Blog Blindgaengerin

Ilka Teichmüller

Die Blindgängerin sitzt mit einer Flasche Klebstoff in den Händen an einem Terrassentisch. Vor ihr liegt Bastelmaterial und daneben steht Forky, die Filmfigur, aus einem Göffel gebastelt.

Toy Story – Alles hört auf kein Kommando

Was ich mit Plastikbesteck verbinde? Ökologischen Wahnsinn und verzweifelt solange an einem Stück Fleisch auf einem Pappteller herum zu säbeln, bis sich entweder eine der Zinken oder des Messers stumpfe Schneide verabschiedet. Wie beim Einweggeschirr gibt es auch für Plastikbesteck nach dem Essen nur einen Weg, nämlich den in den Müll und das für immer! Es sei denn, man gehört zur Spezies der Göffel und ist der Neue bei „Toy Story – Alles hört auf kein Kommando“ Die vierte Episode der Geschichte (Regie: Josh Cooley) beginnt im Zimmer der kleinen Bonnie. Dort tummeln sich die tollsten Spielfiguren und sogar gleich drei Barbie-Puppen. Ich hatte eine und die war mein ganzer Stolz. Bonnies Favorit ist aber der Cowboy namens Woody, der, wenn er eins hätte, sein Leben für sie gäbe. Aber halt, er hat ja eins, wie alle anderen auch! Ist keine Menschenseele weit und breit, erwecken die Spielsachen von einer Sekunde zur anderen zum Leben und veranstalten die dollsten Sachen. Nähert sich ein Menschenkind, wuselt alles wieder in die Ausgangsposition zurück und erstarrt, als wäre nichts gewesen, faszinierend! In Lebensgefahr ist Bonnie zwar nicht, aber der erste Tag in der Vorschule rückt unaufhaltsam näher und da will sie auf keinen Fall hin. Das ruft den besorgten Woody auf den Plan. Er versteckt sich in Bonnies Rucksack, um ihr notfalls beistehen zu können. Und das ist auch gut so! Kaum haben die Eltern ihre Tochter mit aufmunternden Worten in die Obhut der freundlichen Lehrerin übergeben, geschieht das erste Malheur. Es ist Bastelstunde und bevor es losgeht, stibitzt ein frecher Junge Bonnies Utensilien. Damit sie mitbasteln kann, taucht Woody in einem Mülleimer ab und sucht nach Ersatz. Noch ist der Göffel, den er aus dem Müll auf Bonnies Tisch befördert, ein ganz normaler noch unbeleckter weißer Plastiklöffel mit Zinken an der oberen Kante. Seine Haare hat der Göffel also schon mitgebracht! Aber noch kann er weder sehen, sprechen oder laufen. Woody organisiert noch zwei ungleich große Wackelaugen, Knete, Basteldraht und zwei kleine Holzstückchen. Bonnie überlegt kurz und legt los. Als sie fertig ist, hat der Göffel zwei Augen. Seine Augenbraue und der Mund sind aus bunter Knete geformt und auf der gewölbten Löffelseite angeklebt. Der rote flauschige Basteldraht ist als Ärmchen um den Stiel gebunden. Die Holzstückchen verleihen ihm zwei kleine Füße. Eine Nase fehlt, aber er bekommt einen Namen. Bonnie nennt ihn liebevoll Forky, und der ist ab sofort ihr bester Freund! Bei mir zu Hause war übrigens auch Bastelstunde und ich bin jetzt ebenso stolze Besitzerin eines Forkys! Bonnie hat jetzt nur noch Augen für den Göffel, es geht eben nichts über Selbstgebasteltes! Mein kleiner Held blieb bis zum Schluß der treue Cowboy! Bonnies Glück steht für ihn an erster Stelle und dafür tut er alles, was möglich und unmöglich ist. Denn die Geschichte nimmt mit Forkys Erscheinen erst richtig Fahrt auf! Und mir haben ganz schön die Ohren geschlackert, aber ich wollte es ja wissen! Werden es meine grauen Zellen schaffen, mit den vielen Beschreibungen zwischen dem schier pausenlosen Geplapper der Spielfiguren Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen? Ja, sie haben’s geschafft, natürlich nur dank der sehr gut gemachten Hörfilmbeschreibung über die Greta und Starks App! Alles zu beschreiben, funktioniert besonders bei temporeichen computeranimierten Trickfilmen nicht, aber Tanja Eichler und Jonas Hauer brachten so viele Details wie möglich unter. Deshalb mußte sich Ilka Teichmüller beim Einsprechen ganz schön sputen, klang aber nie gehetzt! Meine Einstellung zu Plastikbesteck ist zwar immer noch dieselbe, aber für Forky mache ich mal eine Ausnahme, der ist ja auch nachhaltig! Wie gesagt, bleibt der kleine Cowboy Woody bis zuletzt mein kleiner Held und eine kleine Heldin habe ich auch gefunden. Ich war ganz entzückt von Porzellinchen, der taffen Hirtin mit ihren drei Schäfchen Schnick, Schnack und Schnuck! Ob die beiden vielleicht zueinanderfinden? Ich verrat nix!

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Ein kräftiger grau-weißer Kater sitzt auf einem Fensterbrett, die Vorderpfoten hängen lässig über den Rand. Er schaut aufmerksam und selbstbewußt.

Der König der Löwen

„Im nächsten Leben werde ich Katze bei uns!“ Aus diesem Spruch spricht Herrchens purer Neid und meiner auch!Nach einem guten Frühstück und einem ausgedehnten Spaziergang an einem gemütlichen Fleckchen drinnen oder draußen den Tag verschlafen. Kommt zwischendurch Langeweile auf, könnte man ja für Chaos auf den Schreibtischen der Dosenöffner sorgen, die Mäusefront im Garten aufmischen oder die Katzen in der Nachbarschaft besuchen.Das klingt verdächtig nach „Hakuna Matata“! Wem das nichts sagt, der war noch nicht in „Der König der Löwen“ und sollte das auf jeden Fall nachholen! „Hakuna Matata“ ist Suaheli und heißt so viel wie „keine Sorgen“.Aber ganz ohne Sorgen geht es auch in den Katzenwelten nicht zu.Und wir zwei Menschen waren gerade eine gefühlte Ewigkeit in größter Dauersorge um unseren kleinen Löwenkönig, der eines Morgens aus Gründen, die wir nie erfahren werden, nicht zum Frühstück erschienen war. Die großangelegte nervenzehrende Suche hatte nach sieben Wochen ein Ende, aber leider ein sehr trauriges!Für Einen allerdings ein gutes. Beim Suchen lief uns ein völlig entkräftetes Katerchen quasi in die Arme, das jetzt bei uns ein Zuhause hat und uns über den größten Katzenjammer hinwegtröstet. Große Trauer herrscht auch bei den Filmlöwinnen!Bis zu seinem plötzlichen Tod regierte Mufasa, der König der Löwen, weise und gerecht sein Reich, das sogenannte „Geweihte Land“.Alle Tiere, Beute- wie Raubtiere, haben dort gleichermaßen ihr Auskommen.Nach dem „Ewigen Kreis des Lebens“ werden Raubtiere nach ihrem Tod zu Gras und dienen dann den Beutetieren als Nahrung. So schließt sich der Kreis.Eine schon fast philosophische Sicht auf das Naturgesetz „Fressen und gefressen werden“, die mich die grausamen Geräusche bei Tierdokus in Zukunft vielleicht besser ertragen läßt! Jetzt ist Simba an der Reihe, in die väterlichen Pfotenspuren zu treten, wäre da nicht der böse Löwenonkel Scar!Als Baby wurde Simba vom Schamanen Rafiki, einem Mandrill, den Tieren des Geweihten Landes auf dem „Königsfelsen“ als Thronnachfolger präsentiert. Inzwischen ist der Sohn von Mufasa und der Löwin Sarabi zu einem lebenslustigen Löwenjungen herangewachsen. Und Scar schlägt noch einmal erbarmungslos zu, nachdem er seinen Bruder Mufasa mit einem Prankenhieb ins Jenseits befördert hat.Er raunt dem verängstigten Simba zu, daß dieser die alleinige Schuld am Tod seines Vaters trägt und hetzt dann die Meute der gefräßigen Hyänen auf seinen Neffen. Aber Totgeglaubte leben länger!Das wird der grausame Herrscher Scar, der sich selbst zum Löwenkönig ernennt und das Geweihte Land zu einer Brache herunterwirtschaftet, noch schmerzlich zu spüren bekommen. Und Katzen haben sogar neun Leben!Eins davon wird Simba von dem Erdmännchen Timon und dem Warzenschwein Pumbaa geschenkt. Die witzigen Gesellen finden den vor Durst und Erschöpfung in der afrikanischen Wüste zusammengebrochenen Löwenjungen und nehmen ihn mit in ihre Oase.Dort wird nach der Philosophie „Hakuna Matata“ gelebt und es vergehen für Simba viele sorglose Jahre. Bis ihn eines Tages die Vergangenheit einholt, als plötzlich seine Jugendfreundin Nala auftaucht und … Gewaltig gut gebrüllt hat „Der König der Löwen“ schon einmal vor 25 Jahren in den Kinos als Zeichentrickfilm. Jetzt tut er das wieder als Animationsfilm von Jon Favreau schon deshalb auf ganz besondere Weise, weil die Audiodeskription und erweiterten Untertitel über die Greta und Starks App verfügbar sind. Das ist großartig! Natürlich nicht gebrüllt, vielmehr wohl dosiert bekam ich die Beschreibung der Tiere, Landschaften und der Kämpfe von einer mir sehr vertrauten Stimme in die Ohren.Ilka Teichmüller versteht es, den Text der Audiodeskription mit nicht zu viel und nicht zu wenig Gefühl zu sprechen. Bei den vielen Gesangseinlagen wird nicht nur gesungen, sondern im Hintergrund passieren viele interessante Dinge. Diese Informationen in den Pausen oder auch während des Refrains zu plazieren, ohne das Lied zu zerstören, ist ganz schön knifflig.Aber auch Tanja Eichler und Jonas Hauer, das Hörfilmbeschreiber-Team, fanden beim Texten das richtige Maß. Austoben konnten sich die beiden bei einer längeren Dialogpause, in der ein Haarbüschel von Simba vom Winde verweht eine lange spannende Reise antritt und irgendwann bei dem Schamanen Rafiki landet. Was mir da ohne Audiodeskription alles entgangen wäre! Aber jetzt bin ich wieder in meiner Katzenwelt, lecke noch immer meine Wunden und freue mich über unseren neuen Mitbewohner.Hoffentlich denkt der Kleine gerade: „Zum Glück bin ich Katze bei euch!“  

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Robert Redford in blauem Jeanshemd und brauner Wildlederjacke. Die Haare zerzaust, der Ausdruck zwischen Lächeln und Grinsen. Mit der erhobenen rechten Hand formt er eine Pistole nach. Sie zielt direkt auf den Betrachter.

Ein Gauner und Gentleman

„Jetzt oder nie, her mit der Marie!“ Nix da, die hat zu tun und bleibt schön auf ihrem Filmstreifen sitzen! Aber nicht Kinoblindgängers Maskottchen mit diesem wunderschönen Namen ist das Objekt der Begierde, sondern das liebe Geld. Die einen sagen auch Kohle, Asche, Schotter oder Kies. Die Österreicher nennen es eben Marie. Österreichische Bankräuber übrigens auch, so z. B. in dem Song der Band „Erste Allgemeine Verunsicherung“ über einen Banküberfall. Beweis ist obiges Zitat aus dem Songtext von 1985. Mit gleich mehreren Banküberfällen hat es Marie, so nennt Kinoblindgänger die barrierefreie Filmfassung, gerade zu tun bei „Ein Gauner und Gentleman“! Seit dem 28. März macht Robert Redford als Forrest Tucker diverse Banken in den Vereinigten Staaten unsicher, auf über 100 Leinwänden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Überall dort kann dank der Marie, also mit der Audiodeskription und den erweiterten Untertiteln über die Greta und Starks App, die Verfolgung aufgenommen werden! Aber mit Banküberfällen hat sich die Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH die nötige Marie für die Produktion der Marie nicht ergaunert. Das könnten die auch gar nicht! Forrest Tucker beherrscht diese Disziplin dafür um so besser und den Bankräuber aus Leidenschaft hat es wirklich gegeben. Aus dessen langen Karriere hat sich der Regisseur David Lowery für das Drehbuch nur ein paar Monate aus dem Jahr 1981 herausgepickt. Da war Forrest 71 Jahre alt und trotz vieler Gefängnisaufenthalte kein bißchen überfallmüde! Robert Redford, nun etwas über 80, möchte seine ebenfalls sehr lange Karriere mit der Rolle als Forrest beenden. Sie ist ihm auf dem Leib geschneidert. Aber vorher muß er noch einige Banken überfallen und ein akustischer Beweis, wie ruhig, geschmeidig und höflich er dabei vorgeht, ist dieser Hörschnipsel: Fehlt eigentlich nur noch, daß sich Forrest namentlich vorstellt. Soweit geht er aber dann doch nicht. Als er die bezaubernde Jewel (Sissy Spacek) kennenlernt, behauptet er, sein Name sei Bob und er verdiene sein Geld als Handelsvertreter. Wenn er nicht gerade Banküberfälle plant oder Bankfilialen seine Besuche abstattet, verbringt er jede freie Minute mit ihr und sie reden über Gott und die Welt. Da haben sich zwei einsame Seelen getroffen und gefunden. Sie nähern sich ganz vorsichtig an und es ist eine große Freude, die beiden zu beobachten. Nur mit den Ohren geht das jetzt und hier ansatzweise mit Hörschnipsel Nummer zwei: Aber kann das mit den beiden etwas werden? Zumal sich das Netz der Ermittlungsbehörden um Forrest immer enger zuzieht. Den scheint das aber nicht im Geringsten zu beunruhigen. Er und seine zwei Komplizen, einer wird von Tom Waits gespielt, machen munter weiter. Mit dem Polizisten John Hunt (Casey Affleck) spielt er sogar ein bißchen Katz und Maus. Vielleicht ist Forrest deshalb die Ruhe in Person, weil er seine vielen Gefängnisaufenthalte meistens mit spektakulären Ausbrüchen abkürzen konnte. Diese werden, 16 an der Zahl, nacheinander in kurzen Szenen und ohne ein gesprochenes Wort gezeigt. Die ersten sechs gibt’s im dritten Hörschnipsel: Besonders dieser letzte Schnipsel beweist, wie unverzichtbar die Audiodeskription ist, um der Handlung folgen und den Film genießen zu können. Den Text der Audiodeskription erarbeiteten Inga Henkel und ich, die Redaktion machte Lena Hoffmann. Wir hatten alle drei sofort eine Frauenstimme für das Einsprechen des Textes im Ohr und entschieden uns schnell für die sehr erfahrene Ilka Teichmüller als Sprecherin. Ihre Stimme hebt sich deutlich von denen der Protagonistinnen ab. Sie klingt ein bißchen rau, ein bißchen energisch, aber auch einfühlsam, je nach der Situation. Eben einfach passend zum Gauner und Gentleman! Für die fantastische Filmmusik, die einen in die Zeit Ende der 70er, Anfang der 80er driften läßt, fallen mir Attribute ein wie: Leicht, beschwingt, spannungserzeugend, melancholisch, traurig, fröhlich und auch rockig! Unter die meist instrumentale Musik mischen sich Stücke von Scott Walker, Jackson C. Frank und mein absoluter Favorit: The Kinks mit Lola! Und jetzt ist der Film leider schon zu Ende und ich spreche noch ein letztes Mal über das liebe Geld. Selbiges wird nämlich dringend benötigt, um weitere so tolle Filme barrierefrei machen zu können. Damit die Kinoblindgänger gGmbH nicht doch unter die Bankräuber gehen muß, verweise ich hier auf die Seite https://www.kinoblindgaenger.com/spenden/ Dort gibt es mehrere Möglichkeiten, die Marie zu unterstützen. Ich sage schon einmal vielen Dank!

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