Der Rausch
„Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd,bei manchen ist es umgekehrt.“ Ein Trinkspruch nur aus Sicht der Zweibeiner. Pferde saufen nämlich immer, aber ausschließlich alkoholfreies Wasser. Das dafür in riesigen Zügen. Wodka, nein danke, gab mir Pepino, der liebe Dunkelbraune mit herrlich wuscheliger Mähne, unmißverständlich zu verstehen. Statt sich für die Flasche in meiner Hand zu interessieren, ging sein Kopf bei jeder Gelegenheit runter zum lecker saftigen Gras unter seinen Hufen. Die Möhre, die aus der Hosentasche der Reitlehrerin Julia lugt, hatte er noch gar nicht entdeckt.Hier ein Dankeschön an das Gut Seeburg in Brandenburg fürs Erlauben des Fotoshootings mit Pepino, das mein Herz als Pferdenärrin höher schlagen ließ! Aber ich wollte ja eigentlich nix vom Pferd erzählen, sondern über Thomas Vinterbergs grandiosen Film „Der Rausch“ Ab sofort mit Audiodeskription und erweiterten Untertiteln über die Greta App im Kino! Der barrierefreie Filmtrailer ist jetzt auf dem YouTube-Kanal der Blindgängerin zu finden. Wodka, sehr wohl! Gibt’s zum ersten, aber keineswegs letzten Mal zum Kaviar.Nikolaj (Magnus Millang) feiert mit drei Freunden seinen 40. Geburtstag in einem Restaurant.Skål, prosten sich die vier immer wieder zu, wenn der Kellner schwärmerisch mit gastronomischer Lyrik nicht nur den Gästen den Mund wässrig macht. Die Marie, so nennt Kinoblindgänger seine mit Spenden- und Sponsorengeldern produzierten barrierefreien Fassungen, hat es wieder einmal in den Norden verschlagen.Der unter anderem mit einem Oscar preisgekrönte Film aus Dänemark, Schweden und den Niederlanden kann doch nicht ungehört und ungesehen an den Kinofans mit Hör- oder Sehbeeinträchtigung vorbeirauschen! Jetzt aber zurück ins Restaurant zu den vieren, die am selben Gymnasium unterrichten.Peter, der Musiklehrer (Lars Ranthe), ist schon bei der Champagnerrunde begeistert dabei, während der Sportlehrer Tommy (Thomas Bo Larsen) als Freund vom Frischgezapften erst überzeugt werden muß. Martin (Mads Mikkelsen) bleibt vernünftigerweise zunächst bei Wasser, weil er noch fahren und etwas für den Geschichtsunterricht vorbereiten muß. „Aber was heißt schon vernünftig“ wirft Nikolaj ein, der Psychologie unterrichtet, und bringt die Theorie des norwegischen Philosophen und Psychiaters Finn Skårderud auf den Tisch.Es sei aus vielen Gründen vernünftig, immer 0,5 Promille im Blut zu haben, meint der Wissenschaftler. Martin, der einige Probleme mit sich rumschleppt, kommt ins Grübeln und nippt nun doch an einem Wodka. Die letzten Zweifel wirft er über Bord, als er dem Gesang der Folkloretruppe lauscht: „Leere dein Glas, siehe, der Tod erwartet dich!“ Der feuchtfröhliche Abend geht zu Ende. Aber Skåderuds These bleibt in den Köpfen und die Freunde beschließen, die Theorie in die Praxis umzusetzen.Was für eine Schnapsidee! Das kann nicht gut gehen und ich verrate nur soviel, das tut es auch nicht unbedingt. Es ist jedenfalls ein Hochgenuß, dem hochkarätigen Ensemble bei den während eines Jahres durchlebten Hochs und Tiefs zuzuschauen. Dazu gehören auch Maria Bonnevie als Martins Frau Anika und Susse Wold als Rektorin. Alle an der Audiodeskription Beteiligten waren zwar berauscht, aber das hatte nichts mit irgendwelchen Flüssigkeiten zu tun.Text: Inga Henkel und Barbara Fickert, Redaktion: Lena HoffmannSprecherin: Johanna Maria Zehendner, Sprachaufnahme und Mischung: Alessandro Mongardini bei 48hearts productions/speaker-search. Die Erstellung der erweiterten Untertitel legte Kinoblindgänger wie immer vertrauensvoll in die sachkundigen Hände von Subs Hamburg.Stefanie Georgi hatte den Rausch bereits aus dem Dänischen übersetzt. Sie war mit dem Film also bereits sehr vertraut und das merkt man den SDHs auch an!Besonders gut gefällt mir bei den Untertiteln immer die Beschreibung der Musikstile.Der als funkige Instrumentalmusik beschriebene Song „Cissy Strut“ von The Meters macht sofort Gänsehaut und der Titelsong, eingeführt als schwungvoller Synth-Pop „What A Life“ von Scarlet Pleasure mag gar nicht mehr aus dem Kopf gehen! Zum Schluß muß ich den Trinkspruch allerdings etwas einschränken.Ich habe Pferde einmal genüßlich von einem Tablett Bier schlürfen gesehen und dazu paßt die Bestellung im Saloon aus einem Uraltwestern, die in meinem Kopf herumspukt:„Whiskey für mich, Bier für mein Pferd!“