden. Sie müssen in neue Filmprojekte investiert werden und kommen also irgendwann dem Kinobesucher zugute. Die Preisträger werden in einem sehr transparenten und demokratischen Verfahren von den 1.800 Mitgliedern der Deutschen Filmakademie e. V. gewählt. Und jetzt ein Satz mit zwei X! Die Filmakademie zeichnete dieses Jahr den Mitbegründer der X Filme Creative Pool und des X Verleihs mit dem von ihr gestifteten und undotierten Bernd Eichinger Preis aus. Damit ehrt sie Stefan Arndt für seinen langjährigen maßgeblichen Beitrag zur Kinokultur im Sinne des 2012 verstorbenen Namenpatrons des Preises. Der kleinste gemeinsame Nenner der diesjährigen 19 nominierten Filme inklusive der Kinder- und Dokumentarfilme ist, daß für jeden Film eine barrierefreie Filmfassung erstellt wurde. Jetzt noch ein Satz mit einem X: Bei immerhin neun dieser Filme und dem Publikumspreisträger „Fack ju Göhte 2“ bekommen die Zielgruppen mit der App Greta und Starks in wirklich jedem x-beliebigen Kino die Audiodeskription und Untertitel auch tatsächlich ins Ohr oder vors Auge. Das ist nur dank des außerordentlichen Engagements des jeweiligen Verleihs möglich. Dazu gehört zum Beispiel der X Verleih, der all seine deutschen Filme auf diese Weise für Blinde und Gehörlose im Kinosaal erlebbar macht. Trotzdem, liebe Filmverleiher: Neun von 19, da geht noch was! Allerdings hatte auch die Filmakademie den Punkt „barrierefreie Filmfassung“ und deren Zugänglichkeit bei ihrer Entscheidung wahrscheinlich eher nicht auf dem Schirm. Um diesem in der Filmbranche nicht selten vorherrschenden Phänomen entgegenzuwirken, plädiere ich für eine weitere Kategorie beim Deutschen Filmpreis, nämlich eine „BARRIEREFREIE LOLA“, eine Auszeichnung für die beste barrierefreie Filmfassung. Die Erstellung von Audiodeskriptionen und Untertiteln mit einem qualitativ hohen Niveau ist sehr arbeitsintensiv. Diese spezielle Kunstform sollte auch beim Deutschen Filmpreis entsprechend gewürdigt werden. Der DBSV (Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband) tut das als Vorreiter bezüglich der Audiodeskription im Rahmen des von ihm veranstalteten Deutschen Hörfilmpreises bereits seit 14 Jahren. Für die Untertitel für Gehörlose scheint es keine vergleichbare Veranstaltung zu geben. Immer, wenn es um die Auszeichnung von Filmen geht, sollte auch die barrierefreie Filmfassung als gleichberechtigter Partner mit einbezogen werden, um diese von ihrem Image als notwendiges Anhängsel zu befreien, ja genau!!! Nach der Vorstellung Mechthild Schmidts soll die Figur der Lola Inspiration und Muse, aber auch Dynamik und Wandel verkörpern. Nächstes Jahr feiert die Lola ihren 18. Geburtstag und wird damit volljährig. Dann darf und sollte sie auch mehr Verantwortung tragen. Ich lege das Schicksal einer barrierefreien Lola vertrauensvoll in ihre goldenen Hände!

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Jetzt wird’s ernst!

Die Verträge sind gemacht und es wurde viel gelacht. Und was Süßes zum Dessert, Freiheit, Freiheit Die Kapelle, Rum-ta-ta und der Papst war auch schon da… Wer hat ihn nicht mehr im Ohr, den Song „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen! Neben „Wind of Change“ von den Scorpions gehörte das Lied zu den bekanntesten Wiedervereinigungshymnen deutscher Musiker. Ernst wird es jetzt, weil vor drei Wochen ein anderer Vertrag gemacht wurde, bei dem auch gelacht wurde. Allerdings gab es nix Süßes, kein Rum-ta-ta, und der Papst hat sich auch nicht blicken lassen. Die Tinte ist trocken und endlich darf ich mein Projekt vorstellen, und zwar die Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH Bei der Beurkundung saß neben dem sehr sympathischen Notar ein guter langjähriger Freund mit am Tisch. Wegen meiner Sehbehinderung sollte Andreas als Zeuge darüber wachen, daß alles mit rechten Dingen zugeht. Als Gesellschafter habe zum einen ich meinen „Fliegenklecks“ auf die Urkunde plaziert, zum anderen hat derjenige mit seiner wie gemalten Unterschrift den Vertrag besiegelt, der auf dem Foto nicht zu sehen ist, weil er selbiges geschossen hat. Und warum das alles? Letztes Jahr brachte ich den Film „Kartoffelsalat – Nicht fragen!“ wenigstens für die DVD barrierefrei auf den Tisch. Damit wollte ich es nicht bewenden lassen. Das wäre auch nicht nur unter ernährungstechnischen Aspekten zu einseitig und langweilig. Noch einmal leihe ich mir das schöne Zitat, daß das Kino ein Fenster zur Welt sei. Viele kleinere ausländische Filmproduktionen ermöglichten mir im letzten Jahr einen Blick durch dieses Fenster in hochinteressante fremde Welten (z.B. nach Äthiopien mit dem „Mädchen Hirut“). Allerdings waren bei all diesen Filmen meine Sichtverhältnisse ohne akustische Bildbeschreibung sehr eingeschränkt. Es war sozusagen eine Jalousie vor dem Fenster. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit wird es sein, für solche Filme die Jalousie für die Kinoblindgänger des ganzen Landes so oft wie möglich und rechtzeitig zum Kinostart hochzuziehen, also für eine Hörfilmbeschreibung zu sorgen. Jetzt könnte die Frage auftauchen, warum ausgerechnet ich mich darum kümmere und nicht die Filmbranche! Unter den Verleihern, die die Filme einkaufen und in die Kinos bringen, gibt es wie überall die Riesen, das Mittelfeld und die Kleinen bis ganz Kleinen. Für die Erstellung einer Audiodeskription fallen mal eben mehrere Tausend Euro an, die die kleinen Verleiher jedenfalls nicht für jeden ihrer Filme stemmen können. Bei den ersten beiden Gruppen beschränke ich mich allerdings auf das Sensibilisieren für das Thema durch regelmäßiges telefonisches Nachfragen und Nachhaken. Und wie soll das gehen? Funktionieren kann das nur in einer sehr freundlichen und engen Zusammenarbeit mit den entsprechenden Filmverleihern, den zahlreichen Autoren von Hörfilmbeschreibungen und den Tonstudios. Die wissen allerdings noch nichts von ihrem Glück! Und wer bezahlt das alles? Beim „Kartoffelsalat“ habe ich die Finanzierung privat auf die Beine gestellt, aber das kann leider nur eine Ausnahme bleiben. Meine erste Aufgabe wird es also sein, Spenden- und Sponsorengelder aufzutreiben. Für nützliche Tipps bin ich übrigens immer sehr dankbar! Sowohl der mit der schönen Unterschrift als auch ich sind Geschäftsführer und werden uns beide keine Gehälter auszahlen. Bis auf wenige kleinere Auslagen wie z. B. Telefonkosten, die Kosten für die Jahresabschlüsse und mal eine Fahrt mit dem Taxi werden die eingesammelten Gelder ausschließlich der Sache zugutekommen. Die Kinoblindgänger gGmbH hat auch das Glück, sich in bereits vorhandene und gut organisierte Bürostrukturen einnisten zu können. Die Satzung der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH wird in Kürze auf dieser Seite für jeden Interessierten einzusehen sein. Irgendwie sitzen die Kinoblindgänger und diejenigen, die Filme nur mit ihren Augen verfolgen können, im Kinosaal in einem Boot. Aus diesem Grund möchte ich neben der Audiodeskription auch die Untertitel für Gehörlose ins Kino bringen. Daß beides immer über die Apps von Greta und Starks im Kinosaal verfügbar sein wird, versteht sich von selbst. Wie gewohnt werde ich auch weiterhin regelmäßig meine Kinoerlebnisse bei der Blindgängerin veröffentlichen, vielleicht brauche ich manchmal einen Tag länger Zeit. Und jetzt mache ich ernst und mich an die Arbeit!

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Barrierefreier Kartoffelsalat

„Kartoffelsalat – Nicht fragen!“ kommt rechtzeitig zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember barrierefrei auf den Tisch. Wie das geht, möchte ich ungefragt beantworten. Der von und mit Youtubern zubereitete Film, der im Sommer in die Kinos kam, wurde ohne staatliche Fördermittel rein privat produziert. Damit waren seine Macher gesetzlich nicht verpflichtet, eine barrierefreie Filmfassung zu liefern. Dem Salat fehlten so zwei wichtige Zutaten: Die Audiodeskription für Blinde und Sehbehinderte sowie die Untertitel für Gehörlose. Den Kartoffelsalat habe ich mir bereits im Sommer zu Gemüte geführt. Wie gut er mir bekommen ist, kann in meinem Artikel unter https://www.blindgaengerin.com/kartoffelsalat-nicht-fragen nachgelesen werden (im Archiv: August 2015). Die zwei fehlenden Zutaten aber haben mir keine Ruhe gelassen und ich habe beschlossen, den Salat wenigstens für die DVD für alle seh- und hörbar aufzupeppen! Auch die Leute vom Filmverleih Take25 Pictures und vom Vertrieb der DVD, 20th Century Fox, ließen sich sofort auf den Geschmack bringen. Freundlich unterstützt von der Blindgängerin wetzten schließlich die Teams für die Hörfilmbeschreibung und die Untertitelung von der Eurotape Media Services GmbH die Messer. Sie ergänzten für die einen den Salat mit der Beschreibung der Bilder und für die anderen die gesprochenen Worte mit Schrift. Perfekt abgerundet hat den Salat die Stimme der Sprecherin Nadja Schulz-Berlinghoff von der speaker-search Sprecheragentur & Tonstudio GmbH. Die stillen Genießer können sich die Audiodeskription natürlich über die App von Greta und Starks ins Ohr flüstern lassen oder die Untertitel auf ihrem Display ganz für sich alleine lesen, ohne mit den Mitessern auf der heimatlichen Couch teilen zu müssen oder diese zu stören. Jetzt haben wirklich alle den Salat! Wohl bekomm‘s!

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Offener Brief an den Runden Tisch der Filmförderungsanstalt (am 29.05.2015)

Guten Tag! Mit diesem offenen Brief wende ich mich an all diejenigen, die, eingeladen von der Filmförderungsanstalt FFA zu einem Runden Tisch, an demselben Platz genommen haben. Seitdem jeder mit Geldern der FFA geförderte Film per Gesetz mit einer barrierefreien Fassung ausgestattet sein muß, haben viele Neuanbieter diesen Markt für sich entdeckt. Diejenigen Hörfilmbeschreiber, die mit viel Sorgfalt und damit viel Zeit und immer mit einem entsprechend ausgebildeten Blinden arbeiten, können bei dem herrschenden Preiskampf nicht mithalten. Um auch in Zukunft qualitativ hochwertige Audiodeskriptionen/ Untertitel zu gewährleisten, soll sich die Expertenrunde unter anderem auf Standards einigen, die beim Erstellen der barrierefreien Fassungen eingehalten werden müssen. Des Weiteren soll es darum gehen, wie die barrierefreien Filmfassungen im Kinosaal in die Ohren bzw. vor die Augen der jeweiligen Zielgruppe kommen. Bislang ist der Löwenanteil der teuer erstellten barrierefreien Filmfassungen für den Kinobesucher nicht zugänglich und bleibt im Verborgenen. Das Geld wurde umsonst ausgegeben, weil so gut wie kein Kinosaal über die nötige Wiedergabetechnik verfügt. Ein barrierefreier Kinobesuch ist aber immer möglich, wenn die Hörfilmbeschreibung und die Untertitel über die App von Greta und Starks verfügbar sind. Ob das geschieht, hängt vom jeweiligen Filmverleiher ab. Die Liste der Filmtitel auf der App von Greta und Starks ist zwar schon beachtlich, aber leider scheuen noch viele Filmverleiher diesen letzten und vergleichsweise kleinen Schritt oder gehen ihn nur bei einigen ausgewählten Filmen. Ich glaube, hier besteht auch Unsicherheit darüber, inwieweit dies noch förderfähig ist oder nicht. Wegen dieser mißlichen Situation hatte ich vor einigen Wochen bei der FFA nachgefragt und so zufällig von dem Runden Tisch am 29.05.2015 erfahren. Vertreten sind die Firmen Sennheiser und Arri, die beide die Kinosäle mit ihrer eigens entwickelten Technik ausrüsten wollen. Erfreulicherweise wurde kurzfristig auch noch das Team von Greta und Starks eingeladen. Da aber die eigentlichen Zielgruppen meines Wissens nach nicht dabei sein können, wende ich mich nun als www.blindgaengerin.com an die Runde und gebe Folgendes zu bedenken: Solange es kein wirklich flächendeckendes mit der entsprechenden Technik ausgerüstetes Netz von Kinos gibt, führt an der App von Greta und Starks kein Weg vorbei. Inklusion heißt jedenfalls nicht, vor jedem Kinobesuch zu überprüfen, ob der Film in einem entsprechend ausgerüsteten Kino gezeigt wird. Was, wenn nicht, oder wenn der Film kurzfristig in einem anderen Saal gezeigt wird? So hat das übrigens auch die Grünenpolitikerin und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth klipp und klar erklärt, als sie den Hörfilmpreis an das Team von Greta und Starks übergab. Ich hoffe, ein bißchen Gehör zu finden, und verbleibe mit erwartungsvollen Grüßen Die Blindgängerin Barbara Fickert

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