Blog Blindgaengerin

Gesehen gehört

Als wir träumten

Der Film lief als offizieller Wettbewerbsbeitrag bei der gerade vergangenen Berlinale. Der Traum, einen Bären zu ergattern, ist leider nicht in Erfüllung gegangen. Letzte Woche war der reguläre Kinostart. Während der Festspiele wurde der Film als einer von dreien mit einer live eingesprochenen Audiodeskription gezeigt. Diese Vorstellung habe ich allerdings verpaßt. Schade ist, daß wieder einmal eine doch schon vorhandene Audiodeskription nicht über die App von Greta verfügbar ist und damit kaum gehört irgendwo rumschmort. Also habe ich völlig unbegleitet versucht, so viel wie möglich von dem Geschehen auf der Leinwand mitzubekommen. Geholfen hat mir Dani in seiner Funktion als Erzähler. Er ist einer der Jungs, die sich in Leipzig kurz nach der Wende orientierungslos herumtreiben und getrieben werden. Oft sitzen die 15- bis 16-jährigen in irgendwelchen Kellern und schmieden Pläne über die Gründung eines Technoclubs. Dabei fließt sehr viel Alkohol, es wird natürlich ständig geraucht, und auch Drogen sind im Spiel. Autos knacken ist fester Bestandteil der Freizeitgestaltung und Freizeit scheint reichlich vorhanden zu sein. Die Schule kommt eindeutig zu kurz und der Einfluß der Erziehungsberechtigten ist nicht der Rede wert. Jedenfalls geht ständig etwas zu Bruch, oft ist das Geräusch von berstendem Glas und Metall zu hören. Gelegentlich ist wohl auch das ein oder andere Nasenbein darunter, den zahlreichen Prügeleien geschuldet. Als nach einigen Anlaufschwierigkeiten der Traum vom Technoclub verwirklicht scheint, schlägt die Mißgunst gnadenlos zu. Glatzköpfige Schlägertypen machen den Clubgründern und ihrem Glauben an die Marktwirtschaft das Leben schwer. Irgendwie geht einfach alles schief, natürlich auch in der Liebe. Wie unkompliziert war dagegen die Welt gerade zwei Jahre zuvor, wenn auch nur noch für kurze Zeit. In den Rückblenden sind die Jungs als 13-jährige Schüler fest eingeschlossen in dem Schul- und Freizeitsystem der DDR zu sehen, wohlbehütet als Pioniere. Einer der Jungs bekommt mächtig Schwierigkeiten, weil er sich weigert, einen Text über die glorreiche Sowjetarmee zu lesen. Bei der Lehrerschaft ist schon die erste Nervosität wegen der wöchentlichen Montagsdemonstrationen zu spüren. Mit einer lächerlichen Begründung warnt sie ihre Schüler, daran teilzunehmen. Aber auch die Lehrer waren ja nur ein Rädchen im Getriebe. Der Film mit seinen von den Darstellern toll gespielten Figuren hat jedenfalls die Situation Jugendlicher und ihre Gefühle kurz nach der Wende glaubhaft gezeigt. Obwohl der Film in Leipzig spielt: Gesäggselt wurde leider so gud wie nie, warum eigentlich nicht? Grundlage für das Drehbuch war das gleichnamige Buch von Clemens Meyer. Trotz höchster Aufmerksamkeit im Kinosaal gebe ich aber keine Garantie, das Geschehen auf der Leinwand richtig wiedergegeben zu haben. Als nächstes geht’s mit Samba, der Mädchenbande und den Béliers nach Frankreich, ich freu mich schon!

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Whiplash

Rhythmus im Allgemeinen und das Instrument Schlagzeug im Besonderen fasziniert mich so lange ich denken kann. Ein Schlagzeugset besteht meistens aus sieben verschiedenen Trommeln und Becken. Trotz meines ganz gut ausgeprägten Rhythmusgefühls ist es mir bei meinen Versuchen an diesem Instrument nicht gelungen, mit dem Fuß und jeweils der rechten wie linken Hand verschiedene Tempi zu spielen. Jemals mit den Sticks im richtigen Moment die richtigen Teile zu treffen, die ja auf eine Fläche von 2 m² verteilt sind, schien mir aussichtslos. Da lag es nahe, mich für Percussion, also Djembé, Conga und Pandeiro zu entscheiden. Bei allen drei Instrumenten hat man mit den Händen direkten Kontakt zum Fell. An der Faszination, die das Schlagzeug auf mich ausübt, hat sich jedoch bis heute nichts geändert, also mußte ich mir den Film „Whiplash“ unbedingt anschauen! Mein Begleiter Andreas Pasche, sowohl ein Freund als auch ein seit 30 Jahren passionierter Schlagzeuger, hat mich mangels einer Hörfilmbeschreibung ins Bild gesetzt. Mit einer von ihm gegründeten Band spielt er Latin Jazz, in einer Bigband namens Kameleon Percussion und aushilfsweise das Schlagzeug. Ich hatte also auch noch einen Fachmann an meiner Seite. Das US-amerikanische Musikfilmdrama spielt in dem fiktiven Shaffer Conservatory of Music in New York. Mr. Fletcher ist der Leiter der schuleigenen Jazzband und entscheidet über Gedeih und Verderb der Mitspieler der Bigband. Als er den Schlagzeugschüler Andrew beim Üben überrascht, hält er den Daumen hoch und Andrew darf sich ab sofort mit den beiden anderen Drummern um die Gunst des Leiters bemühen. Die Atmosphäre bei den Proben erinnert an den Drill auf einem Militärübungsplatz. Fletcher bellt einen Songtitel in den Raum und die Spieler haben eigentlich gar keine Zeit, die entsprechenden Noten aufzuschlagen. Zu hören ist ein Geräusch, als ob 100.000 Blätter durcheinanderwirbeln. Dann bellt er eine Taktzahl nach der anderen und zählt nur sehr knapp vor, was es fast unmöglich macht, im vorgezählten Tempo einzusteigen. Zwischendurch pickt er sich einzelne Spieler heraus, um diese vor versammelter Mannschaft bloßzustellen und zu demütigen. Jedes Instrument ist mehrfach besetzt und wer gerade die erste Geige spielen darf, hat weniger mit den spielerischen Qualitäten zu tun, sondern eher mit Willkür. Der Wortschatz des Leiters ist grundsätzlich unterhalb der Gürtellinie und ich wage zu bezweifeln, daß das der Realität an den amerikanischen Konservatorien entspricht. Bekannt ist allerdings, daß dort ein rauher Ton herrscht und den Schülern ungemein viel abverlangt wird. Als Idol erwähnt Fletcher den Jazzschlagzeuger und Bandleader Buddy Rich, diesem wird ein ähnlicher Führungsstil nachgesagt. Andrew ist vom Ehrgeiz zerfressen und um seinem Lehrer zu gefallen, trommelt er sich besessen mit zusammengebissenen Zähnen die Hände blutig. Als ich von den „blutigen Händen“ in Filmkritiken hörte, habe ich mich sofort gefragt, wie das überhaupt funktionieren kann. Die Sticks liegen locker zwischen den Fingern, bei Anfängern kann es allenfalls zu Schwielen oder einer Blase kommen. Sowohl der Fachmann als auch mein Percussionlehrer haben das als rein filmdramaturgisches Mittel abgetan. Mein Begleiter hat das Aufzeigen des Weges vermißt, wie Andrew sein Spiel nach und nach verbessert, bis er bei dem Abschlußsolo brilliert. Aber das wäre wohl nicht spektakulär genug gewesen! Sehr viel geübt haben muß auch der Schauspieler Miles Teller, der Darsteller des Andrew. Bis auf das grandiose finale Trommelsolo hat er sich nicht doubeln lassen und seine Sache wirklich gut gemacht. Jetzt komme ich zum Schluß und da war ein phänomenal gut und wahnwitzig schnell gespieltes Solo des Schlagzeugers Andrew. Zu sehen sind laut Erklärung meines Begleiters entpersonalisierte Hände. Wem auch immer diese Hände gehören, ein kaum endendes Solo in der Geschwindigkeit von 400 Beats per minute präzise zu spielen, ist eine außergewöhnliche Leistung!!! Die am häufigsten gespielten Titel sind „Caravan“ und natürlich „Whiplash“! J.K. Simmons erhielt einen Oscar als bester Nebendarsteller für die Rolle des Fletcher. Ich als Ohrenmensch hätte mir einen Oscar für die Filmmusik gewünscht.

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Traumfrauen

Was macht Frauen eigentlich zu Traumfrauen, ein Traum, und wenn ja, was wird da geträumt? Wer träumt diesen Traum, die Traumfrauen oder diejenigen, die sich eine Traumfrau wünschen? Wollen Frauen überhaupt Traumfrauen sein oder als solche begehrt werden, und will der andere Part überhaupt eine Traumfrau? So viele unbeantwortete Fragen! Ich hab gegoogelt: „Ein Traum wird als eine besondere Form des Erlebens im Schlaf charakterisiert, das häufig von lebhaften Bildern begleitet und mit intensiven Gefühlen verbunden ist“. Der Traum „is a form of madness“, eine Form von Wahnsinn, das klingt dann schon eher nach einem Alptraum. Ob sie nun Traumfrauen sind oder nicht, ist in dem gleichnamigen Film nicht so wichtig, jedenfalls sind sie knallhart real! Das Traumfrauenquartett setzt sich zusammen aus Vivienne, den Schwestern Leni und Hanna und deren attraktiver Mutter Margaux, toll gespielt von Iris Berben. Alle vier, auf verschiedene Weise enttäuscht von der Männerwelt, versuchen – jede auf ihre Art – aus dieser Misere des Alleinseins herauszukommen. Das ist sehr oft sehr komisch und das gilt auch für die zahlreich auftretenden Männer. Ob diese nun Traummänner sind oder nicht, sei dahingestellt. Und liegt wohl im Auge des Betrachters. Die alltäglichen kleineren und größeren Katastrophen geschehen in Berlins Mitte, Kreuzberg und dem gediegenen Bezirk Grunewald mit seinem bekannten Tennisclub. Eine der neuen männlichen Errungenschaften ist der nicht zu googelnde Hundeliebhaber Peter Müller. Gutmütig wie er ist, hat er viele Hunde in allen Größen, Farben und Altersgruppen aus dem Tierheim gerettet. Nachdem sich einige vermehrt haben, zählt er jetzt über 20 Tiere sein eigen. Der Berliner Senat hat vor kurzem einen Leinenzwang und die Pflicht zum Mitführen von Tüten beschlossen. Da braucht Herr Müller ganz schön viele Arme und Hände! Mit dem Mut der Verzweiflung versucht die von ihrem Gatten abgeschobene Margaux, sich mit der Technik des Smartphones und eines Computers anzufreunden. Nachdem sie ihren Rechner zum Abstürzen gebracht hat und die Töchter wieder alles richten müssen, meint sie immer wieder „Ich hab gar nichts gemacht“! Das kam mir sehr bekannt vor… Diesmal war ich mit einer Freundin im Kino Cineplex Spandau, quasi vor meiner Haustür. Danach gab’s dann erst einmal einen Prosecco. Es hatten sich auch gar nicht so wenige Männer unter das Publikum gemischt. Die drei jungen Frauen haben doch für ganz schön viel Hektik im Film gesorgt. Etwas Ruhe in die Turbulenzen haben die schöne Stimme von Iris Berben und die der Sprecherin der Hörfilmbeschreibung gebracht. Ich habe immer gleichzeitig mit den anderen im Kino gelacht, also hat die Hörfilmbeschreibung funktioniert. Als nächstes stehen die Filme „Whiplash“ und „Heute bin ich Samba“ auf dem Programm, beides leider ohne Greta!

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Fifty Shades of Grey

Ohne vorherige Lektüre des Buches/ Hörbuches habe ich im Kino die 50 Schattierungen völlig unbedarft auf mich wirken lassen. Es ist mir auch gelungen, die zahllosen Kritiken anläßlich der Filmpremiere während der Berlinale zu ignorieren. Schon die Kinowerbung hat versucht, den Zuschauer auf ein erotisches Filmerlebnis einzustimmen. Gleich zweimal wurde dem weiblichen Geschlecht der regelmäßige Gebrauch eines gezielt pflegenden Produktes empfohlen. Eine Werbung, ich glaube für eine Automarke, wurde derart gehaucht, daß ich das für den Filmanfang hielt und Greta zu früh gestartet habe. Glücklicherweise gibt es die Synchronisierungsfunktion. Der Film ist soooo in aller Munde, daß sich das übliche einführende Vorgeplänkel weitgehend erübrigt! Der super erfolgreiche Jungunternehmer Christian heißt nicht nur Grey mit Nachnamen, sondern die Farbe grau bestimmt von ihm selbstbestimmt sein Leben. Er stylt sowohl seine Umgebung als auch sich selbst in grau. Sein Umfeld ist eine graue, langweilige, gefühlsarme Businesswelt und der Himmel ist auch noch grau. Eine willkommene Unterbrechung des Graus scheint die kurz vor dem Examen stehende Literaturstudentin Anastasia zu sein. Ana jobbt in einem Baumarkt und um sie wiederzusehen, begibt sich der Jungmilliardär personifiziert genau dorthin. Er verlangt nach Kabelbindern, Klebeband, einem Seil und das hat schon gereicht, besonders in Großbritannien einen Run auf diese Artikel auszulösen. Ich habe diese Dinger übrigens im Keller, Kabelbinder sind ungemein praktisch, aber nicht zum Fixieren irgendwelcher Körperteile, sondern z.B. zum Bändigen widerspenstiger Elektrokabel. In einer Talkshow hat eine Fachfrau aus dem Milieu zudem dringend vom bestimmungswidrigen Gebrauch des Kabelbinders abgeraten, weil, wenn ein Kabelbinder zu ist, isser zu! Eine hübsche Nebenrolle spielt ein himmelblauer VW-Käfer, das Auto von Anastasia. Beim Hören des vertrauten satten Blubbern des Boxermotors mußte ich unwillkürlich an die ersten Familienautos in den sechziger Jahren denken. Die abgelegten Käfer meiner Oma hatten allerdings die Farbe grau, ich meine natürlich grey! Amüsiert habe ich den beiden zugeschaut, wie sie sich näher kommen, umeinander schleichen und ausloten, wer die Oberhand hat oder bekommt. Da fliegen auch mal ganz nette verbale Spitzen durch den Raum. Als es Anastasia allmählich dämmert, wie der Graue tickt, will sie, wie Frauen nun einmal so sind, genau wissen, wie, seit wann und warum das so ist. Eine Freundin seiner Mutter habe ihn als Jüngling in diese Welt eingeführt und prompt kommt der etwas spöttische Hinweis auf Misses Robinson in dem Kultfilm „Die Reifeprüfung“. Ich kann diesen Film von 1967 gar nicht oft genug sehen, frage mich allerdings, ob die jungen Leute von heute den Bezug nachvollziehen können. Hart zur Sache geht es nur verbal. In einem mehrseitigen Vertrag soll festgeschrieben werden, welche sexuellen Praktiken seitens der Sklavin zu dulden sind und welche Verhaltensregeln unbedingt eingehalten werden müssen. Der Fachjargon war für mich das reinste Fachchinesisch, Anastasia ging es nicht anders! Aber jetzt mal Hand aufs Herz! Kann man das mögen, auf allen vieren im Spielzimmer des Herrn auszuharren, bis dieser sich für seinen Lustgewinn bequemt, mit einem Spielzeug seiner Wahl Schmerzen zuzufügen und zu demütigen? Nööööö, aber jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden, solange alle Beteiligten das freiwillig tun! Gesehen habe ich den Film im Zoopalast und wurde wieder zu meinem Sesselchen geführt. Der Kinosaal war im Erdgeschoß und ich dachte, den Rückzug alleine bewältigen zu können. Sicherheitshalber bat ich dann doch einen jungen Mann um Begleitschutz bis auf die Straße. Dieser machte auf mich einen leicht irritierten Eindruck, ob wegen des Films oder wegen mir, jedenfalls war er sehr erleichtert, als seine Mission beendet war. Über die Hörfilmbeschreibung kann ich wie immer zu kurz nur sagen, daß ich immer im Bild war. Ich werde auch nicht müde, immer wieder die Filmverleiher zu erwähnen, deren Engagement es zu verdanken ist, daß ich mal wieder zu einem im Ausland produzierten Film meinen Senf geben kann!!! Danke Concorde, Neue Visionen, Polyband Medien, 20th Century Fox, Universal Pictures Germany und wie immer auch Greta! Die Reihenfolge der Aufzählung ist wertfrei und einfach nur alphabetisch. Die Traumfrauen kommen am Sonntag oder Montag in den Blog!

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Auf einer Wiese am Seeufer, im Hintergrund kleine Bootsstege und Schilfgras. Auf einem Baumstumpf steht ein aufgeklappter Laptop, davor liegen Holzscheite. Die Blindgängerin im karierten Holzfällerhemd, Jeans und Gummistiefeln steht daneben und hält eine Axt. Auf dem Display des Laptops spiegelt sich der Schatten der Axt.

Blackhat

Hacker sind Computerfreaks, die über ein Netzwerk in Computersysteme eindringen, und das nicht immer in guter Absicht. Gefunden habe ich noch dazu: Ein Hacker ist jemand, der versucht, einen Weg zu finden, wie man mit einer Kaffeemaschine einen Toast zubereiten kann. Da ist aber wohl der Weg das Ziel oder das Ziel im Weg? Am Anfang war die Entertaste!!! Diese wird von einem Blackhat, einem Hacker mit kriminellen Energien, betätigt. Er hackt sich in das Computersystem eines chinesischen Atomkraftwerkes und in das der Chicagoer Börse ein. In dem Atomkraftwerk löst sein Cyberangriff eine Explosion mit mehreren Toten und an der Börse eine Explosion der Kurse für Soja aus. Eine wichtige Rolle spielt dabei die „RAT“, keine Ratte, sondern eine Fernwartungssoftware, Remote Access Tool genannt. Dem Blackhat ist es gelungen, gleichermaßen den Zorn Chinas und der USA auf sich zu ziehen. Ein gemeinsamer Feind verbindet und so kommt es, daß die sich eigentlich stets mißtrauisch beäugenden Staaten sich zusammentun, um den gesichtslosen Angreifer aufzuspüren. Zwei Chinesen, Bruder und Schwester, und ein Ami nehmen als die guten Hacker die Verfolgung auf, mit dem FBI im Schlepptau. Sie rasen, begleitet von Schießereien, Explosionen und Verfolgungsjagden, von den USA nach Hongkong, Jakarta und Malaysia. Wenn nicht geschossen oder verfolgt wird, fliegen in Windeseile die Finger über die Tastaturen der auf den Knien liegenden Laptops. Ich mag Actionthriller und bin voll auf meine Kosten gekommen. Erstaunlicherweise habe ich auch immer den Überblick darüber behalten, wie die Guten dem Bösen und dessen Absichten auf die Schliche kommen. Bei einigen James Bond-Filmen war mir das nicht vergönnt. Und wie klaut man nicht nur eine Million? Eine junge hübsche Frau in einem blütenweißen, die Figur betonendem Kleid, schlendert mit einem Kaffee to go in der Hand einen belebten Großstadtboulevard entlang. Anstatt den Kaffee zu trinken, schüttet sie diesen mit System über diverse DIN A4-Blätter, mein Kleid hätte nach dieser Aktion mit Sicherheit genau so ausgesehen wie die Papiere. Während der anschließenden Fahrt in einem Taxi hält sie die Blätter zum Trocknen aus dem Fenster. Mit den bekleckerten und getrockneten Papieren betritt sie das Foyer einer Bank. Sich ihrer Wirkung bewußt, wendet sie sich hilfesuchend an einen jungen Bankangestellten. Diesem erklärt sie ihr Mißgeschick und daß sie die Unterlagen jetzt gleich für eine Präsentation bei seinen Vorgesetzten brauche. Sie fragt, ob sie ihren USB-Stick zum erneuten Ausdrucken der Papiere an seinen Rechner anschließen dürfe? Ich konnte geradezu ihr Wimpergeklimper hören und es dauert tatsächlich auch nur einen Wimpernschlag, bis der Bankangestellte alle Verbote und Bedenken zur Seite wischt. Der Stick ist nun am Rechner der Bank und schwups kann sich ihr Partner von einer Wohnung in der Nähe mit Hilfe einer zuvor vom Kontoinhaber geklauten Festplatte auf dessen Konto frei bewegen. Und er bewegt nicht nur sich, sondern eben auch mehrere Millionen. Daß sich die Millionen in Richtung Schweiz bewegen, versteht sich von selbst. Ganz schön einfach, jedenfalls für Hacker! Ohne Hörfilmbeschreibung und Greta wäre das und vieles mehr an mir vorbeigerauscht. Beide haben einen super Job gemacht! Wer auch noch einen super Job gemacht hat, war das Servicepersonal vom Kino „Zoopalast“! Ich war mal wieder alleine unterwegs und an dem Abend war dort auch zeitgleich die Premiere des Films „Fifty Shades of Grey“. Der Zoopalast ist förmlich übergequollen von Berlinale-Besuchern. Trotzdem wurde ich an meinen Platz geleitet, mit einem Getränk versorgt, nach der Vorstellung abgeholt, und mir wurde sogar zu einem Taxi verholfen. Verdammt nett!!! „Fifty Shades of Grey“ steht nächste Woche auf meinem Programm, inzwischen hinke ich nur noch eine Woche hinterher!

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Frau Müller muß weg!

Wird als bitterböse Komödie bezeichnet und dem kann ich mich nur anschließen! Alle Eltern der Schüler an einer Grundschule in Dresden haben die Lehrerin als Alleinschuldige für den Leistungsabfall ihrer Kinder ausgemacht und deshalb ist ganz klar: Frau Müller muß weg! Für die Eltern und Kinder steht viel auf dem Spiel. Das Abschlußzeugnis der Viertklässler entscheidet über die weitere schulische Karriere. Vielleicht sogar über das ganze Leben??? Meine einzige Erfahrung zu diesem Thema ist aus meiner eigenen Schulzeit. Ich kann mich gut an den Ärger meiner Mutter darüber erinnern, daß mir in meinem Zeugnis nur ein „bedingt geeignet“ für das Gymnasium bescheinigt wurde. Und da sind wir schon mitten im Film! Der Elternsprecherrat, bestehend aus zwei Müttern, einem Vater und einem Ehepaar, ist an einem Samstagnachmittag im Klassenzimmer mit Frau Müller verabredet. Ohne Wissen der Schulleitung wollen sie die Lehrerin überzeugen, freiwillig die Klasse abzugeben. Frau Müller muß also weg. Frau Müller kommt etwas verspätet und völlig ahnungslos in die Höhle des Löwen, bietet Gebäck an und geht von einem Gespräch in freundlicher Atmosphäre aus. Nach einem anfangs harmlosen, netten Vorgeplänkel, beispielsweise über das Umweltprojekt der Schüler, nämlich aus Kastanien Figuren zu basteln, kommt Mutter Anke Engelke, die sich zuvor bescheiden, wie sie ist, zur alleinigen Wortführerin auserkoren hat, zur Sache. Schlagartig ist Schluß mit lustig und auch die anderen Eltern kommen so nach und nach aus ihrer Deckung. Frau Müller wird beschimpft und ihre pädagogische Kompetenz in Frage gestellt. Zum großen Erstaunen der Fünferbande bläst die Lehrerin zum Gegenangriff. Für Frau Müller kommt ein Verlassen der Schulklasse an der Schulleitung vorbei nicht in Frage. Das einzige, was sie verläßt, ist das Klassenzimmer, und zwar schlagartig. Da Frau Müller nicht wiederkommt und man sich mit diesem Nullergebnis keinesfalls zufriedengeben kann, wird beschlossen, Frau Müller im Schulgebäude zu suchen. Jetzt wird’s erst richtig interessant. Ohne gemeinsames Feindbild beginnt das verbale Gemetzel nun eben untereinander. Kleine körperliche Feindseligkeiten sind dabei inbegriffen. Das gebastelte Umweltprojekt geht zu Bruch, das Klassenzimmer wird mit Wasser geflutet, es kommt zu einer Kakao-Überschwemmung und Mutter Engelke geht in vielerlei Hinsicht baden. Abgründe tun sich bei allen auf und von mir aus hätte das noch eine ganze Weile so weitergehen können. Als die Eltern die von Frau Müller im Klassenzimmer vergessene Handtasche mit dem Zensurenbüchlein entdecken, können sie der Versuchung, darin zu blättern, nicht widerstehen. Zur allgemeinen Überraschung sind die Noten gar nicht so schlecht, sondern sogar richtig gut. Jetzt ist die Devise: Frau Müller muß bleiben! Die steht nun plötzlich in der Tür, um nach ihrer Handtasche zu suchen. Um es kurz zu machen, sie ist schnell zum Bleiben zu überzeugen, und bietet an, vorab schon einmal die Benotungen preiszugeben. Was jetzt passiert, verrate ich nicht. Ich hoffe, ich habe noch nicht zu viel erzählt. Was wirklich weg oder jedenfalls nicht da war, war eine Hörfilmbeschreibung, was ich aber vorher wußte. Ich saß zwischen zwei Freundinnen mit Popcorn und Cola auf einer Couch und bekam mal von rechts und mal von links in den seltenen Dialogpausen was zugeflüstert.

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Wir sind jung. Wir sind stark.

Von Samstag, dem 22.08., bis Dienstag, dem 25.08.1992, versank Lichtenhagen, ein Stadtteil von Rostock, in das totale Chaos. Der Film „Wir sind jung. Wir sind stark.“ hat sich den Montag, 24.08.1992, und damit den Höhepunkt der vier Tage andauernden pogromähnlichen Ausschreitungen vorgeknöpft, um die Ereignisse noch einmal in Erinnerung zu bringen. Tatort ist ein Wohnblock im Plattenbaustil, genannt das „Sonnenblumenhaus“. Dort ist die Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber, kurz „ZAST“ genannt, untergebracht und ein Wohnheim für 120 Vietnamesen, ehemalige Vertragsarbeiter der DDR. Der Zuschauer kann verfolgen, wie von morgens bis spät in die Nacht sieben Jugendliche, ein vietnamesisches Geschwisterpaar, das politisch und polizeilich leitende Personal und die Einsatzkräfte der Polizei mit jeder verstreichenden Minute stetig und leider unaufhaltsam der abendlichen Katastrophe entgegenschlittern. Die Jugendlichen hängen tagsüber mehr oder weniger gelangweilt rauchend und biertrinkend in der Stadt oder am nahegelegenen Ostseestrand ab und grölen mal Nazigesänge und zwischendurch auch einmal „Die Internationale“… Geraucht wird übrigens immer und von allen überall, ständig ist das Schnippen der Feuerzeuge zu hören. Das waren noch Rauchzeiten! Wer in der Gruppe das Sagen hat, hängt davon ab, wie viele und welche der Jugendlichen gerade zusammen sind. Daß nur zwei Mädchen dabei sind, führt zu kleinen Eifersüchteleien und trägt so nicht gerade zur Entspannung der Lage bei. Wenn gerade kein Polizist oder Ausländer in Reichweite ist, muß auch einmal ein Gruppenmitglied als Opfer herhalten. Die sieben sind ein wild zusammengewürfelter Haufen, sowohl hinsichtlich der Bildung als auch des sozialen Hintergrundes. Gemeinsam ist ihnen nur die Enttäuschung über ihre unerfüllten Erwartungen und Träume. Die zuständigen Politiker von Kommune und Land schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu und es bleibt auch noch Zeit für inner- und überparteiliches Geklüngel. Deshalb wird die „ZAST“, in der überwiegend Asylbewerber rumänischer Herkunft untergebracht sind, viel zu spät geräumt. Wegen der dramatischen Überbelegung des Gebäudes kampieren die Asylanten seit Monaten in den raren Grünanlagen. Das sorgt, wie man sich denken kann, für Zündstoff. Sogar die im selben Wohnblock wohnenden Vietnamesen fühlen sich gestört. Diese werden bei der Räumung allerdings vergessen. Die Polizeiführung ist überfordert und fühlt sich von der Politik alleingelassen. Die Eskalation der Gewalt ist auch auf die Unterbesetzung der Einsatzkräfte zurückzuführen. Kaum mehr als 50 Polizisten stehen Hundertschaften grölender Gewaltbereiter gegenüber und die Einsatzkräfte haben sich während der Krawalle mehrmals zurückgezogen, was verständlich ist. Bei der Einschätzung ihrer Lage sind die vietnamesischen Geschwister verschiedener Meinung. Er möchte lieber gestern als heute mit seiner hochschwangeren Frau zurück nach Vietnam. Sie hingegen will sich in Deutschland eine Existenz aufbauen, hat bereits einen Job und fühlt sich von den Krawallen nicht bedroht. Sobald die Asylanten verschwunden seien, kehre wieder Ruhe ein. Sie hat insofern recht, als daß nicht die Vietnamesen, sondern die kampierenden Roma der Anlaß für die sich über Monate aufbauende Spannung und Wut der Lichtenhagener sind. Aber der Bruder sollte Recht behalten! Am Abend ist die Stimmung vor dem „Sonnenblumenhaus“, auch verstärkt von Nazitourismus, so aufgeheizt, daß der Gegner egal ist. Die hätten sich notfalls wahrscheinlich auch gegenseitig mit Molotowcocktails beschossen. Während die Vietnamesen ausgeräuchert werden und sich in letzter Minute vor den Flammen in Sicherheit bringen können, feiert der grölende Mob ein Volksfest mit Musik, spontan aufgebauten Imbiß- und Bierständen. Da läuft’s einem eiskalt den Rücken runter! Einer der Kommunalpolitiker hat sich unter „das Volk“ gemischt. Er hat erst kurz zuvor erkannt, in welchen Kreisen sich sein Sohn bewegt und versucht nun, das Schlimmste zu verhindern. Seine verzweifelten Versuche, an den Sohn heranzukommen, sind kläglich gescheitert. Jetzt muß er fassungslos und machtlos mit ansehen, wie sein Sohn andere und sich selbst ins Verderben treibt. Das hat mir dann endgültig den Rest gegeben. Ich bin in den nächsten, natürlich falschen Bus gestiegen und habe das auch erst nach diversen Stationen bemerkt! “Jung“ sind die wirklich. „Stark“ ist aber vor allem der Film! Stark ist auch die Hörfilmbeschreibung, dieses Mal von einer Frau gesprochen.

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Die Blindgängerin auf dem Dach eines großen Gartenschuppens, neben einer verschneiten Wiese vor einem kleinen See. Sie steht vor einem dreibeinigen Stativ aus Holz. Darauf liegt eine sehr lange dunkle Pappröhre. Die Blindgängerin im roten Pullover schaut durch die Röhre wie durch ein Fernrohr in den Himmel.

Die Entdeckung der Unendlichkeit

Dann war da noch die Unendlichkeit zu entdecken! Der Film „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ erzählt über Stephen Hawking, seine wissenschaftliche Karriere, schleichend fortschreitende Krankheit und sein Familienleben und wie das eine das andere beeinflußt hat. Mein Verständnis und zugegebenermaßen auch mein Interesse für das Universum und seine schwarzen Löcher bewegt sich gegen Null und ich habe lange gezögert, mir den Film anzuschauen. Aber entgegen meinen Befürchtungen hielten sich die wissenschaftlichen Abhandlungen in Grenzen. Wahrscheinlich weil die Memoiren der Misses Jane Hawking als Grundlage für das Drehbuch dienten. Stephen erfährt als junger Mann, daß er an ALS erkrankt ist und ihm noch ungefähr zwei Jahre Zeit verbleiben. Als der Arzt ihm den Verlauf der heimtückischen Krankheit schildert, das Degenerieren wirklich aller Muskeln, verläßt er ziemlich gefaßt das Arztzimmer. Auch wenn irgendwann nichts mehr geht, aber sein Verstand bliebe von der Krankheit verschont. Für die einen ein Alptraum und für Stephen ein Rettungsanker, sein Lebenselixier! Seine Jugendliebe Jane weist er zurück, um ihr ein Leben an seiner Seite zu ersparen. Doch die schlägt alle Warnungen in den Wind und hört auf „die Sprache ihres Herzens“. Sie sagt JA zur großen Liebe ihres Lebens. Die beiden haben es nicht bis zum „bis das der Tod Euch scheide“ geschafft. Aber erst nach einer langjährigen Ehe mit drei gemeinsamen Kindern haben sie sich einvernehmlich getrennt. Als Jane ihrem Mann die zuletzt geborene Tochter in den Schoß legt, ist er inzwischen ohne Rollstuhl völlig bewegungsunfähig, kann kaum noch sprechen und auch bei der Nahrungsaufnahme kommt es zu Komplikationen. Hinter vorgehaltener Hand wird Stephens Vaterschaft angezweifelt und ich konnte mir ehrlich gesagt auch nicht so recht vorstellen, wie das geklappt haben soll. Je mehr es mit seinem Gesundheitszustand bergab ging, desto erfolgreicher war er mit seiner wissenschaftlichen Arbeit. Er hat nie das Zepter aus der Hand gegeben und immer bestimmt, wann er was mit wem wo arbeiten und wo er mit wem leben möchte. Er hat den Inklusionsgedanken gelebt, lange bevor dieser Begriff in aller Munde war. Später konnte er sich nur noch mit einem technisch hochkomplizierten, ausgeklügelten System der Welt mitteilen, aber auch in dieser Phase haben wir gerade ihm den größten Teil der humoristischen Einlagen des Films zu verdanken. Dank einer rasanten Rolle rückwärts sehen wir, wie sich der verkrampfte Körper Stephens löst, bis er wie zu Beginn des Films gesund mit Jane verträumt über eine Brücke in einem Park durch die Nacht tanzt. Das war eine schöne Idee, um den Zuschauer ein bißchen getröstet aus dem Kinosaal zu entlassen. Nötig war es allerdings nicht, weil Stephen Hawking dank seiner Begeisterung für das Universum, für die Physik, und dank seiner Familie bis heute ein erfülltes Leben führt. Ich höre ganz oft von den Menschen, die mir im Alltag z.B. über gefährliche Kreuzungen helfen, nicht gucken zu können wäre für sie das Schlimmste, dann lieber im Rollstuhl sitzen. Ich pflege dann immer zu antworten: Was nutzt es mir, wenn ich im Regal das Produkt meiner Wahl sehen, aber nicht erreichen kann, oder den Berg sehen, aber nicht erklimmen kann. Abgesehen davon sind solche Diskussionen müßig, weil man sich das ja nicht aussucht, und schon gar nicht aussuchen kann oder möchte. Im Vorbeigehen habe ich zufällig eine Meldung im Radio aufgeschnappt, daß der weltberühmte britische Schlagzeuger Phil Collins mit Selbstmordgedanken gespielt hat. Der Grund war, daß er bedingt durch Probleme mit der Halswirbelsäule die Sticks (Trommelstöcke) nicht mehr in den Händen halten konnte. Nur seiner Kinder wegen hat er den Plan nicht in die Tat umgesetzt. Wie unterschiedlich die Menschen mit ihrem Schicksal und Schicksalsschlägen umgehen!!! Marie Heurtin und Stephen Hawking sind Protagonisten, für deren Beschreibung an die Produzenten einer Audiodeskription höchste Anforderungen gestellt sind. Das ist in beiden Filmen sehr, sehr gut gelungen. Bei der “Unendlichkeit“ war allerdings die „Ringsrumbeschreibung“ für meinen Geschmack einen Tick zu ausführlich. Für den Film „Wir sind jung. Wir sind stark.“ habe ich mich an dem Wochenende zu alt und zu schwach gefühlt, und Frau Müller ist nächste Woche bestimmt auch noch nicht weg!

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Die Sprache des Herzens

Ich bin öfters mal „allein zu Haus“, aber „allein ins Kino“ zu gehen war letzte Woche Freitag meine Premiere. Um den Film „Die Sprache des Herzens“ (Marie Heurtin) zu sehen, habe ich mir das „Kant-Kino“ in Berlin-Charlottenburg ausgesucht. In dem relativ kleinen Kino mit doch 5 Sälen kann man für die Kartenreservierung noch einfach auf einer Festnetznummer anrufen, ohne mit einer ellenlangen Hotline-Nummer in einer Dauerendlosschleife zu verhungern. Die nette Dame am Telefon war auch die an der Kasse und hat mir vor Filmbeginn zu einem Kaffee Latte verholfen. Von ihr dorthin begleitet, saß ich dann pünktlich zum Beginn der Vorstellung in dem kleinsten Saal von den Abmessungen eines größeren Wohnzimmers und, wen wundert‘s, mal wieder auf einer Couch. Auf der habe ich es mir mit Greta gemütlich gemacht. Plötzlich herrscht beklemmende Stille und absolute Finsternis, man taucht ein in die Welt der blinden und taubstummen Marie Heurtin Ende des 19ten Jahrhunderts in Frankreich. Auch Greta hat drei Sekunden gebraucht, um sich zu orientieren. Als 14jährige wird Marie in einem Institut aufgenommen, in dem sich Nonnen sehr liebevoll um taubstumme Mädchen kümmern und sie in Gebärdensprache unterrichten. Diesen Umstand hat die völlig verwahrloste und widerspenstige wie verängstigte Marie der Beharrlichkeit der jungen Schwester Marguerite zu verdanken. Die Schwester Oberin hält es für ausgeschlossen, an das Mädchen heranzukommen und ihr etwas beizubringen. Diesen Bedenken konnte sich der Zuschauer auch ohne Schwierigkeiten anschließen. Man muß sich selbst nur für kurze Zeit die Ohren zuhalten und die Augen fest zukneifen und kann sich dann leicht in die fast aussichtslose Lage beider Frauen versetzen. Fühlen, Tasten, Berührung am eigenen Körper zulassen und Riechen sind die Möglichkeiten, die Marguerite zur Verfügung stehen, um in die Welt der Marie einzudringen. Während das Publikum fasziniert der sanften, ruhigen Stimme der Nonne lauscht, zerreißt plötzlich das Schrillen eines Handys die Atmosphäre im Kinosaal. Es dauert eine Ewigkeit, bis das Teil aus den Untiefen einer Tasche gekruschtelt und mundtot gemacht wird. Mit an die eigenen Grenzen gehender Geduld und vielen Rückschlägen gelingt es der Schwester, zu Marie zu finden. Sie entwickelt im Laufe der Zeit eine Gebärdensprache, die nicht über das Sehen funktioniert. Als Marguerite nach zwei Jahren einer schweren Krankheit erliegt, ist Marie soweit, selbst anderen taubstummen und blinden Mädchen zu helfen. Wenn ich mich wegen zu lauter Geräusche oder erkältungsbedingt nicht wie gewohnt auf meine Ohren verlassen kann, fühle ich mich augenblicklich unwohl in meiner Haut und verkrieche mich am liebsten in ein Schneckenhaus. Manchmal tue ich das auch, kann da aber im Gegensatz zu Marie auch jederzeit wieder heraus. Geräusche deuten ist für mich wichtig, wenn ich mich gelegentlich auch „verdeute“. Die Hörfilmbeschreibung war sowohl seitens des Textes als auch der Stimme des Sprechers herausragend gut!!!

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EineTaubeSitzt-Plakat

Eine Taube ohne Greta

„Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“ von dem schwedischen Regisseur Roy Andersson! Der Titel und eine Radiokritik haben meine Neugierde geweckt, und so habe ich mich ohne Greta, dafür mit menschlicher Begleitung auf den Weg ins Kino gemacht. Ich wußte, daß der Film überwiegend ein „Augenfilm“ ist, der Regisseur seine Darsteller in bis ins kleinste Detail sorgsam gestalteten Kulissen in Szene setzt, aber trotzdem…! Bei der Aneinanderreihung diverser etwas düsterer Episoden meist aus dem heutigen Schweden tauchen nur zwei gescheiterte traurige Gestalten immer wieder auf. Die beiden Vertreter versuchen ziemlich erfolglos, völlig aus der Mode gekommene Scherzartikel zu verkaufen. Und dann kommt plötzlich der schwedische König Karl XII. mit einem Heer von 100.000 Soldaten auf dem Weg zu einer Schlacht gegen Rußland durch die Kulisse geritten, trinkt in einer Kneipe ein Mineralwasser mit Kohlensäure, um dann gegen Ende des Films mit dem kläglichen Rest seiner Truppe geschlagen zurückzukommen. Der König verlangt also nach etwas zu trinken. Was er also trinken möge, ein Wasser, ein Mineralwasser und dann schließlich ein Mineralwasser mit Kohlensäure, das allein ist schon eine dreiminütige Szene. Schließlich bestellt seine Majestät den jungen hübschen Kellner gleich mit, fürs königliche Zelt. Die traurigen Vertreter bemühen sich weiterhin, ihre Scherzartikel zu verkaufen und ihre Außenstände einzutreiben, während sie doch selbst von Schulden gedrückt werden. Inzwischen empfindet man schon Mitleid mit den beiden. Der König kommt ohne Pferde mit seiner lädierten Kompanie an die Kneipe zurück, übrigens ohne den Kellner. Jetzt verlangt er nach einer Toilette, die dann ärgerlicherweise auch noch besetzt ist. Man könnte meinen, der König hätte während der zurückliegenden Zeit keine Gelegenheit gehabt, sich des Mineralwassers mit Kohlensäure zu entledigen. Sein Bedürfnis geht ihm auch näher als das Leid der Frauen, die nun vom Gastwirt erfahren, daß sie allesamt Kriegswitwen geworden sind. Während der Weg in die Schlacht noch unter lautem Absingen militärischer Marschlieder erfolgte, werden jetzt die düsteren Szenen der Rückkehr eines geschundenen Haufens von melancholischer Musik begleitet. Das paßt nun auch zum Rest des Filmes: Aus den Stimmen der Darsteller wie aus der Filmmusik springt mir förmlich die Schwermut, Hilflosigkeit oder Apathie ins Gesicht. In den langen Pausen zwischen den raren und oft ungemein langsam gesprochenen Dialogen war genug Zeit, nachzufragen, was gerade passiert. Ich wollte vermeiden, daß sich in meinem Kopf ein völlig anderer Film abspielt als auf der Leinwand. Die Taube hört man immer zwischendurch gurren, zu Gesicht bekommt man sie aber nur einmal ganz am Beginn des Films. Da sitzt sie tatsächlich auf einem Zweig, aber ausgestopft in einer Vitrine im Museum. Vielleicht denkt sie dort nicht nur über den Sinn des Lebens, sondern auch über den des Films nach? Mir ist erst beim Schreiben allmählich klar geworden, daß die Aneinanderreihung der Episoden wohl einen Sinn hat. Der Mensch kommt nicht allzu gut weg dabei! Er ist gefühlskalt gegenüber Mensch und Tier und unfähig oder unwillig, aus seinen eigenen Fehlern oder aus der Geschichte zu lernen. Die Tristesse wurde aber dank vieler satirischer Einlagen aufgelockert und nicht nur ich konnte mir des öfteren ein Lachen nicht verkneifen! Jetzt mache ich es der Taube gleich und sitze, allerdings nicht auf einem Zweig, sondern irgendwo rum. Und denke!

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