Neben einer jungen Birke steht die Blindgängerin auf einer Wiese im Park. Sie trägt hellblaue Jeans und ein gelbes kurzärmeliges Shirt, im Haar steckt eine Sonnenbrille. In der Hand hält sie ihre Kopfhörer und zwei Kinokarten. Der Himmel ist tiefblau und wolkenlos.

Kinowetter hin oder her!

Ich war drin, zweimal bei blitzeblauem Himmel und sommerlichen Temperaturen! Und ich kam auch wieder raus und das Wetter nach dem Kino war das vor dem Kino. Verpaßt habe ich diesbezüglich also nichts und obendrein diese beiden Filme geschaut: „3 Tage in Quiberon“ und „Steig. Nicht. Aus!“ Und der Greta-App, zu meiner Freude beide Male an meiner Seite, ist das Wetter sowieso völlig wurscht! Kühler als in Berlin war die herrlich frische Meeresluft während der 3 Tage in Quiberon Romy Schneider verläßt das Kurhotel auf der bretonischen Halbinsel nicht ohne Strickjacke, Trenchcoat und einem Tuch oder Schal. Die große Sonnenbrille nutzt sie vor allem, um sich dahinter zu verstecken. Sie? Non, je ne suis pas Sissi, je suis Maria Bäumer! Am Abend vor meinem Kinobesuch kam – leider ohne Audiodeskription – eine ältere Reportage über die im Mai 1982 gestorbene Romy Schneider mit vielen Live-Ausschnitten im Fernsehen. Ich hatte noch ihre Stimme, ihr Lachen und ihre Art zu sprechen im Ohr. Wenn ich‘s nicht besser gewußt hätte, ich hätte den Film für Teil zwei der Reportage gehalten. Der Kinofilm lief zum Glück mit Hörfilmbeschreibung. Ein riesiges Bravoooo, Marie Bäumer! Und Glückwunsch für die Lola als beste Hauptdarstellerin!!! Romy Schneider hätte sich bestimmt in jeder noch so kleinen Nuance der Filmkollegin wiedererkannt! Ein Jahr vor ihrem Tod gewährte die Filmlegende dem Reporter des „Stern“, Michael Jürgs, und dem Fotografen Robert Lebeck drei Tage lang wie noch nie zuvor im doppelten Sinne ungeschminkte Einblicke in ihre momentane Verfassung, weil sie das so wollte! Die damals 42-jährige sprach über ihre Zukunftspläne und sparte auch die Vergangenheit nicht aus. Immer mit dabei war allein ihre Jugendfreundin Hilde Fritsch. Und mit Betonung auf „so ähnlich“ wie im Film könnten sich diese drei Tage in Quiberon im März 1981 abgespielt haben. Die Regisseurin Emily Atef nutzte das im „Stern“ veröffentlichte legendäre Interview als Leitfaden für ihren Film in schwarz-weiß, ohne es zu kopieren, und wurde dafür mit der Lola für die beste Regie ausgezeichnet! Den vier Protagonisten in allen möglichen Konstellationen beim Diskutieren, Lachen, Traurigsein, sich mißtrauisch Beäugen, beim Trösten und ernst geführten Gesprächen zuzuschauen und zuzuhören wird nicht eine Minute langweilig. Am liebsten hätte ich bei einer Spontanfeier in einem Bistro mitgefeiert. Der Champagner fließt in Strömen und es wird ausgelassen zu „Hush“ getanzt, einem der großen Hits von Deep Purple. Allen Grund zum Feiern hatte übrigens das gesamte Filmteam, das zehnmal beim Deutschen Filmpreis nominiert war und mit sieben Lolas nach Hause ging! In der Kategorie „beste Nebendarstellerin“ gewann Birgit Minichmayr als Hilde Fritsch und in der des besten Nebendarstellers Robert Gwisdek als der Reporter Michael Jürgs. Der ebenfalls nominierte Charly Hübner in der Rolle des Fotografen ging leider leer aus. Dafür bekommt er von mir eine Lola in der Kategorie „sympathischste Laudatio“, die ich mir gerade ausgedacht habe. Mit einer Liebeserklärung an deren schauspielerische Leistung stellte er die drei Kandidatinnen in der Kategorie „beste Hauptdarstellerin“ vor. Und genauso wie er sich im Film rührend um Romy kümmerte, war er auf der Bühne zur Stelle, um die vor Freude völlig aufgelöste Marie Bäumer aufzufangen. Zum krönenden Abschluß wurde die berührende Nahaufnahme von Romy Schneider schließlich noch mit der Lola für den besten Spielfilm gekürt. Ich möchte zum Schluß den inzwischen 74-jährigen Michael Jürgs zu Wort kommen lassen. Der Journalist und Autor bekam das Drehbuch zu lesen und bezeichnete die von ihm festgestellten Abweichungen von der Realität als Freiheit der Kunst. Darüber spricht der sympathische Jürgs im NDR Talk, auf den ich hier gerne verweise! https://www.ndr.de/info/sendungen/talk/Michael-Juergs-im-Gespraech,sendung752856.html Der Fotograph Robert Lebeck konnte sich diesbezüglich nicht mehr äußern, er starb vor vier Jahren. Und jetzt geht’s mit Blitz und Donner und launischem Aprilwetter in ein anderes Genre, einen rein fiktiven spannenden Thriller! Nach einem turbulenten Landeanflug auf den Flughafen Berlin-Tegel steigt der Bauunternehmer Karl Brendt in Steig. Nicht. Aus! trotzdem aus! Noch ist in seiner Welt soweit alles in Ordnung und in ein Flugzeug zu steigen soll ja statistisch gesehen auch viel ungefährlicher sein als in ein Auto. Das wird sich gleich auf dramatische Weise für Karl, seine 16-jährige Tochter Josefine und den achtjährigen Sohn Marius bestätigen. Denn wer in ein Auto einsteigt, will auch wieder aussteigen. Das müßten die drei allerdings mit ihrem Leben bezahlen. Ganz schön perfide, was sich der Erpresser bzw. der Regisseur Christian Alvart da hat einfallen lassen! Karl rast verzweifelt und telefonierend in seinem Wagen mit den Kindern durch Berlin und versucht, die Forderungen des Erpressers zu erfüllen. Das Auftauchen der Polizeieiei scheint die Lage eher zu verschlimmbessern. Aber die Sprengstoffexpertin Pia Zach (Hannah Herzsprung) ist ein kleiner Hoffnungsschimmer. Ein großer Hoffnungsschimmer für den deutschen Film sind besonders Emily Kusche als Karls Tochter und Carlo Thoma als sein Sohn. Und der Filmpapa Wotan Wilke Möhring gefiel mir natürlich auch. Spannend bleibt die Irrfahrt der drei bis zur letzten Minute und das Ende ist sehr originell und absolut unvorhersehbar. Ohne Hörfilmbeschreibung hätte ich ganz schön das Nachsehen gehabt! Das Wetter vorherzusehen, überlasse ich besser den Fachleuten und die Vorhersage spielt sowieso keine Rolle, weil Kinowetter hin oder her, ich geh rein! 

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