Gerade noch rechtzeitig vor der Eisschmelze habe ich es mit Greta zu dem Roadmovie „Mädchen im Eis“ in einen der Kinosäle der Kulturbrauerei in Berlin-Prenzlauer Berg geschafft.
Roadmovies spielen überwiegend auf Landstraßen oder Highways. Die Reise wird laut Wikipedia zur Metapher für die Suche nach Freiheit und Identität der Protagonisten.
Das gemeinsame Ziel des Mädchens und aller anderen sehr verschiedenen Filmfiguren ist ein heruntergekommenes Hotel in der Schnee- und Eiswüste am russischen Polarkreis, welches sie aus den unterschiedlichsten Motiven mit den unterschiedlichsten Fahrzeugen zu erreichen versuchen.
Zurzeit wird intensiv über Qualitätsstandards diskutiert, an denen sich alle, die bei der Erstellung von Audiodeskriptionen mitwirken, zukünftig orientieren können und sollen. Beteiligt an diesem Prozeß ist unter anderen die Vereinigung Deutscher Filmbeschreiber. Zwar wird momentan auch die Homepage vom Hörfilm e.V. (www.hoerfilmev.de) technisch, optisch und inhaltlich überarbeitet, aber die Kerninhalte bleiben erhalten.
Ich schlüpfe jetzt einmal in die Rolle eines Hörfilmbeschreibers und versuche getreu nach diesen Kerninhalten, die etwas chaotische Filmhandlung und die Hörfilmbeschreibung in meinem Ohr aufzudröseln.
Handlungsorte:
Um sich die Orte des Geschehens vorstellen zu können, reicht es meistens, wenn man diese einfach beim Namen nennt.
Die wichtigsten Orte sind hier eine russische Tankstelle, auf der sich die meisten Figuren schon einmal mehr oder weniger zufällig über den Weg laufen und das heruntergekommene Hotel nebst Zimmer im gewachsenen Nichts am russischen Polarkreis. Zwischendurch besuchen wir immer wieder ein Pinguingehege mit Wasserbecken.
Handlungszeitpunkt:
Eine konkrete Zeitangabe ist nur erlaubt, wenn diese beispielsweise auf einer Uhr auch für den Zuschauer ersichtlich ist.
Ansonsten wird mit Begriffen wie „es ist Abend“, „am nächsten Morgen“ usw. der zeitliche Geschehensablauf vermittelt.
Die Tage im Hotel wurden durch die Mahlzeiten Frühstück, Mittag- und Abendessen strukturiert. Nachts wurde geschlafen oder auch nicht.
Handelnde Personen:
Insbesondere bei dialogfreien Szenen ist es wichtig zu erklären, wer gerade auf der Leinwand agiert. Getreu dem Grundsatz, daß der Filmbeschreiber der Handlung nie vorgreifen darf, sind die Namen erst dann ins Spiel zu bringen, wenn auch der Zuschauer diese erfährt.
Bis dahin behilft man sich mit äußerlichen Umschreibungen oder Eigenschaften wie hier im Film das Mädchen, der Große, der Schmächtige, der Bärtige, der Blonde, der Videokünstler, der Geliebte und zugleich Ehegatte, die Ehefrau mit ihrer Biathlontrainerin und ein Baby.
Für die quasi „Taufe“ der Handelnden soll eine Dialogpause gewählt werden, die genug Zeit läßt, die Person genauer unter die Lupe zu nehmen.
Dem Blonden wird ziemlich schnell der Schädel eingeschlagen, ich glaube, einen Namen erhält er erst post mortem. Den Namen des Großen, einer zwielichtigen Gestalt, habe ich vergessen. Beauftragt von dem Bärtigen soll er 100 lebende Pinguine für Videoaufnahmen zu dem Hotel befördern, erreicht dieses aber leider mit 100 sehr frostigen Komparsen.
Was sich in und um das Hotel herum abspielt und damit die Filmgeschichte, erzählt der Große als Rückblende. Er arbeitet inzwischen als Tierpfleger in einem Pinguingehege, wo er zur Belustigung insbesondere der Kinder die possierlich aussehenden Tiere mit Makrelen füttert. Als der Schmächtige das Gehege besucht, entlarvt er den Großen als Mörder der 100 erfrorenen Pinguine. Um sich zu rechtfertigen, packt der Große vor den Besuchern aus. Er läßt an keinem der Hotelbewohner ein gutes Haar und auch die Pinguine, denen er einen sehr häßlichen Charakter nachsagt, bekommen ihr Fett weg.
Immer, wenn der Große in dem Gehege mit Makrelen in Richtung der Tiere oder auch einmal des Schmächtigen wirft, spielt der Film in der Jetztzeit, um dann mit dessen Erzählung stets wieder in die Rückblende überzugehen.
Der Bärtige entpuppt sich als russischer Oligarch und zugleich selbsternannter Ökoaktivist namens Starych. Er beauftragt den im Hotel eintrudelnden Videokünstler, mit und über ihn einen agitatorischen Kurzfilm zu drehen, und zwar eigentlich mit lebenden Pinguinen.
Das schlanke, aus Deutschland stammende Mädchen Winja mit einem ovalen Gesicht, schulterlangem schwarzen Haar und natürlich wunderschönen großen blauen Augen, verliebte sich in Frankfurt/ Main unsterblich in einen Russen. Sie nimmt die strapaziöse Reise Richtung Polarkreis in der Hoffnung auf sich, dort den Geliebten zu finden. Sie fährt mal mit dem Bärtigen, mal mit dem Großen per Anhalter durch die Schneewüste. Wenig begeistert muß sie mit ansehen, wie der Geliebte mit Frau, einem Baby und der stets herumstänkernden Biathlontrainerin der Konkurrentin in dem Hotel auftaucht.
Die Liebesgeschichte fand ich nicht so aufregend, das lag wahrscheinlich an dem Darsteller des russischen Geliebten, dem wäre ich bestimmt nicht bis ans Ende dieser eisigen Welt gefolgt.
Umso spannender war die Figur des charismatischen Oligarchen, der man viel mehr filmische Aufmerksamkeit hätte widmen sollen.
Die genaue Beschreibung der Mannsbilder konnte ich mir leider nicht merken.
Erläuterung der Geräusche:
Geräusche und Soundeffekte dürfen nur übersprochen werden, wenn sie sich nicht von selbst erklären.
Daß es sich um Explosionen handelte, an denen letztlich fast alle Figuren mitwirkten, war unschwer zu erraten. Allerdings wäre mir ohne die gut gemachte Bildbeschreibung sehr viel, insbesondere das dramatische Ende entgangen.
Es wirbeln diverse Male Schneemassen und Eisblöcke mit Pinguinen durch die Lüfte, bis der Bärtige endlich zufrieden abnickt. Die Rolle, die er sich in seinem Film zugedacht hat, läßt nur einen Versuch zu.
Beschreibung von Farben:
Farben sind Geburtsblinden sehr schwer zu vermitteln. Farben werden entweder genannt oder ihre Wirkungsweise erkannt und beschrieben.
Die vorherrschende Farbe im Film ist weiß wie Schnee und gelegentlich blutiges Rot.
Fazit:
All das, was ich so gerne mache, ist den Filmbeschreibern auf das Strengste untersagt, nämlich die Handlung aus der eigenen Sicht zu erzählen, vor- und zurückzugreifen und auch einmal etwas längere Sätze zu schreiben. Trotzdem soll die Stimmung und Atmosphäre des Filmes sich in der Beschreibung widerspiegeln.
All das ist der Beschreibung beim „Mädchen im Eis“ sehr gut gelungen!!!