Bienvenue und herzlich willkommen endlich in den deutschen Kinos, Zucchini! Das gilt natürlich auch für Camille, Simon, Alice, Jujube, Bea und Ahmed. Alle sieben haben nach schwierigen Zeiten in ihren Elternhäusern in dem freundlichen Kinderheim, dem Haus „Der Springbrunnen“, ein neues Zuhause gefunden. Die zierlichen Körper der kleinen Heimbewohner wirken mit ihren etwas zu groß geratenen Köpfen und zu langen Armen wie aus Knete modelliert. Ihre lieben Gesichter lassen die Herzen von Klein und Groß dahinschmelzen. Der neunjährige Zucchini zum Beispiel hat große runde Augen, dichtes blaues Haar, und seine schmale Nase und die großen Ohren sind rot. Bei den Erwachsenen, die sich bis auf Camilles Tante ganz rührend um die Kinder kümmern, stimmen die Proportionen. Aber auch sie sind nicht aus Fleisch und Blut. Genauso viel Liebe zum Detail wie bei den Puppenfiguren steckt in den Kulissen. Wir drei vom Hörfilmbeschreiber-Team haben so vieles wie möglich beschrieben, immer in den Pausen zwischen dem fröhlichen Geplapper der Kinder und ihren auch sehr ernst geführten Gesprächen. Für leider viel zu viele Feinheiten, die Regisseur Claude Barras und sein Team über drei Jahre in dem Animationsfilm für die ganze Familie liebevoll kreierten, war allerdings keine Zeit. Dieses Defizit machen die kleinen Synchronsprecher, die den Puppen ihre Stimmen leihen, so ziemlich wett. Ich war gleichermaßen von den kleinen Profis beim deutschen Film wie denen im französischsprachigen Original aus der Schweiz fasziniert. Dazu dieser Hörschnipsel aus der deutschen Audiodeskription: Für alle, denen zwar nicht die Bilder, aber die Gespräche und Filmgeräusche entgehen, gibt es die Untertitel. Diese sind wie die Audiodeskription über die App Greta und Starks erlebbar. Und möglich gemacht hat das gesamte Paket die Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH! Warum Zucchinis Mutter ihren blauhaarigen Sohn ausgerechnet nach dem grünen Kürbisgemüse nannte, ist ihr Geheimnis, und das nimmt sie nach ihrem plötzlichen Tod mit ins Grab. Von der Liebe und dem Leben enttäuscht, war sie Zucchini bis auf wenige Ausnahmen eine sehr garstige, furchteinflößende und oft alkoholisierte Mutter. Trotzdem hat der kleine Junge während der ersten Tage im Kinderheim Heimweh und möchte auch weiterhin partout Zucchini genannt werden. Eine Bierdose und ein gelber mit Superman bemalter Winddrachen sind die einzigen Habseligkeiten, die ihm aus seinem alten Leben geblieben sind. Beide Dinge, die er immer wieder gegen den angriffslustigen Simon verteidigen muß, spielen bis zum Schluß eine wichtige Rolle. Erst als die taffe Camille mit den schönen langen braunen Haaren im Haus „Der Springbrunnen“ auftaucht, hellt sich Zucchinis Miene auf. Er empfindet sofort eine tiefe Zuneigung zu dem Mädchen und trennt sich sogar von der Bierdose, dem so gehüteten Andenken an seine Mutter. Auch zu dieser Episode ein Hörschnipsel aus der Audiodeskription: Bis auf zwei Songs komponierte die Filmmusik die Schweizer Musikerin Sophie Hunger. Zu hören sind sanfte Gitarrenmusik, traurige Celli, dann fetzige E-Gitarren, sphärische Klänge und eine fröhlich gepfiffene Melodie, die Aufbruchsstimmung verbreitet. Sophie findet mit ihrer Musik immer sehr feinfühlig den richtigen Ton zur jeweiligen Gefühlslage der Kinder. Diese sind inzwischen zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengewachsen und haben viel Spaß. Wenn sie zu dem Lied der Schweizer Band Grauzone tanzen und singen „Ich möchte ein Eisbär sein“, geht einem das Herz auf. Der zweite Song, der nicht aus Sophies Feder stammt, ist ihre Coverversion von „Le vent nous portera“, im Original von Noir Désir. Mit der ein bißchen melancholischen Melodie endet die Hoffnung machende Geschichte über das Leben des kleinen Jungen als Zucchini und seine neuen Freunde. Inga Henkel, Lena Hoffmann und ich haben uns sehr viel Zeit für den Text der Audiodeskription genommen, den Nadja Schulz-Berlinghoff im Tonstudio der speaker-search GmbH eingesprochen hat. Seinen ersten Auftritt hatte Claude Barras mit seinen Puppen letztes Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes. Seitdem wurde er national und international mit so vielen Preisen ausgezeichnet, daß ich diese hier unmöglich aufzählen kann. Jetzt drücken wir Zucchini ganz fest die Daumen für den Oscar, und Toni Erdmann auch!