Blog Blindgaengerin

Hier und da unterwegs

Die Blindgängerin im roten Pulli und Jeans steht neben einem Berliner Taxi. Der Taxifahrer hinterm Steuer reicht ihr lächelnd einen großen goldenen Schlüssel durchs Seitenfenster.

Drei zündende Momente

Ein Schlüsselerlebnis, mein erster Artikel und der Anstupser einer sehr guten Freundin waren die Auslöser, meine blogfreie Zeit zu beenden. Und ich würde das immer wieder tun! Die Blindgaengerin.com ging Mitte Januar 2015 online. Daß der Starttermin auf einen Donnerstag fiel, war kein Zufall. Denn Donnerstag ist Kinotag! Daß ich ausgerechnet jetzt noch einmal im Blog über den Blog laut nachdenke, liegt an Anna Koschinskis schönen Idee einer Blogparade zu dem Thema „Warum ich mit dem Bloggen angefangen habe“. Und weil es längst nicht mehr beim Füttern der Blindgängerin mit Artikeln geblieben ist, hab ich’s gerade noch so geschafft, mich wahrscheinlich als Schlußlicht in die Blogparade einzureihen! Das Schlüsselerlebnis: „Das Blindsein, spielen Sie das eigentlich nur?“ Als mich vor Jahren ein Berliner Taxifahrer (nicht der freundliche Herr auf dem Foto!) mit dieser Frage irritierte, dachte ich, ich sei im falschen Film. Dabei war ich doch gerade erst auf dem Weg ins Kino, bewaffnet mit meinem weißen Langstock. Trotz beharrlichen Nachfragens, wie er auf diese absurde Idee komme, meinte er nur, „manche Leute haben halt so einen Tick“. Was gelegentlich vorkommen kann: Der Groschen fiel bei mir erst etwas später. Und was für mich das Normalste der Welt ist, schien für den Taxifahrer außerhalb jeglicher Vorstellungskraft, nämlich daß ein blinder Mensch ins Kino geht und dabei auch noch Spaß haben kann. Darüber besteht in der sehenden Welt wohl noch großer Aufklärungsbedarf, dachte ich schon damals bei mir! Mein erster Artikel: „Hast du Lust, über den Film „Monsieur Claude und seine Töchter“ für ein Magazin zu schreiben?“ Ja, die hatte ich und ohne weiter nachzudenken, begeistert zugesagt! Aber ein bißchen mulmig war mir dann schon. Gestellt hatte mir diese Frage jemand vom Team der Greta und Starks App im Sommer 2014. Damals gab es die App, mit der sehbeeinträchtigte Kinobegeisterte im Kinosaal voll auf ihre Kosten kommen, gerade ein halbes Jahr. Der Artikel über meine Erlebnisse mit der App bei „Monsieur Claude und seine Töchter“ war schneller fertig als gedacht. Und Spaß hat’s auch gemacht. Der Anstupser: „Dann fang doch an zu bloggen!“ Dein Artikel liest sich locker weg und ich hatte beim Lesen immer deine Stimme im meinem geistigen Ohr. Überleg dir ein Thema und schreib, aber regelmäßig, sonst stirbt dein Blog, bevor er richtig angefangen hat. So in der Art waren die Worte einer sehr guten Freundin bei Tapas und Wein, die immer gerade heraus sagt, was sie denkt. Und ein paar Minuten später lag mir zwischen zwei Bissen schon ein Name für den Blog auf der Zunge. Der kam – kaum ausgesprochen – gut an! Und als von jeher leidenschaftliche Kino-Blindgängerin lag der thematische Schwerpunkt sowieso auf der Hand. Und nu, wie wird aus der Idee ein Blog? Ich hatte keine Ahnung vom organisatorischen und technischen Ablauf. Ehrlich gesagt, war mir auch nicht klar, wieviel Schreibarbeit auf mich zukommt, bevor der erste Artikel veröffentlicht sein würde. Und ohne die geduldigen, lieben und auch professionellen Helfer wäre die Blindgängerin immer noch nichts als eine Idee! Das Auge liest mit! In jedem meiner Texte steckt sehr viel Herzblut, und zwar das von mir! Mein Anspruch ist, bloß nicht zu langweilen und den roten Faden, den ich mir überlegt habe, immer im Blick zu behalten. Ich sitze also an meinem Rechner und schreibe solange an einem Text, bis mir gefällt, was mir der Screenreader vorliest. Aber der Inhalt ist nicht alles. Wenn im wahrsten Sinne das Auge mitliest, ist ein ansprechendes Layout unverzichtbar. Bei der optischen Gestaltung des Blogs mußte ich mich blind auf meine Helfer verlassen und das Ergebnis kann sich, wie ich sehr oft zu hören bekomme, sehen lassen! Leider nicht von mir, was mich doch ein bißchen traurig stimmt! Auf wen soll der Funke überspringen? Grundsätzlich auf alle, ob sehend oder nicht, ob kinobegeistert oder Kinomuffel! Der sehenden Welt möchte ich Einblicke in die Kinowelt der Nichtsehenden gewähren und den Kinoblindgängern -so nenne ich diesen Teil der Zielgruppe- Lust aufs Kino machen. Denn das barrierefreie Kino hat im Jahr 2014 mit der Greta und Starks App und dank gesetzlicher Neuregelungen einen großen Schritt nach vorne getan. Und man stelle sich vor, es gibt barrierefreies Kino und kein Kinoblindgänger geht hin! Über die Jahre ist in der Kategorie „Gesehen Gehört“ eine beachtliche Filmliste zusammengekommen, die immer noch besagter Artikel eröffnet: „Ich gehe jetzt wieder öfter ins Kino und nehme Greta mit“ Was genau ist eigentlich die Greta und Starks App? Nicht nur darüber gibt’s Informationen in der Kategorie „Kino für die Ohren: Wie funktioniert’s?“ Was mich von meinen männlichen Namensvettern unterscheidet Blindgänger schlummern Jahrzehnte verborgen und zum Glück ruhig unter der Erde. Ich dagegen stehe mit beiden Beinen mitten im Leben, gehe offen und unbefangen auf andere Menschen zu und bin viel „Hier und da unterwegs“. Werden Blindgänger zufällig entdeckt und man geht ihnen auf den Zünder, besteht höchste Explosionsgefahr. Wenn man mir auf den Zünder geht, explodiere ich zwar nicht, das wäre auch blöd, weil so final, werde mich aber dann in meinem Blog darüber auslassen! Siehe „Eingemischt in die Film- und Förderpolitik“ und „Verflixt noch mal“. So kam eine Kategorie zur anderen. Jetzt muß ich den gewissen roten Faden leider kappen und zum Schluß kommen. Denn die Zeit drängt! Der Text muß noch strukturiert und Korrektur gelesen werden, bevor er in den Blog eingestellt wird. Dann muß noch eine zündende Idee für ein passendes Foto her und auf den Auslöser gedrückt werden. Damit gehe ich wie immer meinem geliebten Adlerauge auf den Zünder! Aber soviel Zeit muß sein, allen einen wunderschönen vierten Advent und eine ruhige Weihnachtszeit zu wünschen. Aber noch keinen guten Rutsch ins neue Jahr, ich werde nämlich noch einmal in 2018 aktiv!

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Vor einer glatten schwarzen Theaterkulisse steht die Blindgängerin umringt von vier Mitgliedern des Emsembles der Jugendtheaterwerkstatt Spandau. Alle lachen fröhlich in die Kamera.

Hinter und vor den Kulissen

Zu Ende ist die blogfreie Zeit hinter den Kulissen! Nach einer zweiwöchigen Atempause am Mittelmeer war ich bis jetzt nur im Verborgenen und dort vor allem für die Kinoblindgänger gGmbH aktiv. Immer wieder feilte ich an dem Offenen Brief für unsere Initiative „Zwei Barrierefreiheits-Lolas beim Deutschen Filmpreis“. Jetzt geht es daran, die Öffentlichkeitskampagne zu organisieren. Einen Starttermin zu nennen, wage ich aber noch nicht. Am 28.06. lud Facebook mit dem Deutschen Fundraisingverband e.V. und betterplace.org zum NGO-Tag 2018 in Berlin ein. Diese Veranstaltung richtete sich exklusiv an gemeinnützige Organisationen. Sieben Stunden lang prasselten Informationen zum Thema Online-Fundraising auf mich ein. Neben vielen sehr netten Gesprächen konnte ich auch einige neue Erkenntnisse mit nach Hause nehmen, wie die spärlich gefüllte Kasse von Kinoblindgänger gGmbH aufgebessert werden könnte! Diesbezüglich hat sich vor kurzem eine tolle Möglichkeit aufgetan. Eine Kooperation, über die ich mich sehr freue, und über die ich in Kürze berichten werde. Jetzt aber nix wie raus aus den Kulissen und auf die Plätze davor! Gleich geht zum vorletzten Mal der Vorhang auf für „Metamorphosen“ Und den Göttern und Halbgöttern sei Dank: An diesem Abend mit Live-Audiodeskription! Zeus und Konsorten hatten dabei ihre Hände allerdings nicht im Spiel. Vielmehr geht dies auf das Konto der engagierten Leute von der Jugendtheaterwerkstadt Spandau in Berlin. Wie bei solchen speziellen Theateraufführungen üblich, durften wir Gäste mit Sehbeeinträchtigung vorher in die Kulissen, um die Requisite zu erkunden. Auf der Bühne stand nur ein vier Meter hoher schwarzer von innen begehbarer Turm. Dort begrüßte uns das 19-köpfige Ensemble mit einem fröhlichen Hallo. Da war mir sofort klar, die Figuren des Stücks nur nach den Stimmen sortieren zu wollen, wäre aussichtslos. Und das erst recht, weil jeder der Darsteller zwischen 19 und 78 Jahren im Schnitt vier bis fünf verschiedene Rollen übernimmt. Das macht zusammen knapp 100, was auch mit Audiodeskription eigentlich kaum zu vermitteln ist. Aber Anke Nicolai ist eine erfahrene Texterin und Sprecherin von Live-Audiodeskriptionen. Sie konnte uns so oft wie möglich das turbulente Treiben auf der Bühne entwirren und mit ihrer ruhigen angenehmen Stimme meist nur stichwortartig erzählen, wer mit wem wie und wo als was gerade agierte. Das war eine großartige Leistung! Ich könnte mir vorstellen, daß davon auch die sehenden Gäste profitierten. Die Audiodeskription wurde offen übertragen und war damit für alle im Saal zu hören. Einen Vorhang gab es übrigens nicht. Die Bühne stand mitten im Saal und das Publikum saß sich in zwei Blöcken rechts und links davon gegenüber. Dafür stieg Nebel auf. Der war so dicht, daß auch die sehenden Gäste nicht mehr ihre Hand vor den Augen erkennen konnten. Auch mein letzter Sehrest war kurzfristig verschwunden. Das hatte etwas von der Ursuppe, aus der vor Urzeiten irgendwie Lebewesen entstanden sein sollen. Als der Nebel sich lichtete, tummelten sich aber keine Einzeller auf der Bühne, sondern die wunderbar dargestellte Mutter Erde mit einer Karre voller Steine. Dann kam der Auftritt von Deukalion und Pyrrha, dem einzigen überlebenden Menschenpaar der Sintflut. Auch Ovids Metamorphosen, die literarische Vorlage, beginnen mit der Entstehung der Welt aus dem Chaos und der Sintflut. Der römische Dichter schrieb vor über zweitausend Jahren in 15 Büchern mit über zwölftausend Versen über die seelischen und moralischen Abgründe von Göttern und Menschen, die sich immerzu in Tiere oder Pflanzen verwandeln. Bei der Lektüre dieser vielen Verwandlungsgeschichten muß man sich fast zwangsläufig irgendwann verirren. Nicht aber der Regisseur Carlos Manuel. Er nimmt uns an die Hand durch seine geschickt ausgewählten Geschichten über Liebe, Verführung, Eifersucht, Freud und Leid, Mißgunst und Niedertracht, sexuelle Gewalt und Mord und Totschlag. Der Vorrat an Steinen, mit dem Mutter Erde die Bühne betreten hatte, neigt sich schnell dem Ende zu, da sie jedem Toten einen Stein zur Seite legt. Schließlich sammelt sie die Steine wieder auf, denn sie werden immer wieder gebraucht. Die größten Helden des Abends waren für mich die 19 Laiendarsteller, wie sie ihre kaum zu bändigende Spielfreude ins Publikum versprühten! Es wurde nach der Choreographie von Jenny Mezile getanzt, gestampft und auch gesungen. Herrlich waren auch die tänzelnden und badenden Musen! Dreh- und Angelpunkt war dabei der Turm. Besonders genossen habe ich die deutliche Aussprache der Spielbegeisterten. Jedes Wort peitschte glasklar durch die Luft. Davon können sich einige Profischauspieler aus Film und Fernsehen, die einfach nur in sich hinein nuscheln, eine große Scheibe abschneiden, geschlechterübergreifend. An diesem Abend hat mich mein Bezirk Spandau dieses Jahr schon zum zweiten Mal kulturell überrascht, begeistert und fasziniert! Anfang Mai war es der in Spandau von Spandauern gedrehte Kinofilm „Familiye“ und jetzt die wunderbar aufbereiteten Metamorphosen mit Live-Audiodeskription! Ob es für das nächste Projekt der Jugendtheaterwerkstatt Spandau, dem deutsch-angolanischen Theaterprojekt „Das Leben ist Traum“ im September einen Vorhang geben wird? Aber Vorstellungen mit Live-Audiodeskription und natürlich auch mit Gebärdensprache ganz bestimmt!

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Die Blindgängerin an einem langen Tisch zusammen mit Studentinnen der Uni Konstanz. Alle lachen gemeinsam.

Immer wieder sehr gerne…

Foto Copyright: Jurek Sehrt …war und bin ich sofort dabei, wenn sich junge Leute mit Fragen bezüglich ihrer Projekte an mich wenden! Bei dem Dokumentarfilm „Hören, was andere sehen“ ging mein Einsatz aber über das Beantworten von Fragen hinaus. Neben Sascha Schulze aus München und Thorsten Schweinhardt aus Frankfurt am Main wurde auch ich in dem Film vorgestellt. Gemeinsam ist uns sowohl die Begeisterung fürs Kino als auch eine Sehbeeinträchtigung. Der inzwischen fertige und mit der Note „sehr gut“ bewertete Film ist die Bachelorarbeit von drei Studenten aus Dortmund, die dort an der Fachhochschule Film & Sound studieren. Die drei Tage dauernden Dreharbeiten in Berlin waren ganz schön aufregend, aber wir hatten viel Spaß! Ich bin von dem Ergebnis sehr begeistert und drücke die Daumen, daß es gelingt, den Film in diesem Jahr auf möglichst vielen Festivals zu zeigen! Etwas über eine Stunde dauerte das Gespräch mit einer Studentin der Medienwissenschaften an der Filmuniversität Konrad Wolf in Potsdam. Für ihre Masterarbeit zum Thema „Barrierefreiheit und Kino“ interessierte sie, warum ich so gerne ins Kino gehe, wie das funktioniert und wie ich Filme wahrnehme. Ganz ähnliche Fragen wurden mir am 03. Februar in einem Seminarraum in der „Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen“ am Potsdamer Platz gestellt. Hier saßen mir aber gleich 20 Studentinnen des Bachelorstudiengangs „Literatur Kunst Medien“ der Universität Konstanz gegenüber. Das war für mich einmal eine ganz neue, interessante und sehr schöne Erfahrung! In einer sehr lockeren Atmosphäre stellte ich mich kurz vor und beantwortete dann die vielen Fragen. Und dann war die Zeit auch schon um! Die fünftägige Exkursion der Studentinnen in Berlin war ein Teil der Lehrveranstaltung „Kino – Film – Museum: Inklusion und audiovisuelle Medien“. Diese wurde durchgeführt von Robert Stock von der Universität Konstanz und Jurek Sehrt, Historiker und Museumsvermittler aus Berlin. Informationen über die beiden sehr sympathischen Herren, Berichte zu den Fachbesuchen und den Gesprächen mit den Experten und Expertinnen gibt es auf dem Blog „Mediale Teilhabe“ unter dem Link: https://mediaandparticipation.com/kino-film-museum-praxis-seminar/ Zum Text zu meinem Beitrag geht es hier: https://mediaandparticipation.com/kino-film-museum-kinoblindgaenger/ Und schon geht es weiter mit dem nächsten Projekt, ich freu mich drauf!

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Die Blindgängerin in der Haltung der Skulptur "Die Lauschende". Vor einem blauen Himmel hält sie die rechte Hand vor Augen und Stirn, die Linke legt sie lauschend hinter das Ohr. In der linken Hand hält sie einen Zweig, auf dem ein kleiner bunter Vogel sitzt.

Dreimal dabei!

Endlich geschafft, Winter adé! Der Frühling, meine Lieblingsjahreszeit, ist im Anmarsch und ich werde mich an dem Gezwitscher der Vögel gar nicht satt hören können. Auch „Die Lauschende“ hat wie jedes Jahr um diese Zeit, wenn auch aus einem anderen Grund, schon die Ohren gespitzt. Vor allem aber ist sie gespannt, wer sie am 20. März bei der Verleihung des Deutschen Hörfilmpreises als Trophäe für die herausragendsten Hörfilm-Produktionen aus Kino und TV nach Hause tragen wird! Die von Kinoblindgänger gGmbH eingereichten Hörfilme „Mein Leben als Zucchini“ und „Django – Ein Leben für die Musik“ sind leider nicht unter den Nominierungen. Aber bei drei von den insgesamt 16 nominierten Hörfilm-Produktionen habe ich mitgearbeitet! Ich verrate fairnesshalber nur so viel: Es sind zwei Dokumentarfilme und ein Spielfilm, und alle drei sind im Kino gelaufen! Denn jetzt sind für den Publikumspreis auch eure unvoreingenommenen Ohren gefragt! Bis zum 14. März ist noch Zeit, sich unter den alphabetisch aufgelisteten Hörfilmen mit Hilfe einer jeweiligen Hörprobe für den besten zu entscheiden! Und hier geht‘s zur Abstimmung: Deutscher Hörfilmpreis 2018/ Publikumspreis Zum zweiten Mal beim Deutschen Hörfilmpreis dabei ist übrigens Steven Gätjen! Er wird die Galaveranstaltung im Berliner „Kino International“ bestimmt genauso frisch und charmant moderieren wie schon im letzten Jahr. Und zum 16. Mal dabei ist „Die Lauschende“. Die Skulptur des blinden Künstlers Dario Malkowski ist ein rund drei kg schweres Bronzerelief, das ein Frauengesicht zeigt. „Die eine Hand liegt hinter dem Ohr, um das Hören deutlich zu machen, die andere Hand bedeckt gedankenvoll die Augen“, beschreibt der Künstler selbst die Darstellung. Zu guter Letzt braucht es für einen Preis aber immer einen Initiator, und das war im Jahr 2002 der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V., zugleich der Veranstalter des Ganzen!

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Die Blindgängerin steht mit dem Moderator Stefan Parrisius vom Bayerischen Rundfunk vor einer orangefarbenen Wand.

Das war knapp!

Foto Copyright: Bayerischer Rundfunk Ein bisserl aufgeregt war ich schon, vor meinem ersten fast einstündigen Gespräch in einer live ausgestrahlten Radiosendung! Noch größer allerdings war meine Sorge, daß mich bis zum 26. Februar ein Bazillus oder Virus niederstreckt. Und prompt reiste ich etwas angeschlagen vom sehr kalten Berlin ins eisig kalte München. Zum Glück hat meine Stimme ganz gut durchgehalten und sich dann erst am späten Abend für ein paar Tage verabschiedet. Eine halbe Stunde vor der Sendung begrüßte mich der sehr sympathische Moderator Stefan Parrisius im Foyer des Bayerischen Rundfunks. Wir waren an diesem Nachmittag das Doppel in „Eins zu Eins. Der Talk“ auf Bayern 2! Gleich in ein nettes Gespräch verwickelt, war die Aufregung zunächst verflogen. Auf dem Weg ins Studio machte ein Fotograf die Bilder für die Internetseite des Senders und dann wurden auch schon die Mikrophone eingepegelt. Meines hing gefühlte zehn Zentimeter vor meiner Nasenspitze in der Luft. Als Orientierung, um nicht daran vorbeizusprechen, positionierte ich meinen Stapel Taschentücher leicht schräg rechts und das Wasserglas links vom Mikrophon wie ein Dreieck auf der Tischplatte. Mit den Wetter- und Verkehrsmeldungen meldete sich für die ersten acht Minuten bis zur Musikeinlage von Stevie Wonder die Nervosität doch noch einmal zurück. Obwohl, einen rationalen Grund dafür gab es eigentlich nicht. Die Gäste des Talks werden zu ihrer Lebensgeschichte, Erfahrungen oder persönlichem Engagement befragt. Und wer sollte besser über mich Bescheid wissen als ich selbst! Ich weiß nicht mehr, was größer war, meine Überraschung oder meine Freude über die Einladung nach München in die Sendung! Und jetzt gibt es zum Nachhören, wie Stefan Parrisius mir seine Fragen zuwarf und ich ihm meine Antworten, immer ohne Ballverlust. Die 55 Minuten verflogen so schnell, daß mir gerade noch Zeit blieb zu sagen: „Hat Spaß gemacht!“ „Eins zu Eins. Der Talk.“ Sendung vom 26.02.2018    

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Die fünf Teams, jeweils ein Youtuber und ein oder zwei Menschen mit Behinderung

Thank God it’s Friday – jetzt sogar barrierefrei!

Für die meisten von uns läutet der Freitag, der schönste Tag der Woche, das sehnsüchtig erwartete Wochenende ein. Das haben wir allerdings nicht dem lieben Gott zu verdanken. Nach dem Willen des HERRN ist für seine Schöpfung nur der siebte Tag, der Sonntag, zum Ausruhen vorgesehen. Die Fünf-Tage-Woche ist also eine rein irdische Erfindung. Genauso verhält es sich auch mit dem #barrierefreiTag, der vor kurzem schon zum zweiten Mal natürlich nicht zufällig auf einen Freitag fiel. Der Dank dafür gilt zunächst den Leuten von der Aktion Mensch, die hinter dieser großartigen Initiative stecken. Fünf YouTuber luden am 1. Dezember auf den Kanälen für ihre Abonnenten überraschend anders gestaltete Videos hoch. Überraschend anders deshalb, weil die fünf nicht wie gewohnt alleine, sondern meist als Duo vor der Kamera agierten. Sie hatten nämlich jemanden an ihrer Seite, der nicht nur dasselbe Interesse, sondern auch eine Behinderung hatte. Man muß sich also auch bei den YouTubern und ihren jeweiligen Video-Partnern und -Partnerinnen bedanken! Die YouTuber waren übrigens überrascht, wie locker, entspannt und bereichernd das alles war. Die fünf Videos sind der beste Beweis dafür, daß wir, Menschen mit und ohne Behinderung, mehr gemeinsam haben, als wir denken! Wie zum Beispiel Musik machen, journalistisch arbeiten, Mutter sein, Dinge selbst basteln oder ins Kino gehen und dann über die Filme sprechen oder schreiben. Das Thema „Kino“ durfte ich gemeinsam mit dem YouTuber Dominik Porschen abdecken. Wir trafen uns in Köln in seiner „Filmlounge“ und waren sofort ein Kiek und ein Ei! Alle Videos, ein Blick hinter die Kulissen und Interviews von allen Mitwirkenden sind auf der Seite von Aktion Mensch zu finden: www.aktion-mensch.de/barrierefreiTag Der Anlaß für den zweiten #barrierefreiTag am Freitag, dem 01.12., war der Internationale Tag für Menschen mit Behinderung am 3. Dezember. Aber braucht es eigentlich immer einen Grund? Es gibt so viele interessante YouTuber, die sich im Netz tummeln. Es gibt so viele Menschen, die sich in der digitalen wie der analogen Welt für etwas engagieren. Die etwas Gutes bewirken wollen, ob in ihrem Alltag, ihrer Arbeit oder für ein spezielles Projekt. Und darunter sind natürlich auch Menschen mit Behinderung! Sollte es da nicht möglich sein, jeden Tag zum barrierefrei-Tag werden zu lassen? Ein toller Anfang ist ja schon einmal gemacht!  

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Ein Golden Retriever schüttelt sich das Wasser aus dem Fell und setzt zum Laufen an.

Ganz Ohr beim DOK Leipzig…

…war ich vor kurzem drei aufregende Tage lang beim 60. Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, kurz dem DOK Leipzig! So spontan wie begeistert hatte ich die Einladung angenommen, mir die mit Audiodeskription angebotenen Filme des Festivals anzuschauen und darüber zu schreiben. Doch dann ging es mir wie dem braunen Hund, dem einzigen Protagonisten des DOK Leipzig-Trailers 2017: Ich mußte mich kräftig schütteln, genau gesagt, etwas abschütteln! Der Vierbeiner schüttelt sich Wassertropfen aus seinem nassen Fell. Bei mir waren es langsam aufkommende Bedenken, wie ich drei Tage und Nächte auf mich allein gestellt in Leipzig klarkommen sollte. Im nachhinein völlig unbegründete Bedenken! Nach dem erfolgreichen Geschüttel heben sich die Pfoten des Hundes vom Boden ab, er setzt zum Laufen an und bellt. Ich habe mich, bestens vorbereitet, aber ohne zu bellen, auf den Weg nach Leipzig gemacht. „Wir wollen, daß möglichst viele Menschen DOK Leipzig besuchen können.“ Diese wunderbar inklusive, schnörkellose Devise hat sich das Festival ganz groß auf die Fahne geschrieben und setzt damit für andere Filmfestspiele wegweisende Maßstäbe.  Und in diesem Jahr setzt das DOK Leipzig noch einen drauf! Denn während sich die barrierefreien Angebote bisher schon an Besucher mit Mobilitäts- oder Hörbeeinträchtigungen richteten, kamen nun zum ersten Mal auch Leute wie ich, die Kinoblindgänger, voll auf ihre Kosten! Für 13 Kurz- und Langfilme wurden extra für das Festival Audiodeskriptionen produziert. Die Mammutaufgabe, unter 340 Filmen aus 53 Ländern ein möglichst vielfältiges Spektrum abzudecken, wurde, wie ich finde, mit Bravour gelöst! Auf der App Greta bereitgestellt, ließen sich die Audiodeskriptionen zu den Filmen auf das Smartphone herunterladen und im entsprechenden Kinosaal per Kopfhörer diskret abspielen. Die Kinobesucher mit Hörbeeinträchtigungen hatten die Wahl unter zehn Filmen mit erweiterten Untertiteln. Damit kamen auf den Apps Greta und Starks 23 barrierefreie Angebote zu den Filmen zusammen. Wer kein eigenes Smartphone hatte, konnte sich unkompliziert ein bereits präpariertes Gerät ausleihen. Und was bestimmt alle Besucher des DOK bestätigen werden: Die Serviceleute vor und in den Sälen waren durchweg sehr freundlich, aufmerksam und hilfsbereit! Zu Beginn jeder der vielen hundert Kinovorführungen bellte der Dog des DOK Leipzig- Trailers 2017 auf der Leinwand und im Netz bellt er sogar barrierefrei. Einen Festivaltrailer mit Audiodeskription hat es bis jetzt noch nicht gegeben, einfach phänomenal! Und hier ist der Link zum Nachhören und -sehen: DOK Leipzig Trailer 2017 Gefördert wurden diese barrierefreien Maßnahmen durch das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und mit hierfür vorgesehenen Landesmitteln. Mein Festivalprogramm, vorgeschlagen und liebevoll zusammengestellt vom DOK Pressebüro! In drei Tagen nicht um die ganze Welt, aber in 13 Filmen und drei Veranstaltungen viele fremde Welten zu entdecken und kennenzulernen, das war sportlich! Aber mit Julia, einer Kunststudentin aus Leipzig, an meiner Seite, mußte ich nichts auslassen und bin auch nicht verhungert. Wir waren auf Anhieb ein super eingespieltes Team! Zu verdanken hatte ich die extrem sympathische Begleitung Gerald Schuster, zuständig für Programmassistenz und Inklusion beim DOK. Foto: DOK Leipzig/ Susann Jehnichen Und jetzt Film ab mit „Sog“, einem zehnminütigen Animationsfilm! Wer oder was schreit hier eigentlich so schrecklich von der Leinwand? Die folgende Antwort bekam ich prompt über meinen Kopfhörer auf die Ohren: Es seien nach einer Flut in Bäumen gestrandete Fische, die nach Luft schnappen. Denn gleich die ersten Schreie dieser armen Kreaturen aktivierten die App Greta zum Abspielen der Audiodeskription. Diese war zum Verständnis des absolut dialogfreien Kurzfilms unverzichtbar und hat wunderbar funktioniert. Mir wurde genauestens das plötzliche Auftauchen schlecht gelaunter zotteliger Bewohner einer benachbarten Höhle beschrieben und wie die sich dann anbahnende Katastrophe unaufhaltsam ihren Lauf nimmt. Bei dem Dokumentarfilm „Sandmädchen“, der mich sehr berührte, fehlt es nicht an Gesprächen. Das Besondere ist die Art und Weise, in der sie geführt werden. Denn Veronika Raila kann hören, aber nicht sprechen. Die junge Frau, eine Autistin, ist von Geburt an körperlich schwer behindert und zu schwach, die Tastatur eines Computers alleine zu bedienen. Von der Hand ihrer Mutter gestützt, schreibt und veröffentlicht sie Prosa und Lyrik. Die im Film vorgetragenen Auszüge ihrer Texte haben mich umgehauen! Nur dank der Audiodeskription, die mit sehr viel Feingefühl eingesprochen war, hat sich für mich die Tür zu Veronikas Welt, in der es sehr behutsam und ruhig zugeht, einen Spalt breit geöffnet. Kontrastreicher als mit dem Animationsclip „Scratchy“ hätte es nicht weitergehen können, nämlich drei Minuten lang laut und chaotisch! Mein Hirn war ganz schön gefordert, aus den vielen präzisen und knackigen Infos der Hörfilmbeschreibung vor meinem geistigen Auge Bilder entstehen zu lassen. Aber es hat geklappt und ich konnte mich über mein Ergebnis mit anderen Kinobesuchern austauschen. Julia war von der schillernden Figur des Filmemachers so fasziniert, daß ich eine spontane Live-Audiodeskription vom Outfit des um die 70-jährigen Herrn bekam. Zu Ende ging der erste Abend krachend laut mit „Wildes Herz“, einem Film über die Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ aus Mecklenburg-Vorpommern. Im Fokus steht vor allem der Frontmann und Sänger Jan „Monchi“ Gorkow. Hier waren das Sortieren der vielen gleichzeitig agierenden Beteiligten und die zahlreichen schnellen Ortswechsel eine Herausforderung an die Hörfilmbeschreiber. Die Informationen mußten dann oft knappgehalten und in die sehr lauten Musikeinlagen plaziert werden, ohne diese zu zerpflücken. Das ist gelungen! Es gab aber auch ruhige Momente, wenn z.B. alte Fotoalben und Familienvideos herausgeholt wurden und auch ich mir diese dank der Beschreibung mit anschauen konnte. Resümee des ersten Tages: Ohne die durchweg sehr gut gemachten Audiodeskriptionen hätte ich mir die Animationsfilme schenken können und bei den Dokumentarfilmen wäre mir mehr als die Hälfte verborgen geblieben. Das gilt auch für alle neun noch ausstehenden Filme, von denen ich mir jetzt nur noch drei herauspicke. In diesen drei Dokumentationen wird nicht ein deutsches Wort, sondern arabisch, hebräisch oder spanisch gesprochen. Die Audiodeskription muß also nicht nur die Bilder vermitteln, sondern zusätzlich mit jeweils mindestens zwei Sprechern die deutschen Untertitel über die Originalstimmen vorlesen. Die saudi-arabische Dichterin Hissa Hilal ist “The Poetess”, eine bewundernswert starke und mutige Frau. Sie erzählt, wie ihr Gedicht gegen die blinde Wut der religiösen Fanatiker, das sie im Fernsehen bei einem Dichterwettstreit vorträgt, ihr Leben und das ihrer Familie verändert hat. Hier

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Verene Bentele und die Blindgängerin lächeln entspannt in die Kamera.

Eine Schiffsfahrt mal ganz anders!

Nach sintflutartigen Regenfällen Ende Juni hieß es in Berlin vielerorts „Land unter“! Auf Straßen, die zu Wasserstraßen wurden, paddelten die Leute mit Schlauchbooten herum. Für größere Boote reichten die Pegelstände dann aber doch nicht. Pegelstände hin oder her, um Fahrt aufnehmen zu können, benötigt die „MS Bundesteilhabegesetz“ nicht einmal die berühmte Handbreit Wasser unterm Kiel. Sonst wäre das reibungslose Anlegemanöver des Dampfers am 17. Mai in der Karl-Marx-Allee sogar im ersten Stock des Café Moskau wohl kaum möglich gewesen. Dort hatte Verena Bentele, die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, anläßlich ihres Jahresempfangs zu dieser mal ganz anderen Schiffspartie eingeladen. Es ist ein alter Brauch, Schiffen bedeutungsschwangere Namen zu geben. Die zweiköpfige Crew, Suzie Diamonds (Susanne Plassmann) und der vielleicht weltweit einzige Kapitän im Rollstuhl, Käptn Wheelchair (Maximilian Dorner), hat sich natürlich etwas dabei gedacht, die „MS Bundesteilhabegesetz“ auf diesen nicht gerade blumigen Namen zu taufen! Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen wurde letztes Jahr verabschiedet. Von Teilen der Politik als die Errungenschaft schlechthin gefeiert, schlugen die Wellen der Empörung über dieses Gesetz seitens der Betroffenen so hoch, daß der Dampfer eigentlich immer noch Schlagseite haben müßte. Zunächst begrüßten Suzie Diamonds und Käptn Wheelchair die ca. 500 geladenen Passagiere an Bord, in dem riesigen Saal des Café Moskau. Dann moderierten und kabarettisierten die beiden sehr kurzweilig durch den 90-minütigen offiziellen Teil der Veranstaltung. Zwischen den drei Redebeiträgen, einer akrobatischen und den musikalischen Einlagen teilten sie kräftig aus und legten ihre Finger immer wieder in die offene Wunde Barrierefreiheit und Bundesteilhabegesetz. Ich war übrigens einer der mehr oder weniger blinden Passagiere. Für die Gäste mit Hörbeeinträchtigungen wurden die Wortbeiträge von Gebärdendolmetschern übersetzt. Und für die blinden Passagiere gab es natürlich eine live eingesprochene Audiodeskription. Um die Beschreibung der Deko und der an Bord agierenden Leute auch ins Ohr zu bekommen, hätte ich mir ein kleines Empfangsgerät aushändigen lassen müssen. Das hatten aber weder der nette junge Mann vom Service, der mich an meinen Platz geleitete, noch ich auf dem Schirm. Und das war sehr blöd, vor allem von mir und für mich! So oft wie möglich half mir der freundliche ältere Herr neben mir über dieses Manko hinweg. Als Ehrengast hielt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die erste Rede, in der er unter anderem ein Ende der Diskriminierung forderte: „Berührungsängste und Vorurteile verschwinden nur, wenn Menschen mit und ohne Behinderung sich begegnen.“ Bei der Inklusion müßten so viele Menschen wie möglich mitmachen, meinte er weiter. Da hat er uneingeschränkt recht! Aber ich glaube, daß von den ca. 500 Gästen aus Politik, Verbänden und Selbsthilfeorganisationen kaum jemand diesbezüglich sensibilisiert oder motiviert werden mußte. Das ist das alte Problem: Erreichen müßte man diejenigen, die nicht da sind. So beispielsweise die Mehrheit der Abgeordneten, die bei einer Ansprache von Verena Bentele im Plenarsaal des Bundestages mit Abwesenheit glänzten. Jetzt zwischendurch mal ein Beispiel, wie’s gehen kann! Nachdem ich mit meinem 24-jährigen Neffen neulich zum ersten Mal gemeinsam im Kino war, hat er anschließend darüber geschrieben und seinen Bericht auf Facebook gepostet. Theoretische Reichweite: Seine rund 700 meist gleichaltrigen Facebook-Freunde. Mich hat der Artikel so berührt, daß ich diesen demnächst hier in meinem Blog veröffentliche! An Bord ging es dann weiter mit dem Impulsvortrag der Zukunftsforscherin Cornelia Daheim zum Thema Zukunft der Arbeit und Chancen der Digitalisierung. Erinnern kann ich mich nur noch an eine ihrer Thesen, die mich ein wenig befremdete. Sie geht nämlich davon aus, daß es in 10 Jahren keine persönlichen Bewerbungsgespräche mehr gibt, und sieht darin eine große Chance für die Mitbewerber mit Behinderungen. Ob vor oder nach Frau Daheims Vortrag, den ungefähren Wortlaut der Begrüßung durch die Gastgeberin Verena Bentele habe ich noch im Ohr: Wie schön, Sie hier heute alle zu sehen! Mit ihren Augen wahrgenommen hat sie uns natürlich nicht, weil sie von Geburt an blind ist. Mir gefällt ihre unverkrampfte und offene Art zu sprechen und ich habe ihr gerne zugehört. Ich beschränke mich hier auf diese Stichworte ihrer Rede: Seit fünf Monaten können bei einer Schlichtungsstelle Diskriminierungsfälle nach dem Behindertengleichstellungsgesetz angezeigt werden. Für die Zukunft wünscht sie sich eine Verpflichtung der Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit und ein uneingeschränktes Wahlrecht für die Menschen mit einer umfassenden rechtlichen Betreuung. Auch dieses Jahr werde dieses Recht ca. 81.000 Menschen versagt. Zum Bundesteilhabegesetz äußerte sie: „Nach der Reform ist vor der Reform, die Bemühungen um Teilhabe müssen weitergehen.“ Und wie geht es mit Verena Bentele nach der Bundestagswahl weiter? Wenn es nach ihr geht, wie gehabt. Sie will weitermachen und dafür hat sie aus folgenden Gründen meinen vollen Respekt! In Deutschland leben rund 10 Millionen Menschen mit den verschiedenartigsten Behinderungen. Deren kleinster gemeinsamer Nenner sind die gleichen Bedürfnisse, wie sie jeder andere Mensch eben auch hat, nämlich z.B. Wohnen, Arbeiten, Bildung, soziale Absicherung, Mobilität, Sport, Kultur und vielleicht auch einfach mal nur Spaß an der Freud haben! Die großen Unterschiede liegen je nach Art der Beeinträchtigung in den Barrieren, welche die Befriedigung dieser Grundbedürfnisse erschweren oder unmöglich machen. Man kann sich leicht vorstellen, wieviele Einzelpersonen, Verbände und Selbsthilfegruppen sich mit ihren vielfältigen Nöten und hohen Erwartungen an Verena Bentele und ihr 20-köpfiges Team wenden. Dabei ist der Handlungsspielraum der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, so beeindruckend dieser Titel auch klingen mag, sehr begrenzt. Sie kann keine Gesetzesvorlage ins Kabinett einbringen, sondern nur bei dem jeweils zuständigen Ministerium anklopfen und die Berücksichtigung ihrer Belange in den entsprechenden Gesetzen fordern. Irgendeine Macht zur Entscheidung besitzt sie nicht. So sitzt sie quasi zwischen zwei Stühlen und das stelle ich mir auf Dauer sehr anstrengend vor! Vielleicht ließe sich einmal über eine Stärkung der Position der Beauftragten nachdenken. Handfeste formale Befugnisse und rechtliche Werkzeuge z. B. im Gesetzgebungsverfahren wären nicht nur in ihrem Interesse, sondern gerade auch in dem der Millionen Menschen, für die sie sich einsetzt. Ob Verena Bentele nach der Bundestagswahl im Amt bleibt, entscheidet der oder die nächste Bundesminister*in für Arbeit und Soziales. Aber noch ist sie da und nach dem offiziellen Teil ergoss sich die Gesellschaft bei

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Die Blindgängerin steht hinter einer brusthohen Kommode und stopft Zehn-, Zwanzig- und Fünfzig-Euroscheine in ein großes Sparschwein, auf dem das Logo der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH abgedruckt ist.

Kinoblindgänger gGmbH ist drin!

Das Schwein galt schon immer als Glücksbringer und Symbol der Fruchtbarkeit, Nützlichkeit und Genügsamkeit. Es vermehrt sich fleißig, ist ein dankbarer Resteverwerter und diente früher während der Winterzeit als Protein- und Fettspender. Dieses positive Image wird die Menschen einst dazu bewogen haben, Behältnissen zum Sammeln und Sparen von Münzen die Form eines Schweins zu geben. Das Sparschwein erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Deutschlands ältestes Exemplar soll aus dem 13. Jahrhundert stammen und ist im Weimarer Museum für Ur- und Frühgeschichte ausgestellt. Wegen des Fotos für diesen Blogbeitrag wurde auch ich glückliche Besitzerin eines Sparschweins und das hat jetzt ein schönes Stammplätzchen auf dem Küchentresen. Um den Umweg über diese Piggy Bank (Sparschwein auf Englisch) zu vermeiden, hat die Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH ab sofort bei betterplace auch ein digitales Plätzchen. Die Online-Spendenplattform betterplace.org hat die Rechtsform einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft, der gut.org. Sie ist Deutschlands größte Internet-Spendenplattform, wurde 2007 gegründet und hat ihren Sitz in Berlin. Soziale Projekte aus der ganzen Welt können dort kostenlos Geld- und Zeitspenden sammeln. Hier ist ein Link zu unserer Projektseite und unserem virtuellen Sparschwein bei betterplace: https://betterplace.org/p49608 Auf der Blogseite links ist auch ein einfacher Spendenbutton von betterplace zu finden. Nach „Welcome to Norway“ freut sich Marie schon auf weitere ausländische Arthousefilme, die sie gemeinsam mit ihren Freunden und Audiodeskription im Kino erleben kann. Quasi als Weihnachtsgeschenk gibt’s ja schon bald die schwedische Weihnachtskomödie „Eine schöne Bescherung“ ab dem 22. Dezember. Nächstes Jahr im Februar geht es weiter mit „Mein Leben als Zucchini“! Die barrierefreie Fassung für diesen Film hat die Kinoblindgänger gGmbH als Projekt bei betterplace eingestellt. Weil dort nur 250 Zeichen, das ist fast nichts, zum Vorstellen des Films vorgesehen sind, tue ich das hier noch einmal detaillierter: Kinostart dieses großartigen Animationsfilms für die ganze Familie aus der Schweiz/ Frankreich ist der 16. Februar 2017. Auf  dem weltweit wichtigsten und größten Festival für Animationsfilm in Frankreich gewann er im Sommer den Publikumspreis. Zur bezaubernden Musik der Schweizerin Sophie Hunger erleben wir die berührende Geschichte eines neunjährigen Jungen mit dem Spitznamen Zucchini. Nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter wird er in einem freundlichen Kinderheim untergebracht. Damit auch Kinoblindgänger – groß wie klein – verfolgen können, wie Zucchini sich in seinem neuen Zuhause einlebt, seine Trauer überwindet und neue Freunde findet, beschreibt eine Autorin möglichst viele optische Details. Auf unserer Seite bei betterplace habe ich den Bedarf für dieses Projekt mit 6.380,00 Euro angegeben. Ich will aber nicht einfach eine Summe in den Raum stellen. Für Interessierte folgt daher eine kurze Aufstellung, wie sich dieser Betrag zusammensetzt: Honorar der Hörfilmautorin:                                                           €       800,00 Redaktionelle Mitarbeit als blinde Hörfilmbeschreiberin:        €           0,00       (Mache ich selbst.) Sicherheitshalber überarbeitet eine dritte Person den Text:    €       240,00 Honorar der Sprecherin:                                                                   €       570,00 Aufnahme und technische Aufbereitung (Tonstudio):               €    2.380,00 Erstellung der Untertitel für Gehörlose:                                        €    1.200,00 Kosten der Bereitstellung bei den Apps Greta und Starks:        €    1.190,00 ____________ Summe:                                                                                                €   6.380,00 Dank der Apps können sich Kinoblindgänger (App Greta) und Gehörlose (App Starks) mit ihren Smartphones im Kino ihrer Wahl die Audiodeskription ins Ohr flüstern bzw. die Untertitel vors Auge bringen lassen. Das funktioniert auch später vor dem heimischen Fernseher, z. B. mit einer DVD, Blu-ray oder Video-on-Demand. Der Film „Mein Leben als Zucchini“ ist mit 66 Minuten recht kurz. Längere Filme verursachen (leider) auch entsprechend höhere Kosten. Aber es gibt ja nun das Sparschwein, hoffentlich wird es gut gefüttert! Wie schön es doch manchmal sein kann, ein Schwein zu sein!

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Doppelte Premiere!

Einen Tag vor dem regulären Kinostart fand am 12. Oktober im größten Kinosaal der Berliner Kulturbrauerei die Premiere von „Welcome to Norway“ statt. Für mich war dieser Abend eine doppelte Premiere: Zum einen fiel an diesem Abend der Startschuß für die Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH, die als ihr erstes Projekt für genau diesen Film die barrierefreie Fassung ermöglicht hat, mit Hilfe des Filmverleihs Neue Visionen. Zum anderen durfte ich zum ersten Mal in meinem Leben vor einer Leinwand in Berlin stehen und in einem sehr gut besuchten Kinosaal zum Publikum sprechen. Der Filmkritiker Knut Elstermann moderierte den Abend und begrüßte nicht nur den aus Norwegen angereisten Regisseur Rune Denstad Langlo und Torsten Frehse von Neue Visionen Filmverleih, sondern auch mich. Was ich genau von mir gegeben habe, ist in dem Video für die Nachwelt festgehalten. Der Film läuft jetzt bereits in der dritten Woche und in immer mehr Kinosälen!

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