Elser – Er hätte die Welt verändert
Wäre es Elser gelungen, bereits am 08. November 1939 mit seiner selbst gebastelten Zeitbombe Hitler und den größten Teil der NS-Führungsspitze auszuschalten, hätte das bestimmt die Welt verändert! Über die Art der Veränderung kann man wild spekulieren, aber eines ist sicher: Schlimmer hätte es nicht kommen können. Der Regisseur Oliver Hirschbiegel (u.a. „Der Untergang“) hat mit seiner aktuell in den Kinos zu sehenden Verfilmung der Biographie Georg Elsers nicht nur bei mir eine Bildungslücke bezüglich der deutschen Geschichte geschlossen. Klaus Maria Brandauers Film „Elser, einer aus Deutschland“ von 1989 ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Nach dem Kinobesuch habe ich mir mittels Wikipedia einen Überblick über Elsers Leben verschafft. Das hat mir geholfen, wenigstens im Nachhinein einige Szenen des Filmes besser oder überhaupt zu verstehen, weil die Hörfilmbeschreibung wieder einmal zu Hause bleiben mußte, wo auch immer das ist. Während der ersten Filmminuten war nur ein Stöhnen, Ächzen und Rutschgeräusche zu hören. Das waren Elsers letzte Anstrengungen, die Zeitbombe in der Säule hinter dem Rednerpult im Münchner Bürgerbräukeller zu installieren. Beim ersten Verhör wurde Elser angeherrscht, seine Hose herunterzulassen, man wollte seine Knie sehen. Ich habe mich gefragt warum, was wollen die mit Elsers Knie anstellen. Die Knie waren durch das Rumrutschen auf dem Boden des Bürgerbräukellers natürlich ramponiert und galten als ein wichtiges Indiz für seine Schuld. Elsers Plan war, Hitler und dessen Führungsspitze am 08. November 1939 mit einer von ihm allein gebastelten Zeitbombe zu vernichten. Bekanntermaßen hielt Hitler jedes Jahr genau an diesem Datum vor seinen Anhängern im Münchner Bürgerbräukeller eine Rede zum Gedenken an seinen am 08./ 09. November 1923 gescheiterten Putschversuch. Elsers Bombe ist wie von ihm zeitlich geplant explodiert, hat acht Menschen in den Tod gerissen und viele verletzt, nur die eigentlich Bestimmten wurden verschont. Wegen Bodennebels konnten Hitler und sein Führungsstab nicht wie geplant per Flugzeug nach Berlin zurück, sondern mußten auf einen früher fahrenden Sonderzug ausweichen. So haben sie 13 Minuten vor der Explosion den Bürgerbräukeller verlassen. Genauso tragisch finde ich, daß Elser bereits eine halbe Stunde vor der Zündung seiner Bombe bei seinem Versuch, sich in die Schweiz abzusetzen, verhaftet wurde. Seine Grenzkarte war abgelaufen, er trug das rote Abzeichen des Frontkämpferbundes, der Kampforganisation der KPD, und hatte eine Ansichtskarte des Bürgerbräukellers und Teile eines Zeitzünders bei sich. Das war nicht so durchdacht! In den Verhörräumen der Gestapo wird nun versucht, die Namen seiner Hintermänner aus ihm heraus zu prügeln. Keiner traut dem damals 36-jährigen einfachen Handwerksburschen aus dem Allgäu diese Tat im Alleingang zu. Immer wenn‘s all zu beklemmend in den Verhörräumlichkeiten wird, dürfen wir Zuschauer wie von Elsers Wunschdenken getragen in die Idylle des Allgäus und die wunderschöne Landschaft des Bodensees entfliehen. Elser war typisch für die „Luschtigen Leut“ dieses Landstriches kein Kind von Traurigkeit. Ich sage nur Wein, Weib und Gesang. Die Rückblenden zeigen, wie das häßliche Braun ab Anfang der 30er Jahre langsam, aber unaufhaltsam in den Alltag der doch so schönen Allgäuer Idylle sickert, bis Elser zu dem Schluß kommt, daß nur noch die Ermordung Hitlers das drohende Unheil abwenden könne. Bei einem der Verhöre wird ihm vorgehalten, daß die bei der Explosion zu beklagende Zahl der Todesopfer auf acht angestiegen sei. Einen Tag nach dem mißglückten Attentat wurden im KZ Buchenwald 20 Juden erschossen, als Vergeltungsakt. Das bei Regimen aller Couleur beliebte Druckmittel der Sippenhaft kam natürlich auch zum Einsatz. Als Elser mit der Sekretärin im Verhörraum für einige Augenblicke allein ist, nutzt er die Gelegenheit und bittet sie, den Opfern bzw. ihren Angehörigen sein Beileid zu übermitteln und seine eigene Familie zu benachrichtigen. Nach ganz kurzem Zögern schiebt sie Elser ein Schriftstück aus der Akte zu. Was auch immer darauf stand, ich habe keine Ahnung. Elser, bewundernswert und glaubwürdig dargestellt von Christian Friedel, erlebt beinahe das Kriegsende als Häftling unter vergleichsweise guten Bedingungen im KZ Dachau. Er hat eine Einzelzelle mit eigener Drehbank und seiner Zither. Hitler wollte ihn als seinen persönlichen Feind nach dem Endsieg in einem Schauprozess aburteilen. Wenigstens in dieser Hinsicht wurde Hitler ein Strich durch die Rechnung gemacht, was Elser allerdings 20 Tage vor der Befreiung Dachaus am 09. April 1945 mit seinem Leben bezahlen mußte. Der Film ist eine bewegende, lohnenswerte und längst überfällige Geschichtsunterrichtsstunde, in der keine Langeweile aufkommt. Auch besonders geeignet für Jugendliche ab 12 Jahre!
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